Um Nobelpreis betrogen: Rosalind Franklin und der Matilda-Effekt

Um Nobelpreis für DNA-Forschung betrogen:Rosalind Franklin und der Matilda-Effekt

von Robin Marco Cid Serwe

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Rosalind Franklin legte den Grundstein zur DNA-Entschlüsselung - den Nobelpreis für ihre Forschungen erhielten Männer. Ein bekanntes Phänomen in der Wissenschaft.

Schwarz-weiß-Foto von Alice Ball in Talar und Doktorhut. Im linken Bildbereich ein Giftsymbol (Totenkopf) und mathematische Formeln.

Giftig, flüchtig oder explosiv: Wissenschaftler experimentieren mit Substanzen und nehmen dabei tödliche Gefahren in Kauf. Von ihren bahnbrechenden Erfindungen profitieren wir bis heute.

02.11.2025 | 44:19 min

Die britische Biochemikerin Rosalind Franklin bewies durch ihre Röntgenaufnahmen die Doppelhelix-Struktur von DNA. Doch ihr Leben war geprägt von Frauenfeindlichkeit und geringer Wertschätzung. Um in einer männerdominierten Wissenschaftswelt zu bestehen, musste sie ehrgeizig, energisch und entschlossen auftreten - was vielen ihrer Kollegen negativ aufstieß.

Foto 51 und der Nobelpreis

Ab 1951 entwickelte Franklin eine spezielle Kamera zur Aufnahme besonders scharfer Röntgenaufnahmen. Ihr Ziel: die Struktur der DNA sichtbar zu machen. Das berühmte Foto 51, aufgenommen unter ihrer Anleitung, zeigte ein symmetrisches Kreuzmuster - der erste Beweis auf die heute bekannte Doppelhelix-Struktur der DNA. Doch Franklin erkannte die Tragweite ihrer Entdeckung zunächst nicht.

DNA

Die DNA ist der genetische Code des Menschen. Für ihre Entdeckung der Molekularstruktur der Nukleinsäuren erhielten James Watson und Francis Crick 1962 den Nobelpreis für Medizin.

23.03.2022

Ihr Kollege Maurice Wilkins, mit dem sie im Streit lag, gab ihre Forschungsergebnisse ungefragt an die Molekularbiologen James D. Watson und Francis Crick weiter. Zusammen vollendeten sie das DNA-Modell und erhielten dafür 1962 den Nobelpreis.

Franklins Arbeit erwähnten sie dabei lediglich in einer Fußnote. In der Dankesrede erwähnte der Molekularbiologe James D. Watson die Biochemikerin jedoch nicht. Stattdessen reduzierte er sie in seinem Buch "Die Doppelhelix" auf ihr Äußeres.

Trotz ihrer markanten Gesichtszüge war sie nicht unattraktiv. Sie hätte sogar atemberaubend wirken können, hätte sie nur etwas Interesse an ihrer Garderobe gezeigt.

James D. Watson, Molekularbiologe und Nobelpreisträger

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Matilda-Effekt nach US-Frauenrechtlerin benannt

Die übersehene weibliche Genialität in der Forschung ist ein Phänomen, das als "Matilda-Effekt" bekannt ist. Es beschreibt die systematische Verdrängung und Leugnung des Beitrags von Frauen in der Wissenschaft, deren Arbeit häufig ihren männlichen Kollegen zugerechnet wird. Die ZDFinfo-Doku "Wissenschaft extrem - Pioniere der Chemie" zeigt, wie Rosalind Franklin Opfer des "Matilda-Effekts" wurde.

Der Effekt wurde 1993 von der Wissenschaftshistorikerin Margaret W. Rossiter postuliert. Benannt ist er nach der US-amerikanischen Frauenrechtlerin Matilda Joslyn Gage, die am Ende des 19. Jahrhunderts dieses Phänomen als Erste allgemein beschrieben hat.

Sehen Sie die ZDFinfo-Dokumentation "Wissenschaft extrem: Pioniere der Chemie" am 12. November um 21:45 Uhr in ZDFinfo. Diese sowie alle weiteren Folgen der Dokureihe "Wissenschaft extrem" können Sie jederzeit auch im ZDF-Streaming-Portal sehen.


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Vom Mathe-Ass zur Wissenschaftlerin

Rosalind Elsie Franklin wurde 1920 in London geboren. Schon früh zeigte sie außergewöhnliches mathematisches Talent. Mit zwölf Jahren besuchte sie die St.-Paul's-Mädchenschule, bekannt für ihren naturwissenschaftlichen Unterricht.

Schwarz-Weiß-Foto von Rosalind Franklin, die sich mit den Armen auf einem Tisch abstützt.

Die Wissenschaftlerin Rosalind Franklin lieferte den ersten Beweis für die Doppelhelix-Struktur der DNA. Anerkennung für ihre Forschung bekamen jedoch statt ihr ihre männlichen Kollegen.

Quelle: ZDF

Mit 17 Jahren bestand Franklin die Zulassungsprüfungen der Universität Cambridge - in Chemie sogar als Beste. Sie erhielt mehrere Stipendien und spezialisierte sich auf die Kristallographie, die Lehre von der atomaren Struktur fester Stoffe.

Auf der aufgeschlagenen Doppelseite eines Buches sieht man die schwarz-weiß Fotografien einer Frau und den dazugehörigen Text.

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Im Krieg erforschte Rosalind Franklin Kohle

Während des Zweiten Weltkriegs erforschte Franklin Kohle als Filtermaterial für britische Gasmasken. Es gelang ihr erstmals die Mikrostrukturen von Kohle präzise zu identifizieren und Kohlesorten zu klassifizieren. Ihre Forschung verbesserte Aktivkohlefilter maßgeblich.

Danach forschte sie in Paris und ab 1951 am King's College in London im Bereich der Röntgenkristallografie, einer Methode, bei der Kristalle mit Röntgenstrahlen bestrahlt werden, um anhand ihrer Beugungsmuster Rückschlüsse auf die atomare Struktur zu ziehen. Mit dieser Technik gelang ihr die entscheidende Aufnahme, die die Doppelhelix-Struktur der DNA belegte.

Franklin starb an Eierstockkrebs

Doch die Anerkennung für ihre bahnbrechende Arbeit erlebte Franklin nicht mehr: Vier Jahre, bevor ihre Kollegen Watson, Crick und Wilson für diese Entdeckung den Nobelpreis erhielten, starb sie an Eierstockkrebs. Die Vermutung liegt nahe, dass ihre Arbeit mit Röntgenstrahlen zur Erkrankung beitrug. Später wurde die Bedeutung von Franklins Arbeit bekannt, aber: Nobelpreise werden nicht posthum verliehen.

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