Kabinett für Lachgas-Verbot: Was man über die Droge wissen sollte

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Kabinett stimmt für Verbot:Was man über Lachgas wissen sollte

Petra Mertens
von Petra Mertens
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Lachgas wird als Partydroge immer gefragter - das Kabinett will den Konsum nun stark einschränken. Warum die Substanz so hip ist und welche Folgen das Inhalieren haben kann.

Ein junger Mann hält sich mit einer Hand einen Luftballon vor den Mund. Mit der anderen Hand streckt er eine Kartusche Lachgas in die Kamera.
Unter anderem auf Kölns Partymeile trifft man immer mehr junge Menschen mit Kartuschen und gefüllten Luftballons. Lachgaskonsum ist ein Trend, der sich durch die sozialen Medien verbreitet hat.27.10.2024 | 30:06 min
Mittlerweile gehört Lachgas bei vielen Jugendlichen zum Feiern dazu. Kichernde Jugendliche mit bunten Kartuschen und schwarzen Ballons sind ein deutliches Zeichen, dass hier Lachgas konsumiert wird. Man trifft sie immer häufiger in Parks oder an abgelegenen Punkten der Städte. Vorglühen geht immer noch mit Alkohol, aber immer häufiger auch mit Lachgas. Lachgas ist eigentlich ein Narkosemittel, das mittlerweile als Partydroge verbreitet ist.
Und das will die Bundesregierung nun deutlich einschränken. Das Kabinett beschloss an diesem Mittwoch in Berlin einen Gesetzentwurf, der den Besitz und den Verkauf von Lachgas an Kinder und Jugendliche unterbinden soll. Auch der Online-Handel und der Kauf an Selbstbedienungsautomaten werden untersagt. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hatte die Regulierung von Lachgas im Mai als eine ihrer ersten Amtshandlungen angekündigt. Lachgas sei kein harmloser Spaß, erklärte die CDU-Politikerin jetzt.

1772: Lachgas wurde gerade erst entdeckt und in Großbritannien von der Oberschicht auf „Lachgaspartys“ konsumiert.

1960er Jahre: Lachgas kommt in der Zahnmedizin zum Einsatz, um Schmerz und Angst zu lindern.

1970er Jahre: Gas wird erstmals handlich in Ballons verkauft, z.B. auf Musikfestivals.

2010: Das Interesse an Lachgas steigt wieder, gerade in der Partyszene und auf Raves.

Quelle: EMCDDA: Recreational use of nitrous oxide: a growing concern for Europe, 2022

Wie kommt man an Lachgas und was kostet es?

Man kann Lachgas am Kiosk oder im Internet kaufen. Ganz legal. Weil Lachgas oder auch Distickstoffmonoxid als Narkosemittel in der Medizin oder zum Sahne aufschäumen verwendet wird, fällt es nicht unter das Betäubungsmittelgesetz; geliefert wird in 670-Gramm- oder 2-Kilo-Kartuschen. Geschmacksrichtungen und Ballons sind als Zusatzartikel erhältlich. Aber auch Aufsätze mit Schläuchen zum bequemen Befüllen der Ballons. Eine Kartusche kostet zwischen zehn und 80 Euro.
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Wie wirkt Lachgas?

Gas wird mit Luftballons inhaliert und sorgt innerhalb weniger Sekunden für einen kurzen Rausch mit leichten Halluzinationen, Glücksgefühlen und Kicheranfällen. "Es betäubt halt irgendwie den Körper und so - und dann geht's einem halt wieder besser." Das sagen junge Konsumenten gegenüber der ZDF-Reportage. Die ganze Sendung haben wir oben eingestellt.

Das macht Herzschmerz weg.

Lachgas-Konsument

Einer, der die Abhängigkeit überwunden hat, beschreibt die Wirkung so: "Es ist wie ein Anfluten, man spürt ein Kribbeln im ganzen Körper, die Wahrnehmung verändert sich, man hat wie so'n Flimmern in den Augen, der Sound verändert sich - dann muss man heftig anfangen zu lachen - zumindest bei den ersten Konsumen - weil sich alles so witzig anfühlt und so neu. Dann geht alles zurück und man hat noch so 'ne Benommenheit. Und nach einer Minute etwa ist alles vorbei." Das Verlangen nach häufigeren Einnahmen und höheren Dosen wird allerdings schnell größer. So entsteht eine Abhängigkeitsspirale.
Lachgas Grafik
Lachgas ist eine Droge und kann gefährlich sein - hier erklären wir mehr.18.05.2024 | 1:24 min

Wie lang hält der Rausch an?

