80 Jahre danach: Die Bombe wirkt weiter | Terra X Kolumne
Kolumne
Terra X - die Wissens-Kolumne:Das Erbe von Hiroshima - 80 Jahre Atomwaffen
von Stefan Brauburger
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80 Jahre nach Hiroshima ist die Angst vor Atomkrieg zurück. Die Geschichte zeigt: Das nukleare Zeitalter ist nicht vorbei - und seine Folgen bis heute spürbar.
80 Jahre nach dem Abwurf der Atombomben, die Hiroshima und Nagasaki zerstörten, ist das Thema Atomkrieg zurück in der Gegenwart. Seit Russlands Überfall auf die Ukraine drohte Kremlchef Wladimir Putin mehrmals mit dem Einsatz von Nuklearwaffen. Schon der Hinweis auf die "Bombe" zeigt Wirkung, verunsichert Öffentlichkeit und Politik im Lager der Ukraine-Unterstützer, vor allem in Deutschland.
Aber auch die nukleare Aufrüstung in China, in Nordkorea, der Konflikt zwischen den Atommächten Indien und Pakistan, der Ausbau und schließlich die Bombardierung von Anlagen zur nuklearen Anreicherung im Iran haben zu tun mit der "atomaren Gefahr".
Was hat die Welt 80 Jahre nach den ersten Atombomben-Abwürfen auf Hiroshima und Nagasaki Anfang August 1945 wirklich gelernt? 06.08.2025 | 89:00 min
Der Beginn einer neuen Epoche
Die Zündung der ersten Atombomben 1945 öffnete das Tor zu einer neuen Epoche: Von nun an war die Menschheit in der Lage, sich selbst zu zerstören. Weiter entwickelte - thermonukleare - Waffen, die tausendmal stärker waren als die von Hiroshima, ebneten später den Weg zum potenziellen Overkill.
Nach dem ersten Einsatz der Atombomben erklärten die Amerikaner, dass sie Japan damit zur Kapitulation gezwungen hätten, das habe den Krieg abgekürzt und deshalb viele Menschenleben gerettet. Dies wird inzwischen von vielen Historikern angezweifelt. Japan hätte aufgrund des drastischen Mangels an Kriegsressourcen und Versorgung ohnehin kapitulieren müssen. Die Debatte bleibt kontrovers.
In der Terra-X-Kolumne auf ZDFheute beschäftigen sich ZDF-Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten wie Harald Lesch, Mirko Drotschmann und Jasmina Neudecker sowie Gastexpert*innen jeden Sonntag mit großen Fragen der Wissenschaft - und welche Antworten die Forschung auf die Herausforderungen unserer Zeit bietet.
Aufrüstung und Protest in Westdeutschland
Der Jahrestag gibt aber auch Anlass, in frühere Zeiten nuklearer Bedrohung zu blicken. Die Sowjetunion versuchte nach dem Abwurf der US-Bomben gegenzuhalten, zog 1949 mit der Zündung der ersten eigenen Testwaffe nach.
Die darauffolgende atomare Rüstungsspirale drehte sich bis in die 1980er Jahre, auch in Europa. Sie stieß gerade auch in der Bundesrepublik auf Protest, etwa gegen den Nato-Doppelbeschluss, der auf die Stationierung sowjetischer Atomwaffen folgte.
Ihre enorme Zerstörungskraft macht ganze Städte dem Erdboden gleich, ihr Gebrauch bringt das weltweite Machtgefüge aus dem Takt. Wer hat die Atombombe erfunden – und warum?17.03.2024 | 17:24 min
Zwischen Abschreckung und Kontrollverlust
Die Angst vor einem Atomkrieg war nicht unbegründet. Die Meinung, dass die Abschreckung im Kalten Krieg doch letztlich funktionierte, wird durch die Tatsache gestützt, dass es nie zu einer Eskalation kam. Dem stehen Momente kurzzeitigen Kontrollverlusts gegenüber, die womöglich zu einer Katastrophe hätten führen können, etwa während der Kuba-Krise 1962 oder der Nato-Übung "Able Archer ´83".
