Wärmewende in Deutschland:Warum Mannheim das Gas abdrehen will
In Mannheim will der Energieversorger MVV sein Gasnetz bis 2035 stilllegen. Was das für Menschen bedeutet, die mit Gas heizen, und was andere Städte planen.
Das Mannheimer Energieunternehmen MVV will sich bis 2035 aus dem Gasnetz zurückziehen. Aus Klimaschutzgründen, heißt es. Bürger und Unternehmen müssen sich nach einer Alternative zur Gasheizung suchen.
04.12.2024 | 2:01 minWie läuft die Wärmewende in Deutschland?
Am 1. Januar 2024 ist das Wärmeplanungsgesetz des Bundes in Kraft getreten. Dieses Gesetz verpflichtet die Länder sicherzustellen, dass ihre Kommunen und Städte eine kommunale Wärmeplanung erstellen. Das Ziel: bis 2045 soll die Wärmeversorgung in Deutschland klimafreundlich sein.
Bisher beansprucht sie über die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs im Bund. Deshalb sollen Großstädte ab 100.000 Einwohnern bis Mitte 2026 einen Wärmeplan vorlegen. Kleinere Städte und Kommunen haben bis Mitte 2028 Zeit. Bisher haben nicht alle Bundesländer das Gesetz in Landesrecht übernommen.
Alle Kommunen müssen demnächst einen Wärmeplan vorlegen, der den Bürgern erklärt, wie die Haushalte von fossilem Erdgas loskommen, eine Mammutaufgabe.
15.10.2024 | 9:31 minStädte wie Hannover, Flensburg und Stuttgart gelten als Vorreiter in der Wärmeplanung. Oft genannt wird auch Mannheim. Hier hat vor wenigen Wochen der kommunale Energieversorger (MVV) erklärt, dass ab 2035 die Gasversorgung stillgelegt wird.
Warum steigt Mannheim aus der Gasversorgung aus?
Die Entscheidung begründet das Unternehmen unter anderem mit dem Klimaschutz. Bis 2035 möchte das Unternehmen klimaneutral werden. Dies sei auch politisch gewünscht, sagt Sprecher Sebastian Ackermann. Denn die Entscheidung, in Zukunft auf Gas zu verzichten, hat die MVV nicht allein getroffen: Bereits im März hat der Gemeinderat den kommunalen Wärmeplan beschlossen - dieser sieht künftig kein Gas mehr zur Wärmeversorgung vor