Greenpeace-Messungen:Hohe Mengen PFAS in Nord- und Ostsee-Fisch und -Muscheln
Meeresfrüchte aus Nord- und Ostsee können hohe PFAS-Konzentrationen aufweisen. Messwerte lagen bereits für eine Mahlzeit bis zu 40 Prozent über der wöchentlichen Verzehrempfehlung.
Fisch und Muscheln aus Nord- und Ostsee teils stark mit PFAS belastet. (Symbolbild)
Quelle: ImagoSpeisefische, Muscheln und Krabben aus Nord- und Ostsee sind laut Stichproben der Umweltorganisation Greenpeace zum Teil stark mit schädlichen sogenannten Ewigkeitschemikalien (PFAS) belastet.
Eine Mahlzeit von 150 Gramm Scholle, Hering, Steinbutt oder Krabben weise PFAS-Konzentrationen auf, die über den Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit für eine wöchentliche Aufnahmemenge für Erwachsene liegen, teilte Greenpeace am Montag mit.
Schon der Verzehr einer einzigen Portion von 150 g Steinbutt oder Krabben aus den Stichproben kann die laut EFSA festgelegte tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (TWI) für PFAS bei einem durchschnittlich schweren Erwachsenen um bis zu 40 Prozent überschreiten.
Greenpeace-Mitteilung
Besonders Kinder seien gefährdet, da sie aufgrund ihres geringeren Körpergewichts die Grenzwerte bereits bei einer geringen Portion überschreiten. Auch in Miesmuscheln, Makrele, Schellfisch und Seezunge seien PFAS gefunden worden.
Viele Bereiche der Industrie und Wissenschaft setzten Ewigkeitssubstanzen wie PFAS ein. Die Folgen der Nutzung sind gesundheitsschädlich.
27.08.2025 | 1:55 minPFAS in Muscheln und Seefisch
PFAS sind per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, die synthetisch hergestellt werden und aufgrund ihrer wasser- und fettabweisenden Eigenschaften und ihrer Langlebigkeit in etlichen Alltagsprodukten wie beschichteten Pfannen, Funktionskleidung, Imprägniersprays und Einweg-Verpackungen oder Lebensmittelverpackungen wie Pizzakartons und Backpapier eingesetzt werden. PFAS werden als Ewigkeitschemikalien bezeichnet, weil sie biologisch nicht abbaubar sind und sich in der Natur und im menschlichen Körper anreichern.
Studien deuten darauf hin, dass bestimmte PFAS bei Menschen die Leber und das Immunsystem schädigen, die Wirkung von Impfungen und die Fruchtbarkeit verringern und Krebs erzeugen können. Weltweit werden daher zunehmend Beschränkungen für PFAS durchgesetzt.
Bereits im Frühjahr 2025 hatten Greenpeace-Messungen im Meeresschaum an deutschen Stränden überhöhte Werte dieser schädlichen Ewigkeitschemikaliengruppe gefunden.
PFAS (gesprochen Pifas) ist die Abkürzung für Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Es handelt sich bei den sogenannten "ewigen Chemikalien" um eine Gruppe von schätzungsweise 10.000 einzelnen Stoffen.
Diese Chemikalien, die natürlicherweise nicht vorkommen, sind extrem stabil sowie wasser-, schmutz- und fettabweisend - diese Eigenschaften machen sie für die Industrie besonders interessant.
Die Kehrseite ist: Die Stoffe sind so stabil, dass sie in der Umwelt nur sehr langsam abgebaut werden und sich in Nahrungsketten anreichern können. Einige PFAS finden unter anderem über Kläranlagen ihren Weg in die Umwelt. PFAS werden mittlerweile weltweit in Gewässern, Luft und Böden nachgewiesen. Auch im Blutserum von Menschen können sie vorkommen.
Wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften kommen die PFAS-Chemikalien in zahllosen Produkten zum Einsatz, etwa bei Outdoor-Kleidung, beschichteten Pfannen, Verpackungen von Lebensmitteln oder schmutzabweisenden Teppichen. Sie werden auch in vielen industriellen Prozessen und technischen Anwendungen genutzt.
Einige PFAS sind bereits weitgehend verboten, weil sie als gefährlich gelten. Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass PFAS Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit haben oder zu Entwicklungsverzögerungen bei Kindern führen können. Auch ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten wird angeführt. Bislang sind allerdings noch relativ weniger dieser Stoffe gut untersucht. Doch von den "gut untersuchten PFAS gelten die meisten als mittel- bis hochtoxisch, vor allem für die Entwicklung von Kindern", schreibt die Europäische Umweltagentur (EEA).
Behörden mehrerer Länder, darunter Deutschland, streben ein weitgehend vollständiges Verbot der Stoffgruppe in der EU an. Dabei handelt es sich um eine Art Vorsichtsmaßnahme. Der Gedanke dabei: Wenn einige der Substanzen nachweislich schädlich sind, könnten es viele andere - noch nicht untersuchte - Vertreter der Stoffgruppe auch sein.
Laut Umweltbundesamt gibt es bislang nur wenig Möglichkeiten, PFAS zu umgehen. Bei Outdoorjacken gebe es bereits Alternativen. Statt einer beschichteten Pfanne funktioniert demnach auch eine Eisen- oder Emaillepfanne. Auch Mehrweggeschirr aus Porzellan können beschichtete Einmal-Pappbecher ersetzen. Bei Imprägniermitteln kann man anstelle PFAS-basierter Sprays auf natürliche Fette und Wachse zurückgreifen.
Quellen: dpa, Umweltbundesamt
Greenpeace-Stichproben aus Meerestieren von Juni
Greenpeace entnahm nach eigenen Angaben Ende Juni 17 Stichproben von Meerestieren direkt von Fischkuttern, auf Fischmärkten und in Geschäften in Niendorf und Heiligenhafen an der Ostsee, in Cuxhaven und Büsum an der Nordsee sowie in Hamburg. Julios Kontchou von Greenpeace forderte, die deutschen Behörden müssten viel stärker als bisher Speisefische, Muscheln und Krabben aus dem Meer auf PFAS untersuchen.
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28.08.2025 | 27:14 minDer Einsatz von PFAS in Alltagsgegenständen wie Pizzakartons, Backpapier oder Sportbekleidung müsse "ohne Ausnahme" verboten werden. Für viele Anwendungen gebe es "sichere PFAS-freie Alternativen", erklärte Kontchou. Dennoch halte die Chemieindustrie an PFAS fest und blockiere bisher alle Vorschläge für eine europäische Regulierung.
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