Arbeitnehmer-Studie: Motivations-Tief in deutschen Unternehmen

Engagement im Job schwindet:Motivations-Tief in deutschen Unternehmen

von Sybille Schultz
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Eine neue Studie zeigt: Jeder Vierte macht nur noch "Dienst nach Vorschrift". Die Motivation im Beruf sinkt seit Jahren - mit gravierenden Folgen für Unternehmen und Wirtschaft.

(Symbolbild) Mann mit verschränkten Armen.
Motivationskrise im Job: Immer mehr Beschäftigte verlieren den Antrieb (Symbolbild).
Quelle: colourbox.de

Jeder Vierte (28 Prozent der Beschäftigten) machte im Jahr 2024 lediglich "Dienst nach Vorschrift", heißt es in der Jobstudie der Unternehmensberatung EY. Eine Entwicklung, die Sorgen macht und sich seit Jahren fortsetzt. Im Auftrag der Funke Mediengruppe wurden für die Studie 2.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland repräsentativ befragt.
72 Prozent der Beschäftigten bezeichneten sich demnach als motiviert. Deutlich geschrumpft ist in den vergangenen sechs Jahren die Gruppe der hochmotivierten Arbeitnehmer. Als solche bezeichneten sich 2024 nur noch 18 Prozent der Befragten. Zum Vergleich: 2021 waren es 28 Prozent; im Jahr 2019 sogar 42 Prozent.
Bärbel Bas
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"Es geht wirtschaftlich einfach nicht voran"

Nur gut jeder Dritte (34 Prozent) gab 2024 hingegen an, im Job "uneingeschränkt zufrieden" zu sein. Im Vergleich zu 2023 ist das jedoch ein leichter Anstieg um drei Prozentpunkte. 15 Prozent sagten aktuell, "eher unzufrieden" oder "unzufrieden" zu sein.
Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung kann die Entwicklung nachvollziehen:

Es wirkt demotivierend, wenn man immer nur externem Druck ausgesetzt ist.

Enzo Weber, Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Man habe das schon durchaus vor Corona gemessen, so der Wirtschaftswissenschaftler. "Und jetzt haben wir eine Situation, in der die wirtschaftliche Stimmung insgesamt nicht gut ist, in der Entwicklungsperspektiven schlechter werden und in der man insgesamt das Gefühl hat, es geht wirtschaftlich einfach nicht voran."
Ein Transparent mit dem Aufdruck «Sichere Renten statt Zocken an der Börse!» und Fahnen bei einer Veranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum 1. Mai
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Verluste und Personalmangel drohen

Jan-Rainer Hinz, Arbeitsdirektor der EY-Unternehmensberatung, warnt vor den Folgen niedriger Motivation. "Durch das nicht genutzte Potenzial verlieren Unternehmen kurz- und mittelfristig Milliarden Euro an Umsatz."

Langfristig droht zusätzlich ein Fachkräfteverlust. Denn wer an seinem Arbeitsplatz dauerhaft nicht zufrieden ist, wird sich nach Alternativen auf dem Arbeitsmarkt umschauen.

Jan-Rainer Hinz, Arbeitsdirektor der EY-Unternehmensberatung

Unmotivierte Arbeitnehmer - woran liegt das?

Vergleichsweise hoch war die Motivation der Angestellten im öffentlichen Dienst. Knapp jeder Vierte (24 Prozent) bezeichnete sich als hoch motiviert. In der freien Wirtschaft und bei Verbänden lag die Zustimmung hingegen nur bei 17 Prozent.
Als "überraschend" bezeichneten dies die Autoren der Studie. Für Arbeitsmarktforscher Enzo Weber hingegen ist das durchaus plausibel. Es könne zum einen an den Arbeitsbedingungen liegen, die im öffentlichen Dienst oft überproportional gestaltet seien.
Zum anderen könne es mit der empfundenen Sinnhaftigkeit der Arbeit zu tun haben:

Im öffentlichen Dienst gibt es viele Jobs, die sich um das Gemeinwohl drehen und dementsprechend arbeiten da wahrscheinlich auch Menschen, die sich auch dafür einsetzen möchten.

Enzo Weber, Arbeitsmarktforscher

Auszubildender im Steinmetz-Handwerk, bearbeitet im ·Makerspace" des Wiesbadener Handwerks eine Sandstein-Stele.
Gegen den Fachkräftemangel: Junge Auszubildende nutzen Social Media, um für ihren Beruf zu begeistern. Sie zeigen, was eine Ausbildung attraktiv macht.28.02.2025 | 1:36 min

Was Arbeitnehmer motiviert

Auf die wirtschaftliche Stimmung können die einzelnen Arbeitgeber wenig einwirken. Doch wie können sie ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motivieren? Arbeitsmarktforscher Weber rät zu mehr Selbstbestimmtheit sowie individueller Gestaltung von Arbeitszeit und Arbeitsinhalten.
Zugleich warnt er vor Gerechtigkeitsdebatten. Man müsse nicht jedem dasselbe bieten. Es gehe vielmehr darum auf die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse einzugehen. "Sobald wir jedem für seine Situation etwas Angemessenes bieten, dann sind Arbeitnehmer durchaus einverstanden, dass andere etwas anderes bekommen", so Weber.

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