Brics-Treffen in Russland:Putin hält Hof auf Gipfel
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Über 20 Staats- und Regierungschefs erwartet der Kremlherrscher ab Dienstag zum Brics-Gipfel im russischen Kasan. Und sendet damit eine eindeutige Botschaft an den Westen.
Auch Kasan hat einen Kreml. Mit Mauern und mit Zwiebeltürmen. Etwas kleiner als der etwa 800 Kilometer nordwestlich stehende große Bruder in Moskau zwar. Doch mit großer Symbolik. Iwan IV, besser bekannt als "der Schreckliche", ließ die historische Zitadelle auf den Ruinen der zerstörten Residenz des besiegten Khans von Kasan erbauen. Als Monument der Macht des Russischen Reiches. Als Beleg für eine geglückte Eroberung. 1552 war das. Es klingt gar nicht lange her.
Brics: Staaten, die nicht so recht zum Westen gehören wollen
Es ist daher sicher kein Zufall, dass Präsident Putin Kasan ausgewählt hat, um hier Hof zu halten. Zum Gipfel der sogenannten Brics-Gruppe kommen, neben den ursprünglichen russischen Partnern Brasilien, Indien, China und Südafrika, auch die Neu-Mitglieder Iran, Ägypten, Äthiopien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien.
Brics als Gegenmodell zu G7
Denn Brics hatte sich ursprünglich 2009 gegründet als loser Verbund von Schwellenländern im Angesicht einer weltweiten Finanzkrise. "Damals war noch gar keine Rede von einem Bündnis, das in Opposition zum Westen steht", sagt der russische Politikwissenschaftler Aleksander Morosow im ZDF-Interview. Heute stellt vor allem Russland Brics als Gegenmodell zu westlichen Formaten wie die G7 dar.
Und in der Tat: Die aktuell 10 Brics-Staaten verfügen über 35 Prozent der globalen Wirtschaftsmacht, die G7 über 30 Prozent. Das immer wieder herauszustellen, ist Teil der russischen Propaganda.
Wie groß ist die Übereinstimmung?
Doch ganz unumstritten ist die Positionierung als Gegenmodell zum Westen nicht. Länder wie die Gründungsmitglieder Brasilien und Indien haben kein Interesse daran, sich gemeinsam mit Russland und China gegen den Westen zu stellen. Gerade Brasilien ist auf den Handel mit den USA angewiesen und versucht, sich in der Frage zur Ukraine neutral zu verhalten. Dass Präsident Lula da Silva seine Teilnahme kurzfristig aus angeblichen Gesundheitsgründen abgesagt hat und sich jetzt nur online zuschalten will, wirft Fragen auf. Schon hier zeigt sich, dass die Brics nicht zwingend gemeinsame Positionen finden.
Viele Länder bewerben sich - doch ein klares Bündniskonzept fehlt
Insbesondere die jüngst erfolgte Aufnahme Irans dürfte für Kontroversen gesorgt haben. Jetzt sorgt der Aufnahmeantrag des Nato-Mitglieds Türkei für Diskussionen. Und doch, so scheint es zumindest, wird Brics zunehmend anti-westlicher und kann sich vor Zulauf kaum retten. Von an die 40 an Mitgliedschaft interessierten Staaten ist die Rede, aber: Brics ist eben auch ein bisschen wie open stage, sowas wie ein Jeder-Kann-Mitmachen-Abend. Es gibt keine Kriterien, wer aufgenommen wird, und so recht klar ist auch nicht, was das Bündnis eigentlich will und zusammenhält.
Denn das Ansinnen, ein vom US-Dollar unabhängiges System der Finanztransaktionen aufzubauen, ist bisher nicht von Erfolg gekrönt. Zwar wurde insbesondere auf chinesische Initiative die Brics Entwicklungsbank gegründet, doch auch sie kommt nicht recht in Gang. Der Grund, so Politologe Morosow: "Sie vergibt keine Kredite an die Russische Föderation und finanziert keine Investitionsprojekte mit russischem Bezug." Denn so ganz will man es sich dann eben doch nicht mit dem Westen verscherzen.
Putins Botschaft: Russlands Isolation ist eine Illusion
Trotzdem hat insbesondere aus russischer Sicht der Handel mit anderen Brics-Staaten deutlich zugenommen. Und so ist für Putin dieser vor allem ein Gipfel der Symbolik: Im Schatten des Kasaner Kremls hat er sehr viele der Mächtigen der Welt zu Gast, hält Hof und kann dem Westen demonstrieren, dass Russlands Isolation eine Illusion sei. Und auch die Ukrainefrage will er jetzt entgegen vorheriger Aussagen bei diesem Gipfel zum Thema machen. Im Gespräch mit den "Freunden des Friedens", wie die Spindoctors des Kreml dieses Format schon getauft haben.
Armin Coerper ist Studioleiter im ZDF-Studio Moskau.
Quelle: dpa
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