Der bisherige Chef des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, betritt den abhörsicheren Raum, in dem das Parlamentarische Kontrollgremium tagt (Archiv).
Quelle: dpa
Der
Bundestag wählt heute die neuen Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums - also des Ausschusses, der für die Kontrolle der Nachrichtendienste zuständig ist. Was ist das für ein Gremium, wie arbeitet es, wer sind die Mitglieder - und woran entzündet sich der aktuelle Streit? ZDFheute mit einem Überblick.
Was ist das Parlamentarische Kontrollgremium?
Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) ist ein Ausschuss des Deutschen Bundestages zur Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes. Das Gremium überwacht die Arbeit des Auslandsnachrichtendienstes
BND (Bundesnachrichtendienst), des Inlandsnachrichtendienstes BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz) und des Militärgeheimdienstes MAD (Militärischer Abschirmdienst).
Seine Aufgabe ist sicherzustellen, dass die Nachrichtendienste - und die sie führende Regierung - die Gesetze einhalten. 2009 wurde das Kontrollgremium sogar ausdrücklich im Grundgesetz verankert (Artikel 45d GG).
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Wie arbeitet das Gremium?
Das PKGr tagt grundsätzlich hinter verschlossenen Türen, in der Regel einmal im Monat. Die Sitzungen sind geheim, nicht einmal Tagesordnungen öffentlich bekannt. Sie finden in einem extra abhörgesicherten Raum statt, die Mitglieder unterliegen strengster Verschwiegenheitspflicht, selbst gegenüber Fraktionskollegen.
Die Bundesregierung ist gesetzlich verpflichtet, das PKGr ausführlich über die Tätigkeiten der Nachrichtendienste und Vorgänge von besonderer Bedeutung zu informieren. Einmal im Jahr gibt es außerdem eine öffentliche Anhörung der Geheimdienst-Spitzen im Gremium. Darüber hinaus dürfen die Mitglieder des PKGr Akten der Nachrichtendienste einsehen, jederzeit deren Büros betreten und deren Mitarbeiter befragen.
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Umgekehrt erstattet das PKGr dem Bundestag Bericht über seine Kontrolltätigkeit, jeweils zur Mitte und am Ende einer Legislaturperiode.
Wer sitzt im Kontrollgremium?
Dem Parlamentarischen Kontrollgremium gehören ausschließlich Abgeordnete des Bundestages an. Zu Beginn jeder Legislaturperiode wählt der Bundestag die Mitglieder des PKGr, bei der Abstimmung im Bundestag brauchen die Kandidaten eine absolute Mehrheit. Einmal gewählt, bleiben PKGr-Mitglieder bis zur Wahl eines neuen Gremiums im Amt, nötigenfalls also auch über die Dauer der Wahlperiode hinaus.
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Wo sind Streitpunkte bei der aktuellen Wahl?
Das Gremium soll künftig aus neun Abgeordneten bestehen. Zwei Sitze entfallen auf die
AfD, einer auf die
Linksfraktion. Weil die Kandidaten eine absolute Mehrheit brauchen, ist beispielsweise die Linke auch
auf Stimmen der Union angewiesen. Sollten weder ihre Kandidatin
Heidi Reichinnek noch die AfD-Kandidaten gewählt werden, wäre Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz künftig der einzige Oppositionsvertreter in dem Ausschuss.
Reichinnek drohte bereits mit Konsequenzen, falls die Unionsfraktion ihr die Unterstützung verweigere und verwies darauf, dass die Union an vielen Stellen auf die Linke angewiesen sei, etwa bei der Wahl von Verfassungsrichtern oder der Reform der Schuldenbremse.
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Welche weiteren Kontrollgremien für Nachrichtendienste gibt es?
- Vertrauensgremium: Dieses kleine Gremium des Haushaltsausschusses des Bundestags beschließt und kontrolliert die geheimen Wirtschaftspläne der Nachrichtendienste.
- G10-Kommission: Dieses Gremium besteht aus Experten, die nicht unbedingt Abgeordnete sein müssen. Es entscheidet, ob bestimmte Überwachungsmaßnahmen im Inland (Eingriffe in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis) zulässig sind oder nicht.
- Unabhängiger Kontrollrat: Dieses Gremium wiederum hat ein Auge auf die Überwachungsmaßnahmen des BND im Ausland und kontrolliert, ob dieser sich an Recht und Gesetz hält.
Quelle: mit Material von dpa und AFP