Am Anfang standen große Hoffnungen: Energie im Überfluss, ungeahnte Antriebe für Erde und Weltraum, selbst der Hunger der Welt schien stillbar - dank bestrahlter Superpflanzen.02.04.2023 | 43:21 min
Neue Unsicherheit in Europa
Heute stellt sich die Frage der atomaren Abschreckung neu, in Europa und auch in Deutschland. Bislang zählte prinzipiell die Sicherheitsgarantie Washingtons, die zunächst auf "massive", später auf "abgestufte" Vergeltung setzte.
Europas Nato-Länder standen stets unter dem nuklearen Schutzschild der USA. Dies hat Donald Trump wie kein US-Präsident zuvor in Frage gestellt und die Partner damit herausgefordert und verunsichert. Braucht es angesichts der russischen Bedrohung mehr nukleare Eigenständigkeit auf dem Kontinent, womöglich mit einer deutschen "Teilhabe"? Darüber wird weiter gestritten werden.
Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges verfügen die USA und die UdSSR über so viele Atomsprengköpfe, dass diese die Erde mehrfach vernichten könnten. 02.08.2020 | 44:01 min
Vergessene Opfer des atomaren Wettrüstens
Doch es gibt auch die Geschichte eines anderen, nahezu vergessenen Kräftemessens, dessen Folgen ebenfalls spürbar bleiben: Mehr als 2.000 Nukleartests, deren zerstörerische Wirkung sich nicht auf den Ort der Versuche beschränkte. Vor allem größere Atomwaffen-Mächte nahmen bei der Auswahl ihrer Testgelände immer wieder Gefahren für Menschen in der Umgebung und deren Lebensraum in Kauf. Oft handelte es sich um Ureinwohner oder Minderheiten.
Angriffe auf iranische Atomanlagen schüren Angst vor nuklearen Explosionen. Warum moderne Atomwaffen nicht durch Beschuss explodieren - und trotzdem eine andere Gefahr bleibt.
von Suzanna Randall
Kolumne
Ob im Umfeld von Versuchen auf Pazifikinseln, im US-Bundesstaat Nevada, in Kasachstan, in entlegenen Gebieten Australiens oder in der chinesischen Provinz Xinjiang. Hier war der "Kalte Krieg ein tatsächlicher Krieg, ein Atomkrieg", der die Existenz von Menschen bedrohte oder zerstörte, so der US-Historiker Robert Jacobs. Opfer von damals und ihre Nachkommen leiden noch heute an den Folgen gefährlicher Strahlung oder des radioaktiven Fallouts, der sich seinerzeit in der Atmosphäre auch über mehrere Kontinente ausbreitete.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bahnt sich ein neuer internationaler Konflikt an: Die USA und die Sowjetunion werden zu den großen Konkurrenten im Ost-West-Konflikt.25.07.2024 | 11:49 min
Das strahlende Erbe Hiroshimas
Fast jeder Besucher Hiroshimas fragt sich, wie präsent die radioaktive Strahlung in der Stadt noch ist. Anfang der 1960er Jahre führten Wissenschaftler Messungen durch. Sie fanden tatsächlich Radioaktivität, aber sie stammte nicht etwa von der Atombombe "Little Boy". Vielmehr konnte die Strahlensignatur den Tests von Wasserstoffbomben aus den 1950er Jahren zugeordnet werden, die Tausende Kilometer entfernt im Pazifik explodierten. Auch das zählt zum Erbe von Hiroshima.
… ist seit 33 Jahren Autor und Redakteur in der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte, die er seit 2013 leitet. Seit der Studienzeit, anschließend in Forschungsprojekten, später als Filmemacher und Buchautor, befasste er sich immer wieder mit Themen der deutschen Demokratiegeschichte, der Teilung und Wiedervereinigung im europäischen Rahmen und der internationalen Beziehungen. Er gehört dem Wissenschaftlichen Beirat des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland an.
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