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Interview
Die Rolle von Atombomben heute:Expertin: "Abschreckungspotential ist enorm"
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80 Jahre nach den Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki: Die Welt ist wieder in einer Aufrüstungsspirale. Welche Rolle Atomwaffen heute spielen, erklärt Expertin Dorothee Frank.
Damals und auch nach dem Ende des Kalten Kriegs war die Hoffnung auf nukleare Abrüstung groß - doch das Gegenteil scheint der Fall. Dorothee Frank, Expertin für Wehrtechnik und Verteidigung, erklärt bei Volle Kanne im ZDF, was sich seitdem verändert hat und welche Rolle Atomwaffen heute noch spielen.
Sehen Sie das Gespräch oben im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Dorothee Frank …
... zu der Frage, was vor 80 Jahren mit Blick auf die atomare Aufrüstung anders war als heute.
Damals sei die Lage stabiler gewesen, so Frank. "Damals gab es die beiden großen Blöcke (...). Für uns in Europa war damals eine sehr stabile Lage."
Die Grenze verlief zwar durch Deutschland, erklärt sie mit Blick auf die deutsch-deutsche Teilung, "aber es gab auf der einen Seite Russland, die Sowjetunion, auf der anderen Seite die USA, zwei Länder, die auch miteinander reden konnten."
Das fehlt heutzutage so ein bisschen, dass es überhaupt diese zwei großen Mächte, die zwei großen Blöcke gibt, die stabil gegeneinanderstehen.
Dorothee Frank, Verteidigungs-Expertin
Diese beiden Mächte hätten einander nicht angreifen wollen, weil das Risiko des Verlustes zu groß gewesen wäre - und deswegen konnten sie auch miteinander reden, sagt Frank.
... welche Rolle Atomwaffen und nukleare Aufrüstung in Zukunft noch spielen werden.
Das Abschreckungspotenzial von Atomwaffen spiele eine sehr große Rolle, sagt Frank. "Also der Fehler der Ukraine war damals zum Beispiel, die sowjetischen Atomwaffen an Russland zurückzugehen. Hätten die weiter die sowjetischen Atomwaffen im Land gehabt, hätte Russland nicht angegriffen", erklärt sie mit Blick auf das Budapester Memorandum von 1994.
Gleichzeitig greife die Ukraine heute vermutlich Moskau deswegen nicht an, weil Russlands Präsident Wladimir Putin im Gegenzug mit einem Atomschlag drohe. Wegen dieses Abschreckungspotenzials würden nun auch andere Länder darüber nachdenken, wieder Atomwaffen anzuschaffen - als Schutzschild.
In der Kriegsführung selbst spielten Atomwaffen eher keine Rolle mehr, erklärt Frank, aber als Mittel zur Abschreckung. Man habe gesehen in Hiroshima, "man kann eine ganze Stadt ausradieren. Das ist eine ganz andere Wirkung."
... zu einem möglichen Ende der weltweiten Aufrüstungsspirale.
Im Kalten Krieg habe sich "ein vernünftiger Mensch mit einem anderen vernünftigen Menschen organisiert", sagt Frank mit Blick unter anderem auf den damaligen sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow.
Sie sagt auch ganz klar: "Wenn jetzt Putin nicht mehr da ist und ein vernünftiger Mensch wieder in Russland drankommt, könnte es sehr schnell gehen", dass Abrüstung vorangetrieben wird. Mit Putin sei das nicht möglich.
Deswegen sehe ich da im Moment wenig Hoffnung. Die Aufrüstung muss sein, der Schutz muss sein. Es ist sehr riskant, das Ganze im Moment.
Dorothee Frank
Das Interview führte Florian Weiss, zusammengefasst hat es Marie Ahlers.
Quelle: ZDF
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