Interview
Ifo-Geschäftsklima:Stimmung bei Unternehmen positiver
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Deutsche Unternehmen zeigen sich zufriedener mit dem laufenden Geschäft als zuletzt. Das belegt das aktuelle Ifo-Geschäftsklima. Die Zukunftserwartungen sind jedoch weiter getrübt.
Die vom Ifo-Institut befragten Unternehmen waren mit den laufenden Geschäften zufriedener als zuletzt (Symbolbild).
Quelle: imago images
Trotz der Unsicherheit wegen der US-Zollpolitik hat sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft überraschend verbessert. Das Ifo-Geschäftsklima stieg im April um 0,2 Punkte auf 86,9 Punkte, wie das Ifo-Institut in München mitteilte.
Unsicherheit steigt
Volkswirte hatten hingegen einen Rückgang erwartet. Allerdings zeigt die Umfrage unter rund 9.000 Unternehmen, dass sich die Erwartungen an künftige Geschäfte leicht eingetrübt haben. Ifo-Präsident Clemens Fuest sagte zum Umfrageergebnis:
Die Unsicherheit unter den Unternehmen hat zugenommen.
Clemens Fuest, Ifo-Präsident
Die deutsche Wirtschaft würde sich auf Turbulenzen einstellen. Die aktuelle Lage wurde von den befragten Firmen hingegen besser eingeschätzt.
Dienstleistungssektor und Gastgewerbe im Aufwind
Wie das Ifo-Institut weiter mitteilte, hat sich die Stimmung im Dienstleistungssektor verbessert. Die Unternehmen zeigten sich zufriedener mit den laufenden Geschäften, während die Erwartungen "leicht skeptisch" bleiben.
Die Ifo-Experten hoben auch hervor, dass sich die Stimmung im Gastgewerbe verbessert hat.
Industriebetriebe fürchten US-Zinspolitik
In den Industriebetrieben hat sich die Stimmung nach dem starken Anstieg im Vormonat hingegen eingetrübt. Hier habe sich die Unsicherheit wegen der US-Zollpolitik besonders stark gezeigt, obwohl der Auftragsbestand in den Industrieunternehmen nicht mehr gesunken sei.
Analyst Elmar Völker von der Landesbank Baden-Württemberg sagt zum Ergebnis der Umfrage:
Ein kleines Licht am Ende des Tunnels.
Elmar Völker, Landesbank Baden-Württemberg
Es bestehe aber kein Grund, in Jubelstimmung zu verfallen.
Baugewerbe mit bestem Wert seit Mai 2023
Das Bauhauptgewerbe erreichte mit minus 21,9 Punkten seinen besten Wert seit Mai 2023. Im März lag der Index noch bei minus 24,3 Punkten. "Dies war auf deutlich verbesserte Erwartungen zurückzuführen", erklärte Fuest. Die aktuelle Lage schätzen die Firmen der Branche aber etwas schlechter ein. Größte Hürde bleibt demnach der Auftragsmangel.
Offenbar glauben die Unternehmen, sich an die neuen Zustände in der Weltwirtschaft anpassen zu können, sagte Analyst Holger Ullrich von der Dekabank.
Die Hoffnungen ruhen insbesondere auf dem europäischen Binnenmarkt sowie auf anderen großen Wirtschaftsregionen außerhalb der USA.
Holger Ullrich, Analyst der Dekabank
Der ING-Analyst Carsten Brzeski sprach von einem "überraschenden" Index. Der Rückgang der Erwartungen sei "mild", insbesondere, weil noch höhere drohende US-Zölle einen großen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft haben könnten. Er wies jedoch darauf hin, dass das Geschäftsklima häufig mit Verzögerung auf politische Entscheidungen reagiere.
Spagat zwischen Chancen durch Sondervermögen und Risiken durch Geopolitik
Auf der einen Seite sieht die deutsche Wirtschaft einem "noch nie dagewesen" fiskalischen Spielraum entgegen. Das betrifft vor allem die Verteidigung, aber auch das milliardenschwere Sondervermögen für die Infrastruktur. Gleichzeitig steht sie durch geopolitische Spannungen und die US-Handelspolitik unter Druck.
Wir glauben, dass zumindest kurzfristig die negativen Aspekte die positiven überwiegen werden.
Carsten Brzeski, ING-Analyst
Der Ifo-Index basiert auf etwa 9.000 monatlichen Meldungen von Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes, des Dienstleistungssektors, des Handels und des Bauhauptgewerbes. Die Unternehmen werden gebeten, ihre gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen und ihre Erwartungen für die nächsten sechs Monate mitzuteilen.
Quelle: dpa
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Quelle: dpa, AFP
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