Autonomes Fahren in Deutschland:Robotaxis: Was zur Revolution auf der Straße noch fehlt
von Christian Hauser
Der Durchbruch von selbstfahrenden Taxis lässt auf sich warten. Warum ausgerechnet ein guter ÖPNV und das nicht vorhandene Tempolimit die Entwicklung in Deutschland bremsen.
NANO vom 1. Dezember: Fahrzeuge ohne Fahrer rollen durch deutsche Straßen – gesteuert von Menschen in Leitstellen. Wie funktioniert teleoperiertes Fahren, wie sicher ist es?
01.12.2025 | 28:33 minStaus verringern, den Nahverkehr stärken und die Umwelt entlasten - immer stärker stehen neue Mobilitätskonzepte wie autonome Fahrzeuge, vernetzte Verkehrssysteme und Sharing-Modelle weltweit im Fokus.
Besonders Robotaxis gewinnen in Europa, China und den USA an Bedeutung. Diese autonomen Fahrzeuge fahren ohne menschlichen Fahrer und nutzen Sensoren, Kameras sowie Künstliche Intelligenz (KI), um sicher durch den Verkehr zu navigieren. Doch wie weit sind Deutschland und Europa bei der Umsetzung?
Teleoperiertes Fahren als vielversprechende Möglichkeit
In Estland wird derzeit das sogenannte teleoperierte Fahren getestet. Ähnlich wie bei Robotaxis ist das Fahrzeug mit Kameras und Sensoren ausgestattet, wird jedoch aus der Ferne von einem Menschen über Mobilfunknetze gesteuert.
Telefahren bringt Carsharing-Autos per Fernsteuerung genau dorthin, wo sie gebraucht werden. Die Technik soll Verkehr reduzieren, Städte entlasten und Mobilität flexibler machen.
10.12.2025 | 6:16 minMobilitätsexperte Martin Röhrleef, der viele Jahre als Verkehrsplaner für regionale Verkehrsbetriebe tätig war, hält diese bislang als Randtechnologie geltende Lösung bei guter Netzabdeckung auch in Deutschland für realistisch. "Man könnte das Fahrzeug an einen beliebigen Ort rufen, einsteigen, losfahren - und am Ende übernimmt der Telefahrer wieder", so Röhrleef.
Robotaxis: Der Mensch muss nur noch mitfahren
Robotaxis wollen im Gegensatz ohne menschlichen Fahrer auskommen. Mit diesen Fahrzeugen gebe es in Deutschland viele erfolgreiche Pilotprojekte, so Marius Zöllner, Direktor und Vorstand am Forschungszentrum Informatik des Karlsruher Instituts für Technologie. "Verglichen mit den Programmen anderer Länder sind sie aber nur ein ganz kleiner Tropfen auf den heißen Stein."
Wir müssen aus dem Stadium der Pilotprojekte herauskommen.
Prof. J. Marius Zöllner, Karlsruher Institut für Technologie
Zöllner forscht im Bereich autonomes Fahren und angewandte KI. Er fordert eine stärkere Fokussierung der Industrie sowie eine langfristige Finanzierung von Forschung und Entwicklung.
In China und den USA gehören sie längst zum Straßenbild: fahrerlose Kleinbusse und Robotaxis. In Hamburg soll bald ein selbstfahrender Elektro-Bus von VW in den regulären Betrieb gehen.
17.06.2025 | 2:38 minNachfrage nach Robotaxi bislang gering
Noch zwei weitere Aspekte bremsen die großflächige Einführung von Robotaxis in Deutschland: ein fehlendes Tempolimit auf Autobahnen und der vergleichsweise gute Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.
"In Deutschland und Europa ist die Nachfrage nach Robotaxis geringer, weil der öffentliche Nahverkehr gut ausgebaut ist", sagt Zöllner. In den USA und in China gibt es bereits Unternehmen wie Waymo oder Baidu, die Robotaxi-Flotten betreiben und mit wesentlich mehr Fahrten Erfahrungen sammeln.
- KI auf deutschen Straßen: So steht es um das autonome Fahren
Hohe Geschwindigkeiten ein Problem für Technologie
Markus Lienkamp von der School of Engineering and Design der TU München verweist zudem auf das fehlende Tempolimit in Deutschland, das die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen auf Autobahnen bremst.
Hohe Geschwindigkeiten stellen größere Anforderungen an die Technologie, die in anderen Ländern nicht so stark erforderlich sind.
Prof. Markus Lienkamp, TU München
Das Hauptproblem sieht Lienkamp, der zu Elektromobilität und automatischem Fahren forscht, jedoch in der fehlenden staatlichen Unterstützung: "Die Politik hat die Förderung von autonomem Fahren gegen die Wand gefahren." Es gebe kaum noch Fördergelder, was die Entwicklung von autonomen Fahrzeugen stark bremst.
Zudem beobachtet Lienkamp ein geringes Interesse bei deutschen Autobauern. "Wenn sich viele Menschen ein Robotaxi teilen, verkaufen sie insgesamt weniger Autos. Daher sind sie zurückhaltend."
China nutzt seine Rohstoffe und industriellen Verarbeitungsmöglichkeiten zunehmend strategisch. Machen sich deutsche Unternehmen unabhängiger davon? Bislang ist das die Ausnahme.
17.12.2025 | 2:50 minGefahr der Abhängigkeit von China
Grundsätzlich könne Deutschland in den Bereichen Hardware, Sensorik und Fahrsysteme alles. "Aber uns fehlt die Software. Andere Länder investieren massiv und sind uns weit voraus", analysiert Lienkamp.
Deutschland droht bei dieser Technologie den Anschluss zu verlieren. "Wenn die USA oder China die Schlüsselsoftware für autonomes Fahren kontrollieren, gerät Europa in eine gefährliche Abhängigkeit", warnt Zöllner. Doch es fehlen tragfähige Geschäftsmodelle, die über das Level 3 des autonomen Fahrens hinauskommen.
- Level 0: Keine Automatisierung
- Level 1: erste Assistenzsysteme (z. B. Tempomat)
- Level 2: Teilautomatisierung (z. B. Spurhalteassistent und Tempomat)
- Level 3: bedingte Automatisierung (Auto kann selbstständig fahren, Fahrer muss bei Bedarf übernehmen)
- Level 4: hoch automatisiert (Auto kann in definierten Bereichen autonom fahren)
- Level 5: autonomes Fahren, keinerlei Einschränkungen
Quelle: Mildner, R., Ziller, T., Baiocchi, F. (2024)
Experte: Forschritt unaufhaltbar
Insgesamt bleibt Zöllner positiv. Zwar glaube er nicht, dass es in den nächsten drei bis fünf Jahren zu flächendeckenden Robotaxi-Einsätzen kommen wird. Dennoch:
Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten.
Marius Zöllner, Karlsruher Institut für Technologie
Auch in Deutschland werde es irgendwann das Level-5-Fahren geben. "Der Weg dahin ist noch lang, aber wir werden ihn beschreiten."
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