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Interview
Künftige Präsidentin:Was bringen die UN noch, Frau Baerbock?
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Bald tritt Annalena Baerbock ihr Amt als Präsidentin der UN-Vollversammlung an. Sie sieht die Vereinten Nationen vor großen Herausforderungen - in der Krise aber auch eine Chance.
Die Vereinten Nationen bleiben unverzichtbar für Frieden und Stabilität in der Welt, da ist sich Annalena Baerbock, ehemalige Außenministerin Deutschlands und designierte Präsidentin der UN-Vollversammlung, sicher. Im Interview im heute journal erklärt sie anlässlich des 80. Geburtstags der UNO, vor welchen Herausforderungen die Vereinten Nationen stehen und welche Chancen sie in den aktuellen Krisen sieht.
Sehen Sie oben das Gespräch in voller Länge oder lesen Sie es hier in Auszügen. Das sagt Baerbock zu ….
... dem Zustand der UN und den geplanten Tausenden Entlassungen
"Das erste Mal, als ich im Rahmen meiner Kandidatur da war, habe ich gedacht, 'Oh weh, das Wort existenziell habe ich in den letzten drei Jahren (...) noch nie so oft gehört wie hier in dieser einen Woche in New York'", berichtet Baerbock. Die UN stünden unter hohem Druck, sowohl politisch als auch finanziell.
"Die Vereinten Nationen brauchen dringend eine Reform", sagt sie, gleichzeitig brauche es angesichts der Krisen auf der Welt ebenso dringend die Zusammenarbeit der Mitgliedsländer.
Das heißt, man muss sich reformieren in einem Moment, wo man zugleich auf der Welt überall präsent sein sollte.
Annalena Baerbock
Das sei die Riesenaufgabe der nächsten Jahre. "Aber diese Modernisierung muss jetzt vorangetrieben werden im Lichte dessen, dass einige Akteure auf dieser Welt eigentlich die Vereinten Nationen gerne zerstören wollen", sagt Baerbock.
... der Frage, was die Vereinten Nationen angesichts der zahlreichen Krisen und Konflikte noch ausrichten können
Nur wäre die Welt irgendwie besser ohne die Vereinten Nationen? Ich glaube nicht, dann hätten wir totale Anarchie auf der Welt.
Annalena Baerbock
Weltweit sei das Vertrauen in die Vereinten Nationen immer noch groß. Gleichzeitig erkenne sie das Problem im Sicherheitsrat: "Der Sicherheitsrat ist dysfunktional", gibt Baerbock zu. Daher habe es in der Vergangenheit Abstimmungen in der Generalversammlung gegeben, bei denen auch große, breite Mehrheiten entstanden seien - etwa zu einem Ende des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.
"Ich möchte hier überhaupt nichts schönreden, aber ich möchte schon deutlich machen, dass die Alternative, nämlich zu sagen, es gäbe keine internationalen Spielregeln mehr, noch schlechter wäre", so Baerbock. Man würde ja schließlich in Deutschland auch nicht die Straßenverkehrsordnung abschaffen, weil es nach wie vor Raser und Unfälle gebe. Stattdessen würde man sich überlegen, wie man dafür sorgen könne, dass sie besser eingehalten wird.
... in welche Richtung sich die Vereinten Nationen entwickeln sollten
"In jeder Krise steckt auch eine Chance", sagt Baerbock. "Wir haben über Jahrzehnte gesehen im Kalten Krieg, dass es diese Ost-West-Teilung gab, dann gab es diese Teilung in die sogenannten Industrieländer und Entwicklungsländer." Und nun gebe es eine neue Gruppenbildung, "und die ist aus meiner Sicht die Chance für die Welt, die wir nutzen sollten".
Die Mehrheit der Staaten glaube daran, so Baerbock, dass sie mit fairen Regeln am besten in Frieden leben können. "Das sind zwischen 140 und 160 Staaten, die sagen, 'Wir sind sehr unterschiedlich, aber uns eint, dass wir hinter der Charta der Vereinten Nationen stehen, dass wir für den Multilateralismus einstehen, für die Zusammenarbeit.'"
Das Interview führte Christian Sievers. Zusammengefasst hat es Marie Ahlers.
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