Warum die Zahl der jungen Drogentoten in Deutschland steigt

Bericht des Drogenbeauftragten:Warum die Zahl der jungen Drogentoten steigt

von Hanna Beisel
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2.137 Menschen sind im vergangenen Jahr an Drogen gestorben. Die Zahl bei den unter 30-Jährigen steigt, ein Grund dafür: Der Einfluss sozialer Medien wie TikTok.

Eine benutzte Spritze liegt im Gebüsch nahe des U-Bahnhofes Hallesches Tor in Berlin.
Im Jahr 2024 sind in Deutschland 2.137 Menschen durch Drogenkonsum gestorben. In den meisten Fällen war es eine Kombination aus mehreren Rauschgiften, die zum Tod geführt hat.07.07.2025 | 1:33 min
Es war eine kleine blaue Pille, an der die zwei Teenager gestorben sind. Der Tod der 13- und 15-jährigen Mädchen aus Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg machte im Sommer 2023 Schlagzeilen. Die Todesursache jeweils: Überdosis, hochdosiertes Ecstasy.
Zwei junge Frauen, ein Trend: Denn bei den unter 30-Jährigen stieg die Zahl der Todesfälle durch Drogen im vergangenen Jahr - um 14 Prozent. Während der Alkoholkonsum bei der jungen Generation sinke, erreichten synthetische Opioide und psychoaktive Substanzen in Deutschland ein neues Hoch, sagt der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Hendrik Streeck (CDU):

Jugendliche werden risikofreudiger.

Hendrik Streeck, CDU

Kokain liegt auf einer grünen Fläche.
2023 haben weltweit 316 Millionen Menschen Drogen konsumiert - ein Anstieg von 28 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts. Das geht aus dem Drogenbericht der Vereinten Nationen vor.26.06.2025 | 0:26 min

Drogentote: Welche Rolle TikTok spielt

Ein Grund dafür: "Die Hürde, an Drogen zu kommen, war noch nie so gering wie heute", so Streeck. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa verbreiteten sich immer mehr unvorhersehbare Drogen auf dem Markt - ganz besonders auf Internetseiten, die auch für Jugendliche zugänglich sind. "Übers Internet direkt ins Kinderzimmer", sagt Streeck.
Auch die sozialen Medien spielten eine Rolle, sagt Dirk Schäffer von der Deutschen Aidshilfe. Die Entwicklungen seien dramatisch.

Jugendliche, die sich auf TikTok beim Rausch filmen. Dabei, wie ihre Pupillen größer werden. Viele von ihnen sehen den Drogenkonsum eher als ein Abenteuer als ein Risiko.

Dirk Schäffer, Deutsche Aidshilfe

Vor fünf bis zehn Jahren habe es so eine Verharmlosung wie heutzutage auf TikTok noch nicht gegeben, so Schäffer. Und Felix Betzler von der Berliner Charité ergänzt: Viele Junge unterschätzten die Gefahr synthetischer Opioide.

In einer Umgebung ohne ausreichende Aufklärung oder Perspektiven steigt die Wahrscheinlichkeit eines riskanten Konsums.

Felix Betzler, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charitè Berlin

Verpackte Drogen
Der Hamburger Hafen gilt als Einfallstor für Drogenschmuggel. 30 Tonnen Kokain wurden in diesem Jahr bereits sichergestellt. ZDF-Recherchen zeigen die Taktiken der Kriminellen. 25.11.2023 | 2:48 min

Streeck: "Quasi pandemische Dynamik"

Inzwischen verbreiten sich neue, gefährliche Drogen. Auch, weil die Taliban 2022 den Anbau von Schlafmohn in Afghanistan verboten hatten. Deshalb ist im Weltmarkt die Nachfrage nach natürlichem Heroin größer als das Angebot. "Aufgefüllt wurde diese Lücke durch synthetische Opioide aus dem Labor", so Streeck. Er spricht von einer neuen Drogenwelle, die eine "quasi pandemische Dynamik" habe.
Um gegen die rasant wachsende Zahl an Substanzen auf dem Drogenmarkt vorzugehen, brauche es ein Monitoring- und Warnsystem. Dieses soll schnell erkennen, welche Substanzen neu auf dem Markt sind und ärztliche Hilfe mit einbeziehen, so Streeck. Derzeit mangele es noch stark an validen Daten, gerade einmal in rund der Hälfte der Todesfälle von Drogentoten werde ein toxikologisches Gutachten durchgeführt.
Thumbnail Die Spur - Ecstasy
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Die meisten Drogentoten sind Männer

Insgesamt sind im vergangenen Jahr 2.137 Frauen und Männer an den Folgen übermäßigen Drogenkonsums gestorben. Die große Mehrheit der Opfer war männlich, wie aus dem Bericht des Drogenbeauftragten hervorgeht. Nur 390 Frauen starben an einer Überdosis. Das Durchschnittsalter lag demnach bei knapp 41 Jahren.
In den meisten Fällen war es demnach eine Kombination mehrerer Rauschgifte, die zum Tod führte - oft eine Mischung aus Kokain oder Crack, Heroin und Cannabis.
Die Zahl der Drogentoten ist im Vergleich zum Vorjahr leicht rückläufig. Langfristig gesehen ist die Zahl jedoch gestiegen. Im Jahr 2012 gab es noch 944 Drogentote.
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