Crack-Problem deutscher Drogenszene: Züricher Modell soll helfen
"Züricher Modell" als Vorbild:Wie Städte mit Drogen-Hotspots umgehen
von Markus Aust
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Crack überschwemmt die deutsche Drogenszene. Trotz Hilfsangeboten in Drogenkonsumräumen nimmt die Verwahrlosung zu. Warum deutsche Hotspot-Städte den Blick nach Zürich richten.
Das Drogenproblem deutscher Großstädte zeigt sich vor allem am seit Jahren steigenden Crack-Konsum. Die stark süchtig machende Droge dominiert den Drogenmarkt. (Archivbild)
Quelle: dpa
Müll, Exkremente, Obdachlosigkeit. Die Spuren der Drogenszene sind am Kölner Neumarkt allgegenwärtig. Anwohner und Passanten beobachten mit großer Sorge, dass sich der Platz derzeit zum Epizentrum der hiesigen Drogenszene entwickelt.
Wie rund 20 weitere deutsche Kommunen hat die Stadt Köln vor einigen Jahren am Neumarkt einen Drogenkonsumraum eingerichtet. Dort können Klienten bis zu 15 Stunden täglich konsumieren, erzählt dessen Leiter, Stefan Lehmann.
Wenn wir den Drogenkonsumraum hier schließen würden, würden die Menschen noch schneller verelenden. Im schlimmsten Fall würden sie auch sterben.
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Stefan Lehmann, Leiter Drogenkonsumraum Neumarkt
Neben sterilen Utensilien und notfallmedizinischer Betreuung biete die Einrichtung soziale Hilfe an, um Abhängige zu unterstützen, so Lehmann weiter.
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Crack fördert das Elend
Trotz aller Angebote nimmt das Elend eher zu als ab. Das hat vor allem mit Crack zu tun. Bei der Droge handelt es sich um eine rauchbare Variante von Kokain, die sich in den letzten zwei Jahren rasant ausbreitet.
Die Substanz macht enorm abhängig und hat, verglichen zum Beispiel mit Heroin, nur eine sehr kurze Wirkungsdauer. Der Rausch ist intensiv, flacht nach Minuten jedoch wieder ab. Das erzeugt ein enormes Verlangen.
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Hoher Suchtdruck: Crack als "Game-Changer"
Einige Experten bezeichnen Crack als "Game-Changer", weil es das Angebot der Drogenkonsumräume konterkariert: Vom Suchtdruck getrieben, flüchten die Konsumenten nach wenigen Minuten wieder auf die Szene, um sich den nächsten "Stein" zu besorgen und verweilen also oftmals nur kurz in den Konsumräumen. Viel Zeit für sozialpsychiatrische Hilfe bleibt da nicht.
Die Folge: In der Öffentlichkeit wird gebettelt. Auch Beschaffungskriminalität in Form von Diebstahl oder Prostitution sind vielerorts zu beobachten.
Sucht ist etwas, was wir nicht abschaffen können. Das wird niemals funktionieren. Deshalb müssen wir als Stadt konstruktiv damit umgehen.
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Dr. Harald Rau, Sozialdezernent der Stadt Köln
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Das Züricher Modell wirkt
Vor ähnlichen Problemen stand Zürich Anfang der 90er Jahre. Mehrere tausend Schwerabhängige tummelten sich in offenen Drogenszenen. Heute stellen Stadt und Polizei zufrieden fest: "Seit dreißig Jahren sind in Zürich keine größeren offenen Drogenszenen mehr aufgetreten."
Die Lösung: das sogenannte Züricher Modell. Durch die Einrichtung mehrerer Konsumräume an unterschiedlichen Standorten, verteilen sich die Klienten über das Stadtgebiet. Brennpunkt-Hotspots werden so vermieden.
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Im Konsumraum wird gedealt
Die Besonderheit des Züricher Modells: Obwohl Besitz und Handel mit Drogen genau wie in Deutschland verboten sind, wird der Handel in den Konsumräumen toleriert. Heißt: Kleindealer verkaufen Drogen in den Einrichtungen. Das Personal unterliegt keiner Anzeigepflicht, die Stadtpolizei fahndet nicht innerhalb dieser Räumlichkeiten.
Was nach einem rechtsfreien Raum klingt und bei der Einführung höchst umstritten war, genießt in Zürich heute breite Akzeptanz.
Ziel ist nicht, dass drogenabhängige Menschen von den Straßen "verschwinden", sondern dass im öffentlichen Raum keine Drogen konsumiert oder gehandelt werden.
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Nadeen Schuster, Sozialdepartement der Stadt Zürich
Stattdessen verfolgt die Polizei jeglichen Handel und Konsum außerhalb der Räume konsequent. Die Folge: "Die Szene" trifft sich nicht mehr im öffentlichen Raum. Anwohner und Passanten fühlen sich dadurch sicherer.
Die Drogen-Hilfe kommt an
Die Klienten halten sich länger in den Einrichtungen auf - auch, weil Ruhebetten in den Einrichtungen zur Verfügung stehen. Dadurch können Sozialarbeiter einen besseren Kontakt herstellen. Viele der Konsumenten sind sozial integriert und konnten in Arbeit vermittelt werden. Eine Arbeit, die nicht aus Beschaffungskriminalität besteht.
Markus Aust ist Reporter im ZDF-Studio in Düsseldorf.
Ermittler haben in Deutschland Dutzende Tonnen Kokain im Wert von mehreren Milliarden Euro sichergestellt. Es sei der bisher größte Schlag gegen Kokainhandel in der Bundesrepublik.
Quelle: dpa
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