Fußballerin Pfluger: "Überlebt zu haben, ist mein größter Sieg"

Fußballerin Anja Pfluger:"Überlebt zu haben, ist mein größter Sieg"

von Peter Mayer
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Anja Pfluger hat ihre Karriere am Sonntag beendet - mit einem Spiel bei ihrem Herzensverein. Die 31-Jährige hat als Teenagerin mit viel Lebensmut zwei Mal den Krebs besiegt.

Anja Pfluger (SGS Essen, 21) beim Aufwaermen.
Anja Pfluger (SGS Essen) vor dem letzten Spiel ihrer Karriere - bei ihrem Herzensverein FC Bayern.
Quelle: Imago

Mit knapp über 30 Jahren sind Fußballer und Fußballerinnen noch lange nicht im Rentenalter. Sie unterschreiben neue Verträge, wechseln nochmals den Verein oder gehen für ein letztes großes Karriere-Abenteuer ins Ausland. Nicht so Anja Pfluger.

Familie und Freunde extrem wichtig für Pfluger

Die 31-Jährige von der SGS Essen hat am Wochenende ihre aktive Laufbahn beendet. Ein Schritt, den sie ganz bewusst gewählt hat. "Ich freue mich, nun mehr Zeit zu haben am Wochenende, mehr Zeit mit der Familie zu verbringen, bei Familienfeiern dabei zu sein", sagt Pfluger gegenüber ZDFheute.
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Denn gerade ihre Familie und ihre Freunde sind Pfluger extrem wichtig: "Ohne sie hätte ich das zu 100 Prozent nicht geschafft." In schweren Zeiten "haben sie mir sehr viel Rückhalt gegeben". Und schwere Zeiten hat Pfluger in ihrem Leben wahrlich durchleben müssen.

Pfluger erkrankte als Jugendliche an Leukämie

Zwei Mal bekam sie als Jugendliche die Diagnose Leukämie, Blutkrebs. Zum ersten Mal mit 14, dann erneut mit 16 Jahren. Ihre Karriere als Fußball-Profi war zu diesem Zeitpunkt schon längst im Gange. Gerade die zweite Schocknachricht kurz vor ihrem 16. Geburtstag erwischte sie in einer Phase, in der sie sich mit der U-Nationalmannschaft auf ein großes Turnier freute. "Als die Diagnose kam, wusste ich: Das wird wohl nichts. Aber daraus habe ich dann die Kraft gezogen, mir zu sagen, dass ich beim nächsten Mal dabei bin."
Diese Einstellung bestimmt seither Pflugers Leben. "Niemals aufgeben, immer weitermachen, das Positive sehen", rät sie anderen Menschen, die in vermeintlich ausweglosen Situationen festsitzen. "Man sollte sich ein Ziel setzen, das man unbedingt erreichen möchte." Bei ihr war das der Fußball, der sie in ihren Gedanken immer begleitete und sie sich deswegen sicher war, dass sie wieder zurückkommen werde. Ihr größter Sieg sei es, "überlebt zu haben", sagt sie.

Treffen mit Knochenmarksspenderin ein "toller Moment"

Ihr Überleben und damit ihre Rückkehr in den Fußball wären ohne eine Knochenmarksspende nicht möglich gewesen. Ihre Spenderin, eine US-Amerikanerin, hat sie 2018 auch getroffen, an Weihnachten in deren Wahlheimat Puerto Rico. "Das war ein toller Moment", so Pfluger, "aber nicht wirklich greifbar, weil man die Person nicht kennt".
Im Laufe des Treffens habe sich alles in Wohlgefallen aufgelöst, erzählt sie.

Wir haben beide dann auch geweint, das war schon krass.

Anja Pfluger über die Begegnung mit ihrer Spenderin

Die Begegnung habe sie sehr gestärkt, weil "man weiß, es geht immer irgendwie weiter". Der Kontakt zu ihrer Lebensretterin ist bis heute nicht abgebrochen.

"Frauenfußball ist auf dem richtigen Weg"

Pfluger gilt als geheilt und plant nun also ihren nächsten Schritt, auf den sie schon lange vorbereitet ist. Die studierte Sportwissenschaftlerin arbeitet seit über einem Jahr am Internationalen Fußball-Institut (IFI) in Ismaning bei München in Bereich der Aus- und Fortbildung.
Die SGS Essen feiert ihren Derbysieg gegen den MSV Duisburg.
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Ebenso fungiert sie am IFI als Schnittstelle zum professionellen Fußball der Frauen, dessen Entwicklung sie positiv beurteilt. "Der Frauenfußball ist auf dem richtigen Weg. Es hat sich schon einiges getan, auch in finanzieller Hinsicht." Sie sieht dort allerdings noch Handlungsbedarf, ebenso bei den Trainingsbedingungen.

Es müssen sich Strukturen ändern, dass alle die gleichen Bedingungen haben.

Anja Pfluger über Frauen-Fußball

Pfluger bleibt dem Fußball erhalten

Sie selbst möchte ihren Beitrag dazu leisten. Am liebsten als Co-Trainerin, wie sie verrät, auch gerne im Bereich Videoanalyse. Dazu möchte sich noch ein paar Trainerlizenzen machen. Fakt ist: Pfluger bleibt dem Fußball in jedem Fall erhalten, wenn auch nicht mehr auf dem Rasen.
Vermissen wird sie "ihre Mädels" - und die tägliche Arbeit im Training. "Es wird schon eine große Umstellung werden nach 23 Jahren im Geschäft", so Pfluger. Ein guter Anfang des neuen Abschnitts war schon mal das sanfte Ende ihrer aktiven Laufbahn mit einem Spiel gegen ihren Herzensverein FC Bayern, für den sie die meiste Zeit ihrer Karriere am Ball war. "Das war Schicksal. Ein schöneres Ende kann man sich unter dem Strich gar nicht vorstellen."

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Quelle: Reuters

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