Tom Kiesler für Island-Spiele nominiert:Die Rückkehr des Abwehr-Spezialisten ins DHB-Team
von Erik Eggers
Mit Tom Kiesler nominiert Bundestrainer Alfred Gislason nach langer Zeit wieder einen reinen Abwehrspezialisten. Der Debütant fügt sich in einen Gummersbacher Mittelblock ein.
Tom Kiesler vom VFL Gummersbach gilt als Abwehrspezialist und könnte für Bundestrainer Alfred Gislason eine wertvolle Alternative für die Handball-EM im Januar 2026 darstellen.
Quelle: ImagoDie Spezies galt im Handball eigentlich als ausgestorben. Das moderne Spiel, das blitzschnelles Umschalten von Angriff auf Abwehr erfordert, um leichte Gegentreffer zu vermeiden, verbietet an sich den Einsatz von reinen Abwehrspezialisten.
Die letzten großen Vertreter ihrer Art im deutschen Handball waren Klaus-Dieter Petersen (am Ende seiner Karriere) und Oliver Roggisch, der rustikale Haudegen aus der Weltmeistertruppe von 2007.
Deutschlands Handballer läuten heute den EM-Countdown ein. In Nürnberg trifft das DHB-Team im ersten von zwei Testspielen auf Island. Für Juri Knorr ist es eine ganz besondere Partie.
30.10.2025 | 1:21 minNun aber hat Bundestrainer Alfred Gislason mit Tom Kiesler, 24, exakt einen solchen Mann für die Testspiele gegen Island am Donnerstag in Nürnberg (19.30 Uhr im ZDF-Livestream) und am Sonntag in München (17.45 Uhr im ZDF-Livestream) nominiert. Das Torewerfen gehört nicht zu herausragenden Eigenschaften des nominellen Rückraumspielers. Magere vier Treffer hat der Halblinke bisher in elf Spielen erzielt.
Kiesler in Gummersbacher Mittelblock gut eingespielt
Es sind insbesondere die Fähigkeiten des gebürtigen Gummersbachers im Abwehr-Mittelblock, die ihn für den Bundestrainer zu einem "sehr interessanten Spieler" machen. Kiesler sei, urteilt Gislason, mit seinen Nebenleuten Julian Köster und Miro Schluroff beim VfL Gummersbach "vor allem in der Abwehr sehr eingespielt", begründete der 66-jährige Isländer die überraschende Nominierung des Debütanten.
Im Gespräch mit dem Handball-Bundestrainer Alfred Gislason spricht Florian Zschiedrich über die Vorbereitung für die Handball-EM, unter anderem über den Kaderumbruch und Ziele für die EM.
29.10.2025 | 4:23 minSein Schützling habe zuletzt "unglaubliche Leistungen" im Vereinstrikot gezeigt, lobte ihn VfL-Coach Gudjon Valur Sigurdsson ungewohnt überschwänglich. Kiesler hatte bereits im erweiterten Kader für die Olympischen Spiele 2024 gestanden, aber eine schwere Knieverletzung hatte seine Hoffnungen auf ein früheres Debüt zerstört. "Nach dem vergangenen Jahr mit den vielen Rückschlägen freue ich mich sehr über die Einladung", sagt er nun.
Kiesler mit guten Chancen für EM-Einsatz
Die Chancen von Kiesler für einen Einsatz bei der EURO 2026 in Dänemark sind tatsächlich nicht gering. Denn der 1,91 Meter große Profi agiert außerordentlich geschickt in der umkämpften Zone des Mittelblocks, in der es gegen den gegnerischen Kreisläufer um jeden Zentimeter geht.
Herausragend sind insbesondere seine antizipativen Fähigkeiten, wenn es um die faire Aufnahme der gegnerischen Regisseure geht, wie er zuletzt im Ligaspiel gegen den THW Kiel zeigte, als er den formstarken Färinger Elias Ellefsen á Skipagotu nahezu neutralisierte. Auch beim überraschenden Heimsieg gegen den Meister Füchse Berlin hatte Kiesler geglänzt.
Abwehrchef Golla braucht Pausen
Gesetzt ist in der Abwehrzentrale der DHB-Auswahl freilich Kapitän Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), der normalerweise mit Julian Köster das Gespann im wilden Getümmel bildet. Als dritter Mann gilt bisher der ebenfalls noch junge Kreisläufer Justus Fischer; der aufstrebende Hannoveraner sammelte bei den letzten drei Turnieren bereits wichtige Erfahrungen, soll aber gegen Island geschont werden, nachdem er zuletzt krankheitsbedingt vorzeitig vom Parkett musste.
Sollte Kieslers Superform aber anhalten, könnte Gislason das aktuelle Gummersbacher Modell kopieren, in dem Köster auf der Halbposition verteidigt und damit wichtige Körner für seine Aufgaben im halblinken Angriff spart. Auch ist Gislason völlig bewusst, wie wichtig es ist, seinem wichtigsten Mann Golla im Verlauf großer Turniere größere Pausen zu gewähren. Das war zuletzt nicht der Fall, weshalb Golla zum Beispiel im verlorenen WM-Viertelfinale 2025 gegen Portugal ausgepumpt wirkte.
Kiesler erweitert strategische Optionen im DHB-Team
Kurzum, ein Kiesler in der aktuellen Form würde die strategischen Möglichkeiten Gislasons für die kommende EURO und auch für den folgenden Höhepunkt, die Heim-WM 2027, enorm erweitern. Dafür nähme der Bundestrainer auch die Kritik gern in Kauf, auf eine ausgestorbene Spezies zu setzen und damit der Moderne des Handballs nicht zu entsprechen.
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