PFAS in Lebensmitteln: Umweltschützer fordern Verbot in der EU

Interview

PFAS in Lebensmitteln:Die unsichtbare Gefahr auf dem Teller

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PFAS gelten als "Ewigkeitschemikalien" - und genau das macht sie so gefährlich: eine Bedrohung für Umwelt und Gesundheit. Umweltschützer fordern ein weitgehendes Verbot.

Fleisch, Fisch und Gemüse auf einem Tisch verteilt.

PFAS gelangen über die Umwelt in unsere Lebensmittel, besonders betroffen sind tierische Produkte wie Fisch und Fleisch.

Quelle: Colourbox.de

Fast jeder hat sie daheim: In Antihaftbeschichtungen von Pfannen, in Textilimprägnierungen von Jacken und selbst in Pizzakartons finden sich PFAS. PFAS, also per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, sind synthetische Verbindungen, die in der Umwelt kaum abgebaut werden.

Ursprünglich entwickelt, um Produkte wasser-, fett- und schmutzabweisend zu machen, finden sich PFAS heute in Alltagsgegenständen - und zunehmend auch in Lebensmitteln. Ein Thema für Manuel Fernández vom Bund für Umwelt und Naturschutz.

Manuel Fernández verantwortet beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Chemikalienpolitik.
Quelle: BUND

... verantwortet beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die Chemikalienpolitik. Als ausgewiesener Fachmann setzt er sich für eine strikte Regulierung gesundheits- und umweltschädlicher Stoffe ein. Sein Ziel: ein wirksamer Schutz für Mensch und Natur vor den Risiken gefährlicher Chemikalien.


ZDFheute: Herr Fernández, wie gelangen PFAS in unsere Lebensmittel - und welche Produkte sind besonders betroffen?

Manuel Fernández: PFAS gelangen bei Produktion, Verwendung und Entsorgung in die Umwelt und werden über Wasser- und Luftströme weiträumig verteilt. Sie reichern sich in Pflanzen und Tieren an und gelangen so auch in unsere Nahrungskette.

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Fisch, Innereien - zum Beispiel Leber, Muscheln und Eier - sind häufig am stärksten belastet. Aber auch in Bier und Milch findet sich oft mindestens eines der vier häufigsten, bereits regulierten PFAS.

ZDFheute: Welche gesundheitlichen Risiken bestehen durch die Aufnahme von PFAS über die Nahrung?

Fernández: In geringen Konzentrationen sind PFAS nicht akut giftig, können es aber bei wiederholter und langfristiger Belastung werden.



Eine Schwächung des Immunsystems bei Tieren und Menschen wird von der EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als empfindlichste toxikologische Auswirkung angesehen.

Leberschäden, eine geringere Wirksamkeit von Impfungen, Nierenkrebs, Schilddrüsenerkrankungen und ein erhöhter Cholesterinspiegel sind weitere mögliche Folgen.

Eine Hand mit blauem Plastik-Handschuh, die mit einem Glaskolben Wasser aus einem Gewässer entnimmt.

Sie sind in Pfannen, Regenjacken oder Verpackungen und letztlich auch im Wasser: Sogenannte gesundheitsschädliche Ewigkeitschemikalien.

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ZDFheute: Wie gut sind PFAS in Lebensmitteln aktuell messbar - und wie zuverlässig sind die Grenzwerte?

Fernández: Es gibt noch keine vollständig standardisierte und gesetzlich festgelegte Methode zur Messung von PFAS in Lebensmitteln. So können zum Beispiel die Nachweis- und Bestimmungsgrenzen für untersuchte PFAS in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich sein.

Bei den Grenzwerten ist Vorsicht geboten, da die Belastung aus vielen unterschiedlichen Quellen erfolgen kann und nur eine vergleichsweise kleine Zahl der über 10.000 Verbindungen der PFAS-Gruppe analytisch identifiziert werden kann.

ZDFheute: Welche politischen oder regulatorischen Maßnahmen halten Sie für notwendig, um die Belastung zu reduzieren?

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Fernández: Wir unterstützen den 2023 von Fachbehörden aus Deutschland, Dänemark, den Niederlanden, Schweden und Norwegen vorgelegten Vorschlag für ein weitgehendes Verbot der gesamten PFAS-Gruppe - mit Übergangsregelungen für derzeit alternativlose, unverzichtbare Anwendungen.

Bei der Risikobewertung im Rahmen der geltenden REACH-Verordnung [EU-Verordnung zum Schutz von Gesundheit und Umwelt vor Chemikalien; Anm. der Red.] kamen die Expertinnen und Experten zu dem Schluss, dass nur ein weitreichendes Verbot die zunehmende Umweltbelastung stoppen und verhindern kann, dass gefährliche PFAS weiterhin einfach durch andere, weniger untersuchte PFAS ersetzt werden.

ZDFheute: Was können Verbraucherinnen und Verbraucher konkret tun, beispielsweise in Sachen Ernährung, um ihre persönliche PFAS-Exposition zu verringern?

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Fernández: Nach heutigem Wissensstand würde ein geringerer Konsum von tierischen Produkten die PFAS-Exposition verringern.

Die Konsumentinnen und Konsumenten sollten auf Kennzeichnungen wie "PFAS-frei", "PFC-frei" oder "fluorcarbonfrei" achten, um belastete Produkte zu vermeiden.

Mit Verbraucher-Apps wie ToxFox können Schadstoffe wie PFAS in Kosmetik und Alltagsprodukten aufgespürt und "Giftfragen" an Händler und Hersteller verschickt werden.

Das Interview führte Andreas Ewels.

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