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China-Tibet-Konflikt:Der Dalai Lama wird 90 Jahre alt
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Lange ließ er offen, ob es auch nach seinem Tod wieder einen Dalai Lama geben wird. Zu seinem 90. Geburtstag äußert sich das geistliche Oberhaupt der Tibeter - zum Unmut Chinas.
Bereits im Flugzeug Richtung Tibet wird deutlich, dass China den kompletten Zugriff über die Region hat. "China - XiZang - Lhasa. The Holy City Welcomes You!", zu Deutsch "China - XiZang - Lhasa. Die Heilige Stadt heißt sie willkommen!", steht auf dem Bezug der Kopfstützen. "XiZang" ist der Begriff, den die chinesische Staatsführung seit 2023 für "Tibet" eingeführt hat. Er bedeutet "westliche Schatzkammer". Aus dem offiziellen Sprachgebrauch ist "Tibet" in der Volksrepublik bereits gestrichen. China erhebt Anspruch auf das Gebiet und unterdrückt das tibetische Volk.
Kampf gegen Auslöschung der tibetischen Kultur
Das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, kämpft bis heute gegen die Auslöschung seiner Kultur. Heute wird der Friedensnobelpreisträger 90 Jahre alt. Die ganze Woche schon wurde im indischen Dharamsala gefeiert, wo er im Exil lebt. Die Geburtstagsbotschaft, eine Videoaufzeichnung, könnte politischer nicht sein. "Ich wiederhole ausdrücklich, dass allein unsere Gaden Phodrang Stiftung die Autorität besitzt, die Wiedergeburt des Dalai Lama anzuerkennen."
Niemand sonst hat das Recht, sich in diesen Prozess einzumischen.
Dalai Lama, geistliches Oberhaupt der Tibeter
Die Botschaft richtet sich direkt an Chinas Staatsführung. Denn Peking will den nächsten Dalai Lama selbst bestimmen.
Die Reinkarnation des Dalai Lama muss im chinesischen Inland erfolgen.
Mao Ning, Sprecherin Außenministerium Peking
"Mit Ziehung aus der goldenen Urne und Billigung durch die Zentralregierung, nach geltendem Recht und Gesetz", erklärt Mao Ning, Sprecherin des chinesischen Außenministeriums.
Westliche Journalisten lässt Chinas Staatsführung nicht nach Tibet einreisen. Es gibt wenige, streng kontrollierte Pressereisen für handverlesene Medien. Wir haben uns deshalb auf den Weg in die tibetische autonome Präfektur Diqing gemacht, in eine Stadt im Südwesten der Volksrepublik. Die chinesische Regierung ließ die Stadt 2001 umbenennen in Shangri-la. Der Name stammt aus einem Roman, ein fiktives Paradies auf Erden. Das sollte den Tourismus in der Region ankurbeln.
Wir besuchen das größte tibetische Kloster außerhalb Tibets in Shangri-la. Ein Ort, wo der tibetische Buddhismus, wo Spiritualität gelebt werden soll. Doch dieses Kloster steht auf dem Boden der Volksrepublik. Auch im Grenzgebiet wurden während der Kulturrevolution Klöster und Tempel zerstört.
Jetzt lässt sie die Regierung restaurieren, als Touristen-Attraktionen. Zwar leben hier noch Mönche. Doch die Regeln im Kloster gibt die kommunistische Partei vor. Direkt über den Gebetsmühlen hat die Regierung zwei Propaganda-Schriften anbringen lassen. Sie werben für "ethnische Einheit" und verlangen, dass alles "China-freundlich" sein solle.
Die chinesische Regierung unter Präsident Xi Jinping will die Identität aller Nationalitäten zerstören. Er will alle Tibeter und Uiguren assimilieren in die chinesische Gesellschaft.
Penpa Tsering, tibetischer Exil-Premierminister
Tibet wird zur Fotokulisse für chinesische Touristen
Eine Tibeterin willigt vor dem Kloster ein, dem deutschen Fernsehen ein Interview zu geben. Wenige Minuten später kommt sie mit einem Mann zu uns, völlig verängstigt. Sie fordert das Interview zu löschen. Wir sprechen Touristen an. Fast alle keine Tibeter, sondern Han-Chinesen, die größte Volksgruppe in China.
1950 marschierte die chinesische Volksbefreiungsarmee in Tibet ein. In den Folgejahren kam es immer wieder zu heftigen Kämpfen. Die Tibeter wehrten sich gegen die fremden Machthaber und verteidigten den Dalai Lama, ihr geistiges Oberhaupt. 1959 eskalierte die Lage: Die Tibeter standen auf, um die eigene Freiheit zu verteidigen. Pekings Staatsführung ließ den Aufstand blutig niederschlagen. Tausende Tibeter wurden getötet. Der Dalai Lama floh nach Indien, wo er bis heute lebt.
In Tibet selbst beklagen Menschenrechtsaktivisten bis heute einen "kulturellen Genozid": Zwangsumsiedlungen der mehrheitlich nomadisch lebenden Tibeter durch die chinesische Staatsregierung. Kinder werden in Zwangsinternate geschickt, wo sie auf Mandarin und nicht auf Tibetisch unterrichtet werden. Jetzt bahnt sich eine neue Eskalation an. Nach buddhistischer Lehre wird die Seele des Dalai Lama nach dessen Tod in einem Kind wiedergeboren. Peking will den reinkarnierten Dalai Lama aber selbst bestimmen.
In Tibet selbst beklagen Menschenrechtsaktivisten bis heute einen "kulturellen Genozid": Zwangsumsiedlungen der mehrheitlich nomadisch lebenden Tibeter durch die chinesische Staatsregierung. Kinder werden in Zwangsinternate geschickt, wo sie auf Mandarin und nicht auf Tibetisch unterrichtet werden. Jetzt bahnt sich eine neue Eskalation an. Nach buddhistischer Lehre wird die Seele des Dalai Lama nach dessen Tod in einem Kind wiedergeboren. Peking will den reinkarnierten Dalai Lama aber selbst bestimmen.
Herr Zhang ist einer der Touristen und erzählt, er wolle die Atmosphäre hier erleben und einen Blick auf die Kultur werfen, die ihm selbst fremd sei. Seine Freundin ist von Kopf bis Fuß in einen traditionellen tibetischen Schaffellmantel gehüllt, den sie sich gemietet hat. "Das gehört hier zur lokalen Kultur, das wollte ich probieren", erzählt sie uns. Tibetische Spiritualität und Kultur - hier eine reine Fotokulisse.
Kurz darauf bemerken wir einen Mann, der mit dem Paar redet. Wir werden genau beobachtet und begleitet. Jeder, der mit uns spricht, wird von unsren Verfolgern angesprochen. Sie beobachten auch, wie wir in den Shuttle-Bus steigen. Chinas Staatsführung will sicher gehen, dass die ausländischen Journalisten die tibetischen Gebiete auch tatsächlich wieder verlassen. Doch es sind vor allem auch die Dinge, die wir nicht sehen durften, die in Erinnerung bleiben werden.
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