"Lanz"-Debatte um KI und Jugendschutz:Lobo zu Social-Media-Verbot: "Löst das Problem nicht"
von Bernd Bachran
Sascha Lobo widerspricht bei "Markus Lanz" pauschalen KI- und Social-Media-Verboten für Jugendliche. Informatikerin Katharina Zweig hält hingegen strengere Grenzen für nötig.
Die "Markus Lanz"-Sendung mit Sascha Lobo in voller Länge im Video
16.12.2025 | 75:37 minKünstliche Intelligenz rückt verstärkt ins Zentrum gesellschaftlicher Debatten: Sie sortiert Nachrichten, assistiert in der Medizin und entscheidet mit, welche Inhalte wir online überhaupt zu sehen bekommen. Gleichzeitig ringt die Politik darum, wie viel Macht Algorithmen über unseren Alltag haben sollen.
Je mehr KI-Systeme unsere Online-Welt prägen, desto lauter werden die Forderungen nach mehr Schutz für Kinder und Jugendliche. Seit dem 10. Dezember 2025 gilt in Australien ein Gesetz, das Personen unter 16 Jahren weitgehend den Zugang zu großen Plattformen untersagt - begleitet von verpflichtenden Altersüberprüfungen seitens der Anbieter. Unter anderem darüber diskutierte die Runde in der Sendung "Markus Lanz."
Lobo: Regulierung Ja, Verbot Nein
Sascha Lobo, Autor und Experte für Digitalisierung, blickte dabei auf dieses generelle Verbot, wie es nun in Australien exerziert wird, mit gemischten Gefühlen: "Natürlich muss man Regulierung betreiben, damit Jugendliche geschützt werden. Aber ein Verbot für unter 16-Jährige ist eine Projektion, dass darin das Problem liege, was eigentlich viel mehr Ursachen hat und viel vielschichtiger ist."
Australien führt als erstes Land ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige ein. Was das bedeutet und ob es auch in Deutschland sinnvoll wäre, diskutiert ZDFheute live.
10.12.2025 | 29:54 minLobo vertrat bei "Markus Lanz" die Meinung, es sei falsch zu sagen, man verbiete Smartphones und erlaube sie nur noch "Menschen über 27 Jahren". Junge Menschen würden sie trotzdem benutzen - etwa auf den Handys ihrer älteren Geschwister oder Eltern. Und dort werde es dann gar nicht mehr kontrolliert.
Das ist dann für mich die viel größere Sorge, dass wir eine Generation verlieren in die Heimlichkeit.
Sascha Lobo bei "Markus Lanz"
Grundsätzlich bemängelte Sascha Lobo, "dass wir in Deutschland (…) erst mit den allergrößten Ängsten und Bedenken um die Ecke kommen und erst mal sagen: Um Gottes willen, diese neue Technologie ist das Allerschlimmste."
Weniger Angst, mehr Zukunft
Genau hier habe Deutschland in den vergangenen 25 Jahren den Anschluss verpasst, kritisierte Lobo und forderte, weniger ängstlich zu agieren und stärker an der Zukunft mitzuwirken. Entscheidend werde nach seinen Worten sein, ob es Deutschland gelinge, den durch künstliche Intelligenz ausgelösten Wandel sowohl gesellschaftlich als auch wirtschaftlich erfolgreich zu bewältigen.
Für junge Menschen sind KI-Tools längst Teil des Lebens. Vor allem Bildungseinrichtungen müssen sich dieser Entwicklung anpassen. Einheitliche Regelungen und Leitlinien zum Einsatz vom KI gibt es noch nicht.
10.10.2025 | 3:23 minSonst sind wir darauf angewiesen, dass wir ausschließlich amerikanische oder chinesische Produkte benutzen müssen, weil wir hier alles so lange zerredet haben und mit so vielen Ängsten und in der Folge Regulierung aufgeladen haben.
Sascha Lobo bei "Markus Lanz"
Informatikerin: Eltern in der Pflicht
In der Sendung sprach sich die Informatikerin Katharina Zweig auf der anderen Seite "tendenziell für ein Verbot" sozialer Medien bis zum 16. Lebensjahr aus, da diese aus ihrer Sicht stark manipulativ wirkten. Sie würden beispielsweise bei Mädchen registrieren, ob diese unzufrieden mit ihrem Körper seien - und ihnen in solchen Momenten gezielt Diätprodukte anzeigen. "So etwas müsste auf jeden Fall verboten werden."
Ein lächelnder Putin mit einer Katze auf dem Arm - in Sekunden kann KI ein Fakebild erstellen. Wie so auch kriegsrelevante Fakes hergestellt werden können, erzählt Lobo bei "Lanz".
12.04.2024 | 1:20 minGleichzeitig sieht sie mögliche Probleme bei der Umsetzung. Wenn man die Nutzung sozialer Medien für unter 16-Jährige verbiete, könnten die Kinder es vielleicht doch zum Beispiel in der Schule nutzen, so Zweig weiter. Außerdem sieht sie auch die Eltern in der Pflicht.
Wie viele Kinder werden völlig alleingelassen mit Social Media, wo keine Eltern sind, die mal drüber gucken?
Katharina Zweig bei "Markus Lanz"
KI simuliert Freundschaft - "Anfang vom Ende"
In der Diskussion bei "Markus Lanz" ging es auch um eine andere, besorgniserregende Entwicklung: Immer häufiger entwickelten Menschen enge, beinahe freundschaftliche Beziehungen zu digitalen Gesprächspartnern. Diese KI-gestützten Begleiter könnten Nähe vermitteln, einsame Momente auffangen und im Alltag zu vertrauten Ansprechpersonen werden.
Etwa ein Viertel der 10 bis 17-Jährigen habe Probleme mit Social Media, sagt Jugendpsychiaterin Kerstin Paschke. Jugendschutz sei im Internet "aktuell in der Form nicht gegeben."
10.12.2025 | 6:10 minFür die Professorin für Ethik in der Informationstechnologie, Judith Simon, ist "diese Art von Kommunikation schon der Anfang vom Ende." "Da wird simuliert, als wäre man ein Freund, als wäre man ein Partner", sagte Simon.
Aber das in einer Form von Partner oder Freund, die einfach kein echter Freund und kein echter Partner sein kann. Immer verständig, immer geduldig.
Judith Simon bei "Markus Lanz"
Die KI würde dabei nur vorgaukeln, als wäre sie eine Freundin oder ein Freund. Am Ende sei aber niemand da, kritisierte Simon.
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