Prokrastination besiegen: Mit Psychologie zu mehr Motivation

Aufschieberitis überwinden:Tipps gegen das Prokrastinieren

von Sophie Burkhart
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Unliebsame Aufgaben aufschieben und auf den letzten Drücker erledigen - das kennen viele. Doch gegen Aufschieberitis lässt sich etwas tun. Vier Tipps, die weiterhelfen.

Schlagworte zum Thema Prokrastination liegen auf einem Untergrund.

"Ein andermal", "später", "irgendwann": Kennen Sie das auch? So schieben Sie Aufgaben nicht mehr auf.

Quelle: Imago / Steinach

Auf dem Schreibtisch stapeln sich die Papierberge, die Steuererklärung müsste dringend gemacht werden und morgen ist schon die Abgabe für die Seminararbeit. Doch statt sich rechtzeitig um die Aufgaben zu kümmern, schaut man lieber noch eine Folge der Lieblingsserie.

Dieses Phänomen kennen viele und es hat einen Namen: Prokrastination. Es handelt sich um das Aufschieben von Aufgaben, obwohl man eigentlich weiß, dass sie erledigt werden müssten.

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Welche Ursachen und Folgen hat Prokrastination?

Psychologieprofessorin Katrin Klingsieck forscht an der Universität Paderborn zum Thema Prokrastination. Ihr zufolge sei das Phänomen evolutionär bedingt.

Wir streben danach, dass es uns gut geht und schieben deshalb unschöne Aufgaben auf.

Prof. Dr. Katrin Klingsieck, Psychologin

Im ersten Moment sorge das für Erleichterung, sagt Klingsieck. Die negativen Konsequenzen kämen zwar erst später, dafür aber umso schlimmer: Gewissensbisse und Zweifel am Selbstwert, aber auch schlechte Noten oder gesundheitliche Einbußen, wenn Arzttermine ewig aufgeschoben würden.

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Auch perfektionistische Menschen prokrastinieren

Prokrastination betrifft fast jeden. Aber vor allem junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren neigen dazu, Aufgaben zu vertagen. Das zeigte eine Studie der Universität Mainz.

"Auch sehr perfektionistische Menschen tendieren zum Prokrastinieren", sagt Studienleiter Manfred Beutel. Sie säßen meist stundenlang vor einem leeren Blatt Papier, weil der erste Satz schon perfekt sein müsse.

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Prokrastinieren kann krankhaft sein

"Prokrastination selbst ist keine Krankheit, kann aber sowohl Ursache als auch Folge einer psychischen Erkrankung sein", sagt Stephan Förster von der Prokrastinationsambulanz in Münster.

Besonders trügerisch ist eine sogenannte Produktivitätsillusion, erklärt Psychologin Klingsieck. Statt der lästigen Steuererklärung macht man beispielsweise den Abwasch, um wenigstens das Gefühl zu haben, produktiv zu sein.

Ob das eigene Prokrastinieren pathologisch, also krankhaft ist, kann in der Psychotherapie geklärt werden. Die Prokrastinationsambulanz Münster hat dafür auch einen Selbsttest entwickelt.


Prokrastinieren lässt sich verlernen

Die gute Nachricht: "Prokrastination ist ein erlerntes Verhalten, das wir auch wieder verlernen können", sagt Förster. Diese vier Tipps können gegen Aufschieberitis helfen:

Tipp 1: Die eigene Prokrastination verstehen

Als erstes sollte man für sich selbst klären, warum man überhaupt prokrastiniert. Warum schiebe ich genau diese Aufgabe auf? Eine Selbstanalyse kann dabei helfen, an dem konkreten Grund zu arbeiten. Ist die Aufgabe zu schwer? Dann sollte man sie in Teilaufgaben herunterbrechen oder sich Unterstützung holen. Ist die Aufgabe langweilig? Dann kann man sich eine schöne Belohnung in Aussicht stellen, wenn man sie endlich erledigt hat.

Tipp 2: Realistisch planen

Die meisten Menschen nehmen sich viel zu viel vor, sagt Klingsieck. Da sei es nur logisch, dass man etwas aufschieben müsse. Man sollte sich deshalb immer fragen, wie viel Zeit man überhaupt zur Verfügung hat. "Wenn ich dann Dinge aufschiebe, fühlt sich das gar nicht mehr so schlimm an, weil ich es analysiert habe", so die Psychologin.

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Tipp 3: Pünktlich beginnen

Endlich anfangen, das fällt den meisten schwer. Klingsieck rät zu akustischen Signalen wie einem Wecker, um den Arbeitsbeginn zu markieren. "Was auch gut hilft, ist die 'Eat-the-Frog-Methode'." Dabei bringt man die schlimmste Aufgabe gleich am Morgen hinter sich und schluckt die Kröte. Danach startet man mit einem positiven Gefühl in die anderen Aufgaben.

Tipp 4: Erfolge feiern

Wer eine unliebsame Aufgabe hinter sich gebracht hat, sollte sich mit etwas Schönem belohnen, empfiehlt Klingsieck. Das könne das sein, was man eigentlich beim Prokrastinieren tun würde: Serie gucken, Insta-Reels schauen, auf dem Sofa rumhängen. Das steigere die Motivation für das nächste Mal.

Sich selbst nach Prokrastinieren vergeben

Und was tun, wenn es dann doch mal wieder passiert ist? "Wichtig ist, dass man sich selbst vergibt", sagt Katrin Klingsieck. Die Forschung zeigt: Prokrastinierer, die sich selbst vergeben, fühlen sich positiver und schieben nicht mehr so stark auf.

Sophie Burkhart ist Redakteurin im ZDF-Landesstudio Bayern.

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