Warum die Möbelindustrie in der Krise steckt

Jahresbilanz vorgestellt:Warum die Möbelbranche in der Krise steckt

von Alida Kehlenbach
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Der Verband der deutschen Möbelindustrie leidet nach starken Corona-Jahren unter Kaufzurückhaltung. Der Umsatz brach im ersten Halbjahr 2025 um fünf Prozent ein. Woran das liegt.

Möbelbauer kontrolliert Checkliste für Auftrag

US-Zollpolitik, Bürokratie, Fachkräftemangel: Die deutsche Möbelbranche kämpft mit vielen Herausforderungen.

Quelle: Zoonar/Robert Kneschke

Späne fliegen durch die Produktionshalle, ein Mitarbeiter steht an der Säge und schneidet Holz zu. Ein anderer verschraubt die Teile zu einem Regal. Katharina Hartmann schaut zufrieden auf die fertige Kommode. Doch der Eindruck täuscht. Bei den Hartmann Möbelwerken wünscht man sich eigentlich mehr Arbeit.

Zu sehen ist die Zeile einer Designer-Küche.

Bereits 2024 verzeichnete die Möbelbranche rückläufige Zahlen. Die Gründe ähneln denen aus diesem Jahr: zurückhaltende Kunden und eine lahmende Bauindustrie.

28.08.2024 | 1:36 min

Nach Corona-Boom folgte der Absturz

Katharina Hartmann führt das typisch mittelständische Unternehmen in der vierten Generation. Doch wie so viele andere in der Branche auch, spüren sie hier in Beelen eine echte Kaufzurückhaltung. Die Gründe sind vielfältig: allgemeine Verunsicherung, die Zollpolitik von US-Präsident Trump, Bürokratie und der Fachkräftemangel.

Es kommt täglich was Neues dazu und das führt dazu, dass beim Konsumenten nicht die Lust da ist, sich was Neues, insbesondere eine kostspielige Anschaffung wie Möbel, zu leisten.

Katharina Hartmann, Geschäftsführerin Hartmann Möbelwerke

Während der Corona-Zeit erlebte die Branche einen Boom mit einem Rekordumsatz im Jahr 2022. Danach gingen die Verkaufszahlen zurück. Der Abwärtstrend setzte sich fort. Im ersten Halbjahr dieses Jahres ist der Umsatz um fünf Prozent auf 7,9 Milliarden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 2024 zurückgegangen. Der Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie, Jan Kurth, sieht dafür mehrere Gründe.

Da ist einerseits die Konsumzurückhaltung, aber es wird generell zu wenig gebaut in Deutschland und wir haben einen Wust an Bürokratie.

Jan Kurth, Verband der Deutschen Möbelindustrie

Menschen gehen auf der Hamburger Mönckebergstraße in der Innenstadt.

Der Einzelhandel leidet laut einer Umfrage unter Kaufzurückhaltung und Online-Shopping. Davon betroffen ist auch die Möbelbranche. Das Beispiel Coburg zeigt, dass es auch anders geht.

07.07.2025 | 1:32 min

Neue Konkurrenz aus Asien

Das beschäftigt auch Katharina Hartmann. Sie muss genau festhalten, welche Bäume in welchen Möbelstücken verarbeitet wurden. Ein enormer und personalintensiver Aufwand, besonders für ein mittelständisches Unternehmen.

Hinzu kommen die Auswirkungen der Zollpolitik. Hohe Zölle verteuern die Produkte in den USA. Kunden halten sich auch dort zurück. Aber nicht nur das Exportgeschäft ist bedroht: Die Branche bekommt neue Konkurrenz von asiatischen Herstellern, die ihre Möbel wegen der hohen Zölle jetzt lieber in Europa anstatt in den USA verkaufen.

Das sind umgelenkte Waren, die momentan in den USA nicht mehr Absatz finden und dann im heimischen Markt verkauft werden.

Jan Kurth, Verband der Deutschen Möbelindustrie

Ursula von der Leyen und Donald Trump bei einer Pressekonferenz

USA und EU einigen sich auf einen Kompromiss im Zollstreit. Keine neuen Strafzölle – aber Zugeständnisse.

28.07.2025 | 1:03 min

Schwache Baubranche verstärkt Krise

Auch die schwache Baubranche wirkt sich negativ auf die Zahlen aus. Zwar gab zuletzt etwas mehr Baugenehmigungen, ein wirklicher Boom, wie von der Regierung angekündigt, ist allerdings bisweilen ausgeblieben.

Das nimmt Dynamik aus dem Möbelmarkt insgesamt, weil jeder Neubau, jeder Umzug dazu führt, dass Möbel angeschafft werden.

Katharina Hartmann, Geschäftsführerin Hartmann Möbelwerke

Jan Kurth sieht hier die Politik in der Pflicht. Die geplanten Vorhaben müssen tatsächlich umgesetzt werden, sagt er und fordert ein klares Signal in die Wirtschaft und an Verbraucherinnen und Verbraucher, dass es in Deutschland vorangehe.

ARCHIV - 14.04.2023, Nordrhein-Westfalen, Köln: Ein Firmenlogo steht vor der Ikea-Filiale Köln Godorf. (zu dpa: «Ikea testet Online-Gebrauchtwarenmarkt») Foto: Oliver Berg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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17.10.2024 | 1:43 min

Bei den Hartmann Möbelwerken blickt man trotz allem positiv in die Zukunft. Katharina Hartmann ist überzeugt von den eigenen Produkten. Billigkonkurrenz könne da qualitativ nicht mithalten. Die aktuellen Herausforderungen seien zu bewältigen.

Wenn wir weiterhin unsere Hausaufgaben machen, technologisch vorangehen, innovative Produkte entwickeln und gleichzeitig den Punkt Nachhaltigkeit weiter voranschreiben, dann sind wir sehr wettbewerbsfähig.

Katharina Hartmann, Hartmann Möbelwerke

Und auch mit Blick auf die Konsumlaune der Menschen zeigt sich Katharina Hartmann optimistisch. Sie ist sicher: Irgendwann werde die Lust auf neue Möbel wieder zurückkommen.

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Das Wohnzimmer braucht dringend ein Makeover, aber der Look von der Stange aus dem Möbelhaus soll es nicht sein? Aus Vorhandenem etwas Neues kreieren ist die bessere Lösung.

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