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US-Angriff auf Irans Atomanlagen:Krieg in Nahost: Trump düpiert die Europäer
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Nach dem US-Angriff auf die iranischen Atomanlagen scheint eine diplomatische Lösung unerreichbar. Der Krieg in Nahost könnte auch den Nato-Gipfel am Dienstag überlagern.
Es dauerte keine zwei Tage, dann war klar: Deutschland und Europa stehen nach ihrer Aufsehen erregenden diplomatischen Initiative in Genf vom Freitag erstmal mit leeren Händen da. US-Präsident Donald Trump hatte sie düpiert.
EU, Großbritannien, Türkei: Diplomatische Bemühungen vergeblich?
Vier Stunden hatten der deutsche Außenminister Johann Wadephul (CDU), seine Kollegen Jean-Noël Barrot (Frankreich) und David Lammy (Großbritannien) sowie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas in der Schweiz versucht zu verhindern, was US-Präsident Donald Trump nun befohlen hat.
Auch Kanzler Friedrich Merz (CDU) hatte sich persönlich in die diplomatischen Bemühungen eingeschaltet, die eine befürchtete Ausweitung der Kämpfe in der Region verhindern sollten.
Er stellte sich eindeutig hinter den Vermittlungsvorstoß seines Außenministers in Genf und in Telefonaten beriet er auch mit dem sich ebenfalls als Vermittler sehenden türkischen Präsidenten Erdogan und mit Kollegen aus der Golfregion.
Sorge um deutsche Staatsangehörige in der Region
Eines der wichtigsten Themen dürfte in Berlin jetzt die Sorge um die deutschen Staatsangehörigen in Israel, Iran und der ganzen Region sein - niemand weiß, wie stark ein iranischer Gegenschlag sein könnte.
In den vergangenen Tagen hatte die Bundesregierung mehrfach geholfen, ausreisewillige Deutsche und deren enge Familienangehörige mit Sonderflügen aus der jordanischen Hauptstadt Amman nach Deutschland auszufliegen - weil der Luftraum über Israel weiterhin gesperrt ist.
Das Außenministerium hatte zuvor bereits zwei Charterflüge über Amman nach Deutschland organisiert. Auch zwei Maschinen der Bundeswehr waren an der Evakuierung deutscher Israel-Rückkehrer beteiligt.
Auch Bundeswehrsoldaten in der Region
Vor dem Hintergrund der Frage, ob der Iran auch Stützpunkte der USA in der Region angreift, geht es für die Bundesregierung auch um die Sicherheit der rund 180 deutschen Soldaten, die auf einem Luftwaffenstützpunkt in Jordanien Seite an Seite mit US-Soldaten stationiert sind.
Zusammen mit einem deutschen Kontingent im irakischen Erbil beteiligen sie sich am internationalen Einsatz zur Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und zur Stabilisierung des Iraks.
Fenster der Diplomatie wieder geschlossen?
Am Freitag in Genf hatten sich die wichtigsten Chefdiplomaten in Europa zusammengesetzt, um Chancen für eine diplomatische Lösung auszuloten, also ob der Iran zum Einlenken bei seinem Atomprogramm und zum Verzicht auf Atomwaffen bereit ist.
Ein konkretes Ergebnis hatten die Gespräche mit Irans Außenminister Abbas Araghtschi zwar nicht gebracht. Aber Wadephul, seine Kollegen und mit Kallas auch die EU sahen das Fenster für Diplomatie wenigstens einen Spalt geöffnet.
Das gute Ergebnis heute ist, dass wir den Raum verlassen mit dem Eindruck, dass die iranische Seite grundsätzlich bereit ist, über alle wichtigen Fragen weiterzusprechen.
Johann Wadephul, Bundesaußenminister (CDU), am 20.06.2025
Auch Iran signalisierte die Bereitschaft, die Gespräche fortzuführen. Doch Trump machte klar, dass er von den Vermittlungsbemühungen europäischer Staaten nichts hält:
Iran will nicht mit Europa sprechen. Sie wollen mit uns sprechen. Europa kann dabei nicht helfen.
Donald Trump, US-Präsident, am 20.06.2025
Nato-Gipfel mit neuem Hauptthema Nahost?
Mit den US-Angriffen aus der Nacht könnte das Fenster der Diplomatie erstmal krachend zugeworfen worden sein. Doch die Europäer dürften sich damit kaum zufriedengeben.
Regierungssprecher Stefan Kornelius teilte am Vormittag nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts unter Leitung von Kanzler Merz mit, man werde sich im Laufe des Tages mit den Partnern in der EU und mit den USA über weitere Schritte eng abstimmen. Merz bekräftigte die Aufforderung an Iran, sofort Verhandlungen mit den USA und Israel aufzunehmen und zu einer diplomatischen Lösung des Konflikts zu kommen.
Ganz zu schweigen vom Gipfel der Nato an diesem Dienstag und Mittwoch im niederländischen Den Haag, zu dem auch Trump anreisen wollte. Gut möglich, dass das US-Eingreifen in den Krieg in Nahost die Debatte über die künftige Finanzierung des transatlantischen Verteidigungsbündnisses überlagert.
Quelle: dpa
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