Koalitionsausschuss in Berlin:Streit um weniger Stromkosten - darum geht es
von Henriette de Maizière
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Union und SPD streiten über Entlastungen für alle bei der Stromrechnung, die eigentlich versprochen ist. Am Abend kommt der Koalitionsausschuss zusammen - darum geht's.
In Berlin kommt am Abend der Koalitionsausschuss zusammen. Ein Thema: Geringere Stromkosten für alle.02.07.2025 | 2:27 min
Worum geht es?
Viele hatten sich niedrigere Energiekosten von der neuen Bundesregierung erhofft. Versprochen hatten es Union und SPD immer wieder: Bei den Strompreisen können die Menschen durch das Absenken der Stromsteuer Entlastungen erwarten. Im Koalitionsvertrag steht, die Regierung werde ...
... als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken.
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Koalitionsvertrag CDU, CSU und SPD
Doch als Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) vergangene Woche den Haushalt vorstellte, bekam dieses Versprechen plötzlich einen kleinen Zusatz:
Wir verstetigen die Absenkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe.
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Lars Klingbeil, Bundesfinanzminister am 24. Juni 2025
Die aktuelle Stromsteuer von 2,05 Cent pro Kilowattstunde macht in etwa sieben Prozent der Stromrechnung aus. Eine Absenkung auf 0,1 Cent, wie versprochen, würde eine dreiköpfige Familie mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 4.000 Kilowattstunden um etwa 93 Euro entlasten.
Kommt die Stromsteuer-Senkung doch noch "für alle"? Die Koalitionäre wollen heute bei diesem und anderen Konflikten zu einer Einigung kommen. Wie die Chancen stehen: Wulf Schmiese.02.07.2025 | 2:06 min
Also keine Entlastung für alle?
Genau. Erst einmal nicht. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte dazu auf dem Tag der Deutschen Industrie:
Hier trifft dann sozusagen Koalitionsvertrag auf finanzielle Möglichkeit und Wirklichkeit.
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Katharina Reiche, Bundeswirtschaftsministerin am 24. Juni 2025
Mit der Vorstellung des Haushalts in der vergangenen Woche wurde also klar: Dafür fehlt das Geld. Stromsteuerentlastungen soll es nur für die Wirtschaft geben. Die Kritik daran ist laut und vielstimmig. Aus Verbänden, teilweise aus der eigenen Koalition und aus der Opposition.
Die versprochene Stromsteuerentlastung kommt nur für die Wirtschaft, Verbraucher gehen leer aus.29.06.2025 | 4:10 min
Was sagt die SPD?
Die Kritik traf zuerst die SPD, obwohl das Vorgehen abgestimmt war. Die SPD mahnt, man dürfe nicht in einen Streitmodus geraten wie in der Ampel-Regierung. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagt, er wolle nicht in diese Eskalationsspirale gehen. Es könne nicht sein, dass Kompromisse wieder angegriffen würden von den eigenen Koalitionspartnern.
Das hat erstmal bei unserer Seite für Irritationen gesorgt.
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Tim Klüssendorf, SPD-Generalsekretär
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagt, die Stromsteuersenkung sei eine Frage der Fairness. Der Koalitionsvertrag spräche eine eindeutige Sprache. Die Stromsteuer solle für alle sinken. Damit sei ein Signal für Bevölkerung, Mittelstand, Handwerk und Industrie verbunden.
Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung so weise ist und das korrigieren kann.
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Dietmar Woidke, SPD
Die Regierung plant, die Stromsteuer ab 2026 für Industrie zu senken, Verbraucher bleiben außen vor. Die Union fordert nun auch Entlastungen für Verbraucher, was in der SPD auf Kritik stößt.01.07.2025 | 1:44 min
Was sagt die CDU?
Die Union versucht, zu beschwichtigen. Beim Koalitionsausschuss werde man miteinander über das Thema sprechen. Kanzleramtschef Thorsten Frei (CDU) sagt, man habe den Haushalt 2025 und die Eckpunkte für den Haushalt 2026 im Kabinett entschieden.
Das bedeutet natürlich (...), dass wenn man an einer Stelle mehr Geld ausgeben möchte, man es an anderer Stelle einsparen muss.
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Thorsten Frei, Kanzleramtschef
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kündigt an, man wolle auch über das Miteinander reden. Man habe auch verabredet, über die Arbeitsweise zu sprechen, wie Dinge vorbereitet werden. "Wir haben sicherlich auch in der Kommunikation nach innen hinein Verbesserungspotential", so Merz in der ARD:
Das nehme ich auch auf meine Kappe, da hätten wir vielleicht auch etwas besser mit unseren eigenen Fraktionen sprechen sollen.
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Friedrich Merz, Bundeskanzler
Laut CDU-Haushaltsexperte Middelberg sei nicht abzusehen gewesen, dass es finanziell nicht für eine Absenkung der Stromsteuer für alle reichen würde.02.07.2025 | 5:27 min
Was sagt die Opposition?
Die Grünen kritisieren, die Stromsteuersenkung sei angekündigt gewesen und müsse für alle kommen. Es sei wichtig, dass Unternehmen und Familien entlastet würden.
Wenn Herr Merz hier nicht zum Pinocchio-Kanzler werden möchte, dann muss dieses Stromsteuer-Paket zurück in die Werkshalle.
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Franziska Brantner, Grüne
Die Linke warnt davor, für ein Absenken der Stromsteuer für alle bei den Sozialausgaben zu sparen. Die Stromsteuersenkung für Privathaushalte müsse kommen.
Wenn sich die CDU hier als Vertreterin der kleinen Leute hinstellt, und im gleichen Zug fordert, den Menschen das Geld an anderer Stelle wieder wegzunehmen, ist das ein mieses Spiel.
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Ines Schwerdtner, Die Linke
Wegen der Finanzlage sollen zunächst nur ausgewählte Bereiche von der Senkung der Stromsteuer profitieren.30.06.2025 | 1:40 min
Was passiert im Koalitionsausschuss?
Das Beispiel Stromsteuer zeigt das Dilemma der Koalition: Sie hat ihre zum Teil teuren Versprechen unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Das hat die Einigung auf den Koalitionsvertrag zwar erleichtert. Für das Regieren aber könnte das ein dauerhaftes Problem werden.
Im Koalitionsausschuss dürfte die Stromsteuer das dominierende Thema sein. Merz hatte bereits angekündigt, über die Strom-Entlastung für alle wolle die Regierung nochmals neu nachdenken.
Wir tun, was wir leisten können, was der Haushalt hergibt.