Tischtennis: Wie steht es um den Nachwuchs in Deutschland?

Bertelsmeier, Griesel und Co.:Wie steht es um den deutschen Tischtennis-Nachwuchs?

von Sebastian Ungermanns

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Der deutsche Tischtennis-Sport war in den letzten Jahren erfolgsverwöhnt. Wie sieht die Zukunft aus? Welche Herausforderungen müssen bewältigt werden?

Tischtennis-Spieler André Bertelsmeier beim Aufschlag

Deutsche Zukunftshoffnung im Tischtennis: Andre Bertelsmeier

Quelle: ddp | Revierfoto

Es geht wieder um Gold, Silber und Bronze bei der Team-EM. Mit dabei: zwei deutsche Teams, jeweils eines bei den Männern und Frauen. Beide sind Medaillenanwärter. Doch beim genaueren Hinsehen zeigt sich: Beide Mannschaften stehen vor ganz eigenen Herausforderungen.

Drei der fünf Männer haben die 30 bereits überschritten. Die Frauen dagegen bringen zwei Top-Talente mit nach Zadar.

Die Lücke hinter der goldenen Generation

Bei den Männern sei die Situation "herausfordernd, aber nicht hoffnungslos", sagt DTTB-Sportdirektor Richard Prause. Nach der goldenen Generation um Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov oder Dang Qiu ist die Spitze dünner geworden.

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Der größte Hoffnungsträger heißt Andre Bertelsmeier. Der 19-Jährige hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt und steht bereits in den Top 100 der Weltrangliste. "Andre ist ein Spieler mit Plan", sagt Prause.

Er arbeitet extrem professionell, reflektiert und wird stetig besser.

DTTB-Sportdirektor Richard Prause über Andre Bertelsmeier

Die Männer-Talente neben Bertelsmeier sind noch nicht so weit, wie der 19-Jährige. Doch Prause gibt sich gelassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein deutscher Spieler spät noch den Sprung in die Weltklasse schafft. "Entwicklung braucht Zeit", betont der Sportdirektor.

Späte Entwicklung keine Seltenheit

Zeit, die man in Deutschland bekommt - und dieses Konzept bewährt sich schon länger. Benedikt Duda, deutscher Spitzenspieler bei der Team-EM in Zadar, ist der beste Beweis.

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Der 31-Jährige war bis letztes Jahr ein solider Top-40-Spieler, ehe er spät noch einmal zulegte. Heute steht er auf Rang acht der Welt. "Das zeigt, dass man im deutschen System Geduld braucht", sagt Prause.

Wir bilden keine Spieler aus, die mit 18 fertig sind, sondern mit 25 stabil sind - mental, technisch, körperlich. Das ist unser Weg.

DTTB-Sportdirektor Richard Prause

Auch Europameister Dang Qiu machte den entscheidenden Schritt erst mit 22, Patrick Franziska sogar noch später. Beide gehören heute zur Weltspitze. Prause nennt das augenzwinkernd den "zweiten Bildungsweg."

Prause: "In der Weltspitze zählt jedes Jahr"

"In China oder Japan spezialisieren sich Kinder viel früher", erklärt er. "Wir wollen, dass sie Menschen bleiben, keine Maschinen. Aber das kostet Zeit - und in der Weltspitze zählt jedes Jahr."

Auch die Bedeutung eines Schul- oder Studienabschlusses spielt in Deutschland eine Rolle. Das verlängert den Weg, macht ihn aber nachhaltiger.

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Mia Griesel hat schon vorgesorgt. Die 19-Jährige gilt neben Annett Kaufmann als eine der größten Nachwuchshoffnungen bei den Frauen. "Ich bin jetzt bei der Bundeswehr und bekomme da große Unterstützung. Das hilft mir enorm, weil ich so den Kopf frei habe für den Sport", sagt sie.

Viele Talente bei DTTB-Frauen

"Langfristig möchte ich ein Fernstudium machen, damit ich nach dem Sport nicht bei null anfange." Mit dieser Sicherheit im Hinterkopf kann sie sich ganz ihrem Sport widmen. Bei den DTTB-Frauen stehen einige junge Talente bereit.

Wir haben derzeit eine ganze Reihe junger Spielerinnen mit echtem Weltklassepotenzial.

DTTB-Sportdirektor Richard Prause

Eine Garantie für eine goldene Generation, wie es sie bei den Männern gab, ist das aber nicht.

Portraitfoto der Frauen-Tischtennis-Nationalmannschaft

Teil des Teams bei der EM in Zadar: Mia Griesel (l.)

Quelle: dpa | Rolf Vennenbernd

Sprung in den Erwachsenenbereich "brutal schwierig"

"Der Sprung vom Jugend- in den Erwachsenenbereich ist brutal schwierig", erklärt Prause. Wieso? "Im Jugendbereich gehört man vielleicht zu den Besten, zu den Top 10 oder Top 20 in der Welt. Das ist im Erwachsenenbereich am Anfang anders, da verliert man öfter", sagt Mia Griesel.

Man fängt nicht bei null an, aber man muss schon damit rechnen, dass es ab und zu ein bisschen deprimierender wird.

Nachwuchsspielerin Mia Griesel

Motivation aus Niederlagen schöpfen

So eine Niederlage muss aber nicht nur erschöpfend sein. Griesel hat aus ihnen Motivation gezogen, weiterzuarbeiten - an sich und ihrem Spiel. Ehrgeiz ist auf dem Weg zum Profi besonders wichtig. "Ohne den geht’s im Leistungssport nicht", so Griesel. "Man muss auf vieles verzichten - auf Feiern, Treffen, Freizeit."

Um den harten Trainingsalltag durchzuziehen, hilft es, klare Ziele vor Augen zu haben. "Olympia wäre natürlich schon so ein Träumchen", lacht die 19-Jährige. "Oder eine WM-Medaille - das wäre auch okay."

Erst einmal gilt es aber, bei der Team-EM in Zadar Erfahrungen zu sammeln. Gemeinsam mit den anderen Talenten will Griesel dafür sorgen, dass Deutschland auch in Zukunft über Erfolge im Tischtennis jubeln kann.

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Quelle: Reuters

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