Mehr Transparenz gefordert:Steigende Lebensmittelpreise: Woran liegt das?
von Saskia Schüring
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Die Preise für Lebensmittel sind seit 2020 stark gestiegen. Das sei eine Folge höherer Kosten, sagen Händler. Verbraucherschützer fordern Transparenz und ein Preismonitoring.
Viele Verbraucher schränken sich inzwischen im Supermarkt angesichts hoher Lebensmittelpreise ein.
Quelle: Imago
Brot, Schokolade, Obst - viele Lebensmittel sind seit 2020 deutlich teurer geworden. Laut Statistischem Bundesamt zählen sie weiterhin zum Inflationstreiber Nummer Eins. Im Juli waren sie nach vorläufigen Daten 2,2 Prozent teurer als noch ein Jahr zuvor. Und das, obwohl die allgemeine Inflationsrate bei "nur" 2,0 Prozent liegt.
Ramona Pop, Geschäftsführerin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, mahnt:
Die Bundesregierung muss endlich für spürbare Entlastungen sorgen, vor allem bei den hohen Lebensmittelpreisen.
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Ramona Pop, Bundesverband der Verbraucherzentralen
Sie fordert mehr Transparenz, wie die Lebensmittelpreise überhaupt entstehen.
Inflation in Deutschland (inkl. Nahrung und Energie)
ZDFheute Infografik
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Die Verbraucherschützer sprechen sich dafür aus, dass die Bundesregierung den Herstellern und dem Einzelhandel genauer auf die Finger schaut. "Wir fordern ein Preismonitoring, das offenlegt, wie sich Preise entlang der Lieferkette zusammensetzen", heißt es.
So soll sichtbar werden, ob Preissteigerungen tatsächlich durch höhere Produktionskosten verursacht wurden oder ob Handel und Industrie unverhältnismäßige Gewinne abschöpfen. Andere europäische Länder wie Frankreich und Spanien hätten bereits Schritte in diese Richtung unternommen - mit ersten Erfolgen.
Was hinter den angekündigten Preissenkungen von Aldi, Lidl und Co. steckt und ob Kunden langfristig profitieren, erklärt Handelsexperte Prof. Stephan Rüschen bei ZDFheute live.26.05.2025 | 7:50 min
Industrie: Nachvollziehbare Gründe für Preissteigerungen
Preissteigerungen seien kein Resultat von Gier, sondern eine Folge realer Kostensteigerungen, sagt der Geschäftsführer des Lebensmittelverbands, Christoph Minhoff.
Die Kosten sind durch hohe Energie- und Rohstoffpreise, Mindestlohn, Unsicherheit durch Kriege und Zölle, Klima und Ernteausfälle und globale Lieferkettenprobleme in nahezu allen Bereichen gestiegen.
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Christoph Minhoff, Geschäftsführer Lebensmittelverband
Der Preis für einen Döner ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Doch würde man die "versteckten" Kosten für Gesundheit und Klima miteinbeziehen, wäre ein Döner noch teurer.05.04.2025 | 1:28 min
Eine Offenlegung der Gewinnmargen lehnt der Verband strikt ab. "Preiskalkulationen gehören zum Geschäft. Das wäre ein Eingriff in die Marktwirtschaft", so Minhoff.
90 Prozent der Lebensmittelhersteller in Deutschland seien kleine und mittelständische Unternehmen. Es gebe hierzulande nicht "den einen großen internationalen Konzern, der den Leuten irgendwie versucht, die Dividende aus der Nase zu ziehen". Durch die Konkurrenz seien die Händler ohnehin bemüht, die Preise niedrig zu halten.
Maßnahmen gegen versteckte Preiserhöhungen gefordert
Verbraucherschützer fordern außerdem, dass die Lebensmittelindustrie versteckte Preiserhöhungen in "Mogelpackungen" kennzeichnet. Wenn beispielsweise statt fünf Schokoriegeln nur vier in der Verpackung sind, sollte das auch draufstehen.
Auch das lehnt der Lebensmittelverband strikt ab: "Wir haben auf den Verpackungen schon eine ganze Reihe verpflichtender Kennzeichnungen. Weitere würden nur für Verwirrung sorgen."
Rewe, Edeka und Co. machen Milliardenumsätze. Markenkonzerne wie Coca Cola satte Gewinne. Wer verdient an teuren Lebensmitteln? Und: Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher noch sparen? 15.07.2025 | 43:45 min
Verbraucher bleiben verunsichert
Der Frust bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern ist groß. Laut einer aktuellen Umfrage des Instituts für Konsumforschung (IfK) geben 68 Prozent der Befragten an, dass sie ihren Wocheneinkauf inzwischen deutlich reduzieren mussten.
42 Prozent greifen häufiger zu billigeren Eigenmarken, 17 Prozent verzichten ganz auf bestimmte Produkte wie Fleisch oder Käse. Das macht sich vor allem beim teuren Rindfleisch bemerkbar - stattdessen wird häufiger zum billigeren Schweinefleisch gegriffen.
Auch die Verbraucherzentralen bemerken den Unmut. Nach Angaben des Bundesverbands gingen im ersten Halbjahr 2025 mehr als 4.000 Beschwerden zu Lebensmitteln und Getränken ein, bei mehr als einem Viertel davon drehte es sich um die Preise.
Für die Versorgung von Bedürftigen mit Lebensmitteln braucht die Tafel viele Helfer. Wegen des fehlenden Haushalts in Sachsen ist die Aufwandsentschädigung deutlich geringer.14.04.2025 | 1:23 min
"Gesunde Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein"
Die Bundesregierung hält sich zu dem Thema bedeckt. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte, man beobachte die Preisentwicklung "sehr genau" und prüfe geeignete Maßnahmen. Wie diese konkret aussehen könnten, bleibt vorerst offen.
Für Verbraucherschützerin Ramona Pop geht es bei der Debatte auch um soziale Gerechtigkeit: "Eine gesunde, nachhaltige und abwechslungsreiche Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein."