Influencer unter Verdacht: Steuerhinterziehung in Millionenhöhe?
Finanzkriminalität in NRW:Wie Steuerfahnder gegen Influencer ermitteln
von Alida Kehlenbach und Ralph Goldmann
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Offenbar nehmen viele Influencer ihre Steuerpflichten nicht so genau. Die Behörden in NRW ermitteln. Um welche Summen es geht und wie die Chancen der Steuerfahnder stehen.
Es geht um Millionenbeträge. Die deutsche Influenzer-Szene ist in Aufruhr. Steuerfahnder ermitteln in Verdachtsfällen.
Quelle: dpa
Pietro Lombardi macht sich über seine Verlobte Laura Maria Rypa lustig. Sie reiche nämlich selbst Ein-Euro-Parkbelege bei ihrem Steuerberater ein. Für Lombardi scheint das etwas überzogen. Das erzählte die Influencerin ihren Followern auf Instagram.
Inzwischen steht Laura Maria Rypa offenbar unter dem Verdacht, Steuern hinterzogen zu haben. Nach eigenen Angaben ist die 29-Jährige auf einer Liste des Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität NRW (LBF NRW) zu finden. Sie selbst betont ihre Unschuld.
NRW-Finanzermittler melden einen Steuerbetrug von 300 Millionen Euro durch nicht versteuerte Einnahmen von Social Media-Influencer. Auch weitere Bundesländer sind betroffen.18.07.2025 | 1:34 min
Ich bin der reinste Mensch, was Steuern zahlen angeht. Ich habe damit nichts zu tun.
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Laura Maria Rypa, Influencerin
In der Szene sorgt die Ankündigung der Behörde, Influencer genauer unter die Lupe zu nehmen, für Aufregung. LBF-Leiterin Stephanie Thien wirft vielen von ihnen vor, ihre Gewinne nicht ordentlich versteuert zu haben.
Es gibt bei den großen Social-Media-Profilen Akteurinnen und Akteure, die mit hoher krimineller Energie jegliche Steuerverpflichtung zu umgehen versuchen.
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Stephanie Thien, Leiterin LBF NRW
Dabei geht es beispielsweise um Honorare aus Provisionen oder Werbeeinnahmen, aber auch um geldwerte Vorteile wie Geschenke. Ab einer bestimmten Einkommensgrenze müssen auch Influencer auf Einnahmen Gewerbe- und Umsatzsteuer zahlen. Doch viele umgehen dies offenbar: Der Schaden soll alleine in NRW bei etwa 300 Millionen Euro liegen.
Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit hält diese Zahl für zu hoch gegriffen. Die Einnahmen der meisten Influencer seien nicht so groß. Zudem sei die Beweisführung schwer, weil solche grenzüberschreitenden Geschäfte nur schwer nachzuweisen seien.
Man kann nicht sagen, dass jetzt die Milliarden nur so sprudeln. Da müsste man sich andere Steuerbereiche anschauen.
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Christoph Trautvetter, Netzwerk Steuergerechtigkeit
Die großen Fische vermutet er eher in der organisierten Finanzkriminalität. Trautvetter sieht in den Ermittlungen vor allem ein Signal an die Szene.
Giltzer, Gangster, Geldwäsche: Kriminelle aus aller Welt investieren im Glitzer-Emirat Dubai Millionenbeträge dubioser Herkunft, um Strafverfolgung und Sanktionen zu entgehen.25.09.2024 | 12:51 min
Mit diesen Bemühungen können jetzt auch andere Bundesländer von den Erfahrungen in NRW profitieren und dieser Steueroase Internet jetzt mit etwas Verspätung doch noch Herr werden.
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Christoph Trautvetter, Netzwerk Steuergerechtigkeit
Viele Influencer verlegen offenbar nur zum Schein ihren Wohnsitz nach Dubai, arbeiten aber hauptsächlich in Deutschland weiter und zahlen hier keine Steuern. Die Ermittler hätten es vor allem auf besonders erfolgreiche Influencer abgesehen, die im Monat mehrere zehntausend Euro verdienten, so Thien. Im Durchschnitt gehe es dabei um einen fünfstelligen Betrag, der den Steuerämtern fehle. In Einzelfällen um Betrug in Millionenhöhe.
Wir haben ja schon mehrere Verfahren geführt, das sind schon einige Hundert, und da hatten wir alles dabei, von kleinen Fischen bis zu etwas größeren Fischen.
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Stephanie Thien, Leiterin LBF NRW
Gesundheitstipps auf Social Media: Medizin-Influencer sind im Trend! Doch es gibt auch unseriöse "Medfluencer", die bewusst für unseriöse Produkte und Heilmittel werben.22.05.2025 | 3:01 min
Steuerfahnder: Mehr als 6.000 Datensätze ausgewertet
Die Steuerfahnder haben laut eigenen Angaben mehr als 6.000 Datensätze in sozialen Medien ausgewertet. Die wiesen darauf hin, dass auf Gewinne keine Steuern gezahlt wurden. Ein Problem ist vor allem, dass viele Inhalte, zum Beispiel in Instagram-Storys, nach 24 Stunden wieder verschwinden. Beweise gehen damit verloren.
Laura Maria Rypa sieht dem Ganzen betont gelassen entgegen und gibt ihren Followern auch noch einen Tipp mit auf den Weg:
Macht eure Steuern immer ordentlich, immer sauber, dann habt ihr auch keine Probleme.
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Laura Maria Rypa, Influencerin
Die Behörden gehen davon aus, dass sich der ein oder andere Influencer selbst anzeigen wird.
Alida Kehlenbach und Ralph Goldmann berichten aus dem ZDF-Studio in Nordrhein-Westfalen.