Naturkatastrophenbericht: Münchner Versicherer zieht Bilanz

Naturkatastrophenbericht:Warnsignale aus den Bergen

Redakteur Peter Aumeier, ZDF-Landesstudio Bayern.
von Peter Aumeier
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Waldbrände in den USA, Felsstürze in den Alpen - der Münchner Versicherer Munich Re bilanziert Schäden von 131 Milliarden im ersten Halbjahr. In den bayerischen Alpen reagiert man.

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Es ist eine gigantische Summe: 131 Milliarden US-Dollar an Schäden durch Naturkatastrophen weltweit, allein im ersten Halbjahr 2025. Dabei verursachten die Feuer bei Los Angeles im Januar den höchsten Waldbrandschaden aller Zeiten.
"Diese 131 Milliarden Dollar an Schäden, das ist höher als im langjährigen Schnitt", sagt Tobias Grimm, Klimaexperte der Munich Re: "Für uns als Versicherungsindustrie waren es sogar 80 Milliarden Dollar. Das ist der zweithöchste Wert, den die Versicherungsindustrie jemals registriert hat."
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Schäden durch Naturkatastrophen: Regionale Auswirkungen oft enorm

Neben den großen und teuren Naturkatastrophen zeichne sich ein neuer Trend ab: "Manchmal sind es eben nicht die großen Einzelkatastrophen, sondern die vielen lokalen Ereignisse. Das Grundrauschen wird lauter. Wir sehen immer mehr an lokalen Unwetterereignissen. Viele Menschen spüren das auch."
Bei einem Gesamtschaden von 131 Milliarden wirke die Schadenssumme von 5 Milliarden US-Dollar allein in Europa fast schon gering, meint der Experte. Dennoch seien die regionalen Auswirkungen oft gravierend - vor allem in den sensiblen Hochgebirgsregionen der Alpen.
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Klimaresilienz im Alpenraum aufbauen

Besonders deutlich wurde dies im Mai im Schweizer Lötschental, wo ein massiver Bergsturz Millionen Tonnen Schutt und Eis ins Tal schleuderte. Das Dorf Blatten wurde fast vollständig verschüttet. Ein Großteil der Schäden war versichert.
Wissenschaftler sehen in solchen Ereignissen eine direkte Folge der Erderwärmung: Schmelzende Gletscher und auftauender Permafrost destabilisieren Berghänge und erhöhen das Risiko von Fels- und Geröllabgängen. Auch in Norditalien und Süddeutschland kam es zu schweren Unwettern.




Die Aufgabe für Verantwortliche sei klar: Besonders die Menschen im Alpenraum müssten sich auf den Klimawandel einstellen. Das Fachwort dafür: Klimaresilienz, also, wie gut können Menschen, Städte oder die Natur künftig mit den Folgen des Klimawandels umgehen und sich gegebenenfalls auch anpassen.
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Gemeinden in den Alpen reagieren

Ein konkretes Beispiel für notwendige Klimaanpassung findet sich oberhalb von Garmisch-Partenkirchen. Dort baut das Wasserwirtschaftsamt Weilheim am Ferchenbach ein neuartiges Schutzbauwerk - ein sogenannter Wildholzrechen, also ein Gitterbauwerk, das Treibholz zurückhält. Ziel: Die Menschen und die Ortschaft vor zerstörerischen Fluten und Treibholzlawinen zu schützen.
Obwohl unscheinbar, gilt der Wildbach oberhalb von Garmisch-Partenkirchen als gefährlicher. "Wir haben speziell am Ferchenbach das Problem, dass wir beidseitig vom Bach rutschgefährdete Hänge haben", erklärt Horst Hofmann, Sachgebietsleiter Wasserbau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. "Beim Hochwasser gräbt der Bach an den Hangflanken, die Hänge fangen zu rutschen an. Die Bäume werden mitgerissen und mit dem Abfluss raus transportiert." Die Gefahr sei real.
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Umfassende Strategie zur Klimaanpassung

Das zeigen die Ereignisse vom 12. Juni 2018. Ein schweres Unwetter hatte zahlreiche Bäume entwurzelt und mitgerissen. Das Holz blockierte den Bachlauf und löste eine plötzliche Flutwelle aus. "Es geht tatsächlich um Leib und Leben", betont Hofmann. "Es hat ja einen Toten gegeben bei dem Ereignis 2018. Die große Befürchtung ist, dass bei einem lokalen Ereignis etliche Leute in der Klamm betroffen sind oder ums Leben kommen."
Das Projekt ist Teil einer umfassenden Strategie zur Klimaanpassung. "Wir rechnen bei unseren Baumaßnahmen mit dem Klimazuschlag", sagt Hofmann. "Auf das hundertjährliche Hochwasser werden 15 Prozent auf den Abfluss draufgeschlagen." Doch das könnte bald nicht mehr reichen.

Im Alpenraum, speziell im Landkreis Garmisch, werden sich die Niederschläge deutlich nach oben schrauben. Vielleicht müssen wir künftig mit 30 oder sogar 40 Prozent rechnen.

Horst Hofmann, Sachgebietsleiter Wasserbau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen

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Klimatologe: Schadenprävention betreiben

Auch der Chefklimatologe der Munich Re, Tobias Grimm, rechnet mit weiterhin steigenden Schäden. "Es gibt keine Entwarnung. Unwetterschäden nehmen weiterhin zu". Dabei verweist er auf die Klimaanpassung, also auf Prävention: "Es gibt zahlreiche Studien, die aufzeigen, dass Investitionen in Schadenprävention, also in Anpassung, sich auszahlen und derartig amortisieren, dass man hinterher weniger Schäden bezahlen muss.
Im Oktober dieses Jahres soll der sogenannte "Wildholzrechen" am Ferchenbach fertig sein, Kostenpunkt: 2,75 Millionen Euro. Investitionen in die Zukunft, die sich rechnen könnten.
Peter Aumeier ist Redakteur im ZDF-Landesstudio München.

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