Schlaganfall: Nachsorge senkt Risiko für erneuten Apoplex

Welt-Schlaganfalltag:Schlaganfall - Warum eine gezielte Nachsorge wichtig ist

von Julia Tschakert

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Nach einem Schlaganfall ist das Risiko für Komplikationen stark erhöht. Auch die Gefahr für einen erneuten Schlaganfall steigt. Wie eine gezielte Nachsorge das Risiko senken kann.

Eine Frau hilft einem Mann bei Krankengymnastik-Übungen.

Vor sechs Jahren erleidet Claus Derz einen Schlaganfall mit schweren Folgen. Was er mit Nachsorge bis heute erreicht hat.

29.10.2025 | 5:01 min

In Deutschland erleiden jährlich etwa 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Schätzungsweise 70.000 davon sind Rezidive, also erneute Schlaganfälle. Die Betroffenen leiden in der Folge häufig an dauerhaften körperlichen, geistigen und seelischen Einschränkungen.

Gerade in der ersten Zeit nach dem Schlaganfall sei das Risiko groß, einen weiteren zu erleiden, sagt Christopher Schwarzbach, Neurologe am Klinikum der Stadt Ludwigshafen.

Rund ein Drittel der erneuten Schlaganfälle geschehen im ersten Jahr.

Dr. Christopher Schwarzbach, Neurologe

Mit dem FAST-Test lässt sich ein Verdacht auf Schlaganfall überprüfen

Da jeder Schlaganfall individuell verläuft, sei es nicht möglich, eine zuverlässige Prognose für den Behandlungserfolg zu stellen, so Schwarzbach.

Was eine Rehabilitation nach dem Schlaganfall leisten kann

Viele Schlaganfall-Patienten kommen nach dem Aufenthalt in der Akutklinik in eine neurologische Rehabilitation (Reha), in der Regel stationär. Ziel ist es, Funktionen, die verloren gegangen sind, so weit wie möglich wieder herzustellen beziehungsweise zu lernen, verlorene Fähigkeiten zu kompensieren - etwa, indem man trainiert, die linke Hand zu nutzen, wenn die rechte eingeschränkt ist.

Dr. Christoph Specht am "Volle Kanne"-Tisch.

Wie Sie Symptome eines Schlaganfalls schnell erkennen und was im Notfall zu tun ist, erklärt Arzt und Medizinjournalist Christoph Specht.

29.10.2025 | 6:21 min

In der Reha kommen unter anderem Physio- und Ergotherapie, Logopädie, aber auch Diätberatung und Neuropsychologie zum Einsatz. Je nach Krankheitsbild variieren Art und Umfang der Behandlungen. Zudem spielt die Umstellung des Lebensstils eine wichtige Rolle, vor allem wenn es darum geht, Risikofaktoren zu reduzieren, um einen wiederholten Schlaganfall zu vermeiden.

Körperliche Fertigkeiten wiederzuerlangen, erfordert von den Betroffenen viel persönlichen Einsatz, Durchhaltewillen und die Bereitschaft zur ständigen Wiederholung, denn nur so kann das Gehirn neu lernen.

Stummer Schlaganfall

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"Zurück ins alte Leben" ist meist schwierig

Noch in der Reha wird häufig die ambulante Versorgung für zu Hause organisiert, denn viele Betroffene fühlen sich damit überfordert. Da eine Reha in der Regel nur drei Wochen dauert, reichen die Therapieeinheiten meist nicht aus, um alle Funktionen wiederherzustellen.

Die Schlaganfall-Nachbehandlung ist mit einer Rehabilitation nicht abgeschlossen.

Dr. Christopher Schwarzbach, Neurologe

Manche Funktionen bleiben für immer verloren. Viele Reha-Kliniken fördern deshalb während des stationären Aufenthaltes das Eigentraining und geben ihren Patienten bei der Entlassung "Hausaufgaben" mit.

Zu einer Reha-Anschlussbehandlung gehören auch Maßnahmen der sogenannten Sekundärprävention, um einen erneuten Schlaganfall zu verhindern. Es gilt zudem das Risiko für Folgeerkrankungen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln wie zum Beispiel Depressionen und Angststörungen.

Trainingseinheiten zu Hause und ambulante Therapien wie Physiotherapie oder Logopädie zählen ebenso dazu wie eine medikamentöse Prophylaxe. Auch ein hoher Blutdruck, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes können so behandelt werden. Denn: Bis zu 90 Prozent aller Schlaganfall-Patienten weisen Gefäßrisikofaktoren wie Bluthochdruck und erhöhte Cholesterinwerte auf.


Display eines Blutdruckmessgeräts mit den Messdaten 161 zu 85

Bis zu 70 Prozent aller Schlaganfälle könnten verhindert werden, wenn Risikofaktoren wie Bluthochdruck frühzeitig erkannt und behandelt würden.

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Nachsorge im häuslichen Umfeld ist oft problematisch

Die Nachsorge im häuslichen Umfeld gestalte sich oft schwierig, weil systematische Behandlungsstrukturen in Deutschland nicht gegeben sind, weiß Schwarzbach. Hier sieht der Experte Defizite. Diese seien auch im Rahmen einer Studie deutlich geworden, so Schwarzbach.

Die Nachsorge läuft aktuell unsystematisch über die Hausärzte.

Dr. Christopher Schwarzbach, Neurologe

Die Nachsorge über die Hausärzte müsse nicht unbedingt schlecht sein. Es sei aber transparent geworden, dass viele Bedürfnisse der Patienten nicht ausreichend berücksichtigt und behandelt werden können, erklärt der Neurologe.

Wichtige Tipps zur Prävention
:Einem erneuten Schlaganfall vorbeugen

Nach einem Schlaganfall steigt die Gefahr, dass er sich wiederholt. Die gute Nachricht: Betroffene können selbst viel tun, um das Risiko für einen zweiten Schlaganfall zu senken.
von Julia Zipfel
Ein Neurochirurg überprüft die Motorik der Hände bei einem Schlaganfall-Patient.
mit Video

Was strukturierte Nachsorge leisten kann

Schlaganfall-Patienten brauchen laut Schwarzbach ein strukturiertes Nachsorge-Programm. Dazu gehören ein zentral eingebundener Hausarzt, ein Neurologe, nicht nur in der Akutphase, sowie Internisten, Kardiologen und Psychiater. Ein solches Netzwerk für die Nachsorge zu spannen, sei auch Gegenstand der Untersuchung in der sogenannten SANO-Studie gewesen.

Die SANO-Studie hat untersucht, wie die ambulante Nachsorge nach einem Schlaganfall durch ein strukturiertes Programm optimiert werden kann.

An der Studie nahmen rund 2.800 Schlaganfall-Patienten in 30 Regionen teil, die in zwei Gruppen unterteilt wurden. Das Ergebnis: Bei den Teilnehmern der strukturierten Nachsorge konnten mehrere Gefäßrisikofaktoren nachweislich verringert werden.

Bei der Nachbeobachtungszeit, die ein Jahr dauerte, traten zudem seltener Todesfälle auf. Allerdings zeigte sich hier kein Unterschied bei der Rate der Schlaganfall-Rezidive oder Herzinfarkte. Dies könne jedoch an der Kürze der Nachbeobachtungszeit liegen.

Um langfristige Effekte zu ermitteln, sollen durch eine Folgestudie (SANO-EXTEND) umfassendere Ergebnisse ermittelt werden.


Einige Experten plädieren dafür, den Schlaganfall als chronische Erkrankung zu verstehen, die eine engmaschige und langfristige Kontrolle und Unterstützung benötigt. Sie fordern daher eine Aufnahme in ein sogenanntes Disease Management Programm, kurz DMP, das es bereits für chronische Erkrankungen wie Diabetes oder Koronare Herzkrankheit gibt.

Der Schlaganfall gehe laut Christopher Schwarzbach aber oft mit diesen Erkrankungen einher. Dadurch würde es zu Überschneidungen der Programme und das System an seine Grenzen kommen.

Julia Tschakert ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".

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Quelle: dpa

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