Waldbrandgefahr in Brandenburg: Wie sich das Land wappnet
Feuergefahr in Brandenburg:Waldbrandsaison: Ein Land wappnet sich
von Nicole Frölich
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Nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Waldbrände als in Brandenburg. Um einen weiteren Sommer tragischer Rekorde zu vermeiden, bündelt Potsdam nun Expertise aus In- und Ausland.
In Brandenburg herrscht akute Waldbrandgefahr - welche Maßnahmen die Region ergreift, um sich möglichst gut auf die Saison vorzubereiten.
Quelle: ZDF
In Brandenburg ist die Frage nicht, ob das Feuer kommt, sondern wann. Das haben die vergangenen Jahre eindrücklich unter Beweis gestellt: 2023 brannten rund 770 Hektar Wald, 2024 etwa 220 Hektar. Wegen leicht brennbarer Kiefernwälder, sandiger Böden und hoher Munitionsbelastung gibt es nirgendwo in Deutschland mehr Waldbrände. Unter Feuerwehrleuten hat das Land deshalb den Spitznamen "Klein Kalifornien".
Ob in Kalifornien oder Brandenburg - Waldbrände sind überall auf der Welt ein Albtraum für Einsatzkräfte: Sie sind unübersichtlich, unvorhersehbar und hochgefährlich für die, die sie bekämpfen.
Um sich besser zu wappnen, hat die Landesregierung das bundesweit erste Waldbrandkompetenzzentrum ins Leben gerufen. "Wir versuchen innovative Ansätze zu finden, um die Vegetationsbrandbekämpfung zukunftsorientierter zu gestalten", erklärt Mitbegründer Normen Barth auf einer Schulung für Feuerwehrleute in Eisenhüttenstadt.
Im niedersächsischen Badenermoor sind 700 Quadratmeter Waldfläche in Brand geraten. Mit der Hilfe eines Großlöschfahrzeugs konnte die Feuerwehr die Flammen nach drei Stunden löschen.14.05.2025 | 2:49 min
Feuerwehrleute lernen Wald und Wind verstehen
Bei den Übungen Mitte Mai bedarf es für Laien großer Fantasie, um sich die Flammen vorzustellen. Aber die teilnehmenden Feuerwehrleute haben sie klar vor Augen. "Wenn ein Feuerwehrmann in den Wald schaut", sagt Brandexperte Nico Semsch, "sieht er überall Feuer."
Um bestens auf einen Waldbrand vorbereitet zu sein, trainieren Feuerwehrleute regelmäßig für den Ernstfall.
Quelle: ZDF
Schlecht ist das nicht. Denn neben dem korrekten Werkzeug brauchen Einsatzkräfte im Ernstfall auch den richtigen Blick. "Jeder Feuerwehrmann kann löschen", sagt Schulungsleiter Norman Barth. "Aber hier geht es auch darum Vegetationsbrände und insgesamt Vegetation lesen zu lernen und daraus technisch-taktische Entscheidungen abzuleiten."
Wald und Wind verstehen, um dem Feuer im richtigen Moment ein Schnippchen zu schlagen - hier wird das auch "Feuerschach" genannt.
Die Trockenheit erhöht das Brandrisiko, vor allem in Brandenburg. Forstexperten pflanzen Laubbäume, um die Kiefernwälder widerstandsfähiger gegen Brände zu machen.21.03.2025 | 1:26 min
Klimaforscherin: Hitze- und Dürrewellen als Herausforderung
Ronny Kutzner ist Ortswehrführer in Reesdorf/Schäpe. "Ich möchte Wetter- und Windänderungen verstehen, um agieren zu können, bevor das Feuer sich wendet." Er weiß, wovon er spricht. 2022 war er im Einsatz gegen einen Großbrand in Beelitz.
Wir haben angefangen zu löschen, dann hat der Wind gedreht und wir hatten eine Katastrophe.
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Ronny Kutzner, Ortswehrführer
Über 200 Hektar Stadtwald standen am Ende in Flammen. Eine traumatische Episode, aber ein wichtiger Erfahrungswert, den er hier mit Kollegen teilen kann.
"Jeder Waldbrand ist anders. Auf jedes Ereignis muss man anders reagieren," erklärt Michael Neumeister von der Landesschule für Brand- und Katastrophenschutz. "Und genau dieser Austausch führt dazu, dass wir eine deutliche Wissensbasis aufbauen."
Das gute Wetter ist nicht für alle gut: Der NABU schlägt aufgrund der extremen Trockenheit Alarm, Landwirte bangen um ihre Ernten und deutschlandweit gibt es bereits Brände.08.04.2025 | 2:07 min
Eine Wissensbasis, die auch von internationalen Kooperationen profitiert. Normen Barth ist in Südeuropa gut vernetzt: "Wir müssen nicht die gleichen traurigen Erfahrungen machen."
Wir können das jetzt schon adaptieren und sehen, was uns in 10, 15 Jahren erwartet, wenn der Trend der Klimaveränderung so weiter verläuft.
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Normen Barth, Waldbrandkompetenzzentrum
Diesen Ansatz begrüßt auch Klimaforscherin Kirsten Thonicke vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. "Wir haben einen fortlaufenden Klimawandel, es wird ständig wärmer. Wir haben mehr Hitzewellen, wir haben mehr Dürrewellen. Das ist eine neue Herausforderung. Und viel Lernen passiert dadurch, dass vergangene Ereignisse ausgewertet werden."
Der Wald in Brandenburg ist eines der größten Waldbrandgebiete Deutschlands. Der Forstbetrieb in Neuzelle möchte mit einem Projekt den Wald fit machen für die Zukunft und so Waldbränden vorbeugen.21.03.2025 | 1:54 min
Sorgenvoller Blick auf den Sommer
Von der Vergangenheit für die Zukunft lernen - das ist das Ziel. Aber nicht alle Eventualitäten können vorhergesehen werden. Darum blicken die Kursteilnehmer auch mit großer Sorge auf den Sommer 2025.
Einige kleinere Brände gab es bereits und es ist viel zu trocken in Brandenburg. "Wenn das Wetter so bleibt, sehe ich es kritisch," sagt Kutzner. Waldbrandexperte Barth fügt hinzu: "Jetzt fehlt nur noch die Temperatur und dann haben wir das Rezept für eine Extremsituation."
Nicole Frölich ist Reporterin im ZDF-Studio in Brandenburg.