"Die Wirkung ist kurz und ich habe am nächsten Tag keinen Kater wie bei Alkohol." Doch es ist ein Irrtum, dass man den Rausch zeitlich begrenzen kann. Lachgas kann bei regelmäßigem Konsum zu einer psychischen Abhängigkeit führen. "Als ich angefangen habe, mein ganzes Geld in Lachgas zu investieren, da ist mir halt schon bewusst geworden, dass ich ein Problem habe, weil ich es einfach nicht mehr kontrollieren kann", sagt eine Betroffene.
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Macht Lachgas abhängig?

Auch die Sozialarbeiter des Projekts "Safe-Party-People" sehen in ihrem Alltag immer häufiger die Folgen des Konsums. Wenn die Leute zu ihnen kommen, gibt es immer schon eine Suchtproblematik:

Dass es keine Kontrolle mehr gibt hinsichtlich der Menge, die konsumiert wird, der Dauer über die konsumiert wird, teilweise auch schon mit körperlichen Schäden, Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle in beiden Armen.

Tobias Fabi, Sozialarbeiter

Mit Lachgas gefüllte Luftballons am Rembrandtplein in Amsterdam.
Quelle: Annette Birschel/dpa

... ist der umgangssprachliche Name für Distickstoffmonoxid (N₂O). Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) beschreibt es als "farbloses Gas mit süßlichem Geruch". Es wird seit über 100 Jahren auf verschiedene Arten und Weisen verwendet. 1844 kam es erstmals als medizinisches Betäubungsmittel zum Einsatz, heute dient es vor allem als Treibgas in Spraydosen zum Aufschäumen von Sahne oder zum Tuning im Motorsport. Deshalb ist Lachgas frei verkäuflich, sowohl online als auch in Supermärkten und im Kiosk an der Ecke.

Derzeit wird das Gas aber auch zunehmend als Rauschmittel konsumiert. Die BZgA schreibt dazu: "Wird Lachgas als Schnüffelstoff eingeatmet, so tritt nach wenigen Sekunden ein Rausch ein, bei dem schwache Halluzinationen, Wärme- und Glücksgefühle empfunden werden." In der Regel wird Lachgas in Luftballons gefüllt und anschließend inhaliert.

Weitere bekannte Nebenwirkungen bei der Einnahme von Lachgas sind Taubheits- und Schwindelgefühle, Kopfschmerzen, Halluzinationen, Angstzustände, Atembeschwerden und Koordinationsschwierigkeiten. Auch Übelkeit und Ohnmacht können auftreten. Bei akutem Sauerstoffmangel kann es zu Krämpfen kommen. Regelmäßiger Konsum kann zudem schwerwiegende und auch chronische neurologische Störungen nach sich ziehen

Warum hat Lachgas so starken Zulauf?

Unter allen berauschenden Substanzen registrieren Experten beim Lachgas den größten Zuwachs. Und mehr als die Hälfte der betroffenen Jugendlichen nehmen Lachgas, laut einer Studie, weil ihnen langweilig ist. Bei vielen Jugendlichen gilt es als völlig ungefährliche Partydroge. Der Trend zum Lachgas wird auch über die sozialen Medien verstärkt. Jugendliche stellen ihre Selfies vom Lachgaskonsum ein, es sieht harmlos und lustig aus. Viele beliebte Rapper stellen den Gebrauch von Lachgas in ihren Videos als coolen Zeitvertreib dar.
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Wie geht es mit dem Gesetzentwurf weiter?

Der Entwurf kommt jetzt in den Bundestag, der das Gesetz beschließen soll. In Kraft treten sollen die Neuregelungen dann drei Monate nach der Verkündung. Denn für die Umstellungen im Handel und an Automaten sowie von Altersprüfungen braucht es etwas Vorlauf. Einen Entwurf für Verkaufsverbote hatte auch schon Warkens Amtsvorgänger Karl Lauterbach (SPD) vorgelegt, er wurde aber nicht mehr umgesetzt. Einige Städte und Länder führten daher eigene Regelungen ein.

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