Weniger Intensivmedizin, dafür bessere Palliativversorgung?

Debatte um Versorgung Schwerkranker:Weniger Intensivmedizin, dafür bessere Palliativversorgung?

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Der Gesundheitspolitiker Streeck hat eine Diskussion über die Versorgung alter, schwerkranker Menschen entfacht. Wie die gelingen kann, erklärt ein Palliativmediziner.

Mehrere Schläuche, Infusionsbeutel und zwei Monitore sind neben einem Krankenbett angebracht.

Sehen Sie hier das Interview mit Palliativmediziner Prof. Martin Neukirchen.

16.11.2025 | 7:28 min

Mit seinen Aussagen zur medizinischen Versorgung alter, kranker Menschen hat der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck (CDU), eine weitreichende Debatte ausgelöst. Dabei geht es nicht allein um die Frage der Finanzierung, sondern vor allem darum, wie eine würdevolle Behandlung aussehen kann. Streeck kritisierte zuletzt, nicht selten würden Menschen "tot operiert". Außerdem hinterfragte er, ob sehr alte Menschen sehr teure Medikamente erhalten sollten. Dabei gehe es ihm aber nicht darum, zu sparen, sondern Patienten vor vermeidbarem Leid zu schützen.

Im Interview mit ZDFheute live erklärt der Palliativmediziner Martin Neukirchen vom Uniklinikum Düsseldorf, was es braucht, um schwerkranke Menschen umfassend zu versorgen.

Sehen Sie oben das ganze Interview im Video oder lesen Sie es hier in Auszügen.

Das sagt Martin Neukirchen zu der Frage …

… wie er als Palliativmediziner auf die Debatte blickt

Neukirchen fordert, Therapieentscheidungen stärker am Allgemeinzustand der Menschen auszurichten.

Wir müssen davon wegkommen, das Alter zu betrachten, sondern den allgemeinen Zustand der Patienten.

Prof. Martin Neukirchen, Uniklinikum Düsseldorf

Es gebe "sehr unterschiedliche Allgemeinzustände in verschiedenen Alterskategorien". Man müsse darauf schauen, wie der Allgemeinzustand der Patienten sei, wie viele Vorerkrankungen sie hätten. Das sei eine viel wertvollere Information, um eine gute Therapieentscheidung zu treffen, als schlicht nur das Alter zu betrachten.

Hendrik Streeck

Der Drogenbeauftragte Streeck sorgte kürzlich nicht nur mit seinen Aussagen zur Versorgung alter Menschen für Aufsehen, er warnte auch vor Abhängigkeit von Chemsex.

14.11.2025 | 1:07 min

… wie gute medizinische Versorgung aussehen kann

Laut Neukirchen braucht es dafür zwei Dinge: Zunächst sei es an den Ärzten und Ärztinnen, Behandlungsmaßnahmen erst zu ergreifen, wenn Nutzen und Risiken abgewogen wurden.

Das ist eine zutiefst ärztliche Entscheidung.

Prof. Martin Neukirchen, Uniklinikum Düsseldorf

Im Idealfall wüssten auch die Patienten, welche Therapieformen sie im Falle einer Erkrankung erhalten wollen. Neukirchen rät, früh über Behandlungswünsche zu sprechen und diese festzuhalten.

Es macht sehr viel Sinn, sich da vorher drüber Gedanken zu machen.

Prof. Martin Neukirchen, Uniklinikum Düsseldorf

Sinnvoll sei im Zuge dessen das Erstellen einer Patientenverfügung. Dieser Prozess könne auch professionell unterstützt werden.

hendrick-streeck

Der Drogenbeauftragte des Bundes, Hendrik Streeck, warnt vor einer neuen Drogenkrise in Deutschland. "Wir sehen deutschlandweit, dass immer mehr hochpotente Drogen auf den Markt kommen", so Streeck.

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… warum es sinnvoll ist, Palliativmedizin zu fördern

In der von Streeck ausgelösten Debatte geht es auch um die Kosten potenziell wenig aussichtsreicher Therapiemaßnahmen. Teile dieses Geldes könne man in den Ausbau der Palliativversorgung stecken, so der Mediziner. Die Finanzierung intensivmedizinischer Maßnahmen sei dann immer noch möglich.

Wir könnten den Menschen damit ein würdiges Sterben ermöglichen.

Prof. Martin Neukirchen, Uniklinikum Düsseldorf

Es gehe darum, Patienten umfassend zu behandeln und zu betreuen. Die Förderung der Palliativmedizin nutze vor allem den Menschen, die von intensivmedizinischen Maßnahmen oder Tumortherapien nicht mehr profitieren würden. Am Ende gehe es immer darum, ob "dieses konkrete Medikament für den Menschen wirklich den Nutzen bringt", der erhofft werde. Ärzte und Patienten müssten demnach stets gemeinsam abwägen, was die Ziele einer Therapie seien.

Das Interview führte Christina von Ungern-Sternberg für ZDFheute live. Zusammengefasst hat es ZDF-Redakteurin Merit Tschurer.

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Quelle: dpa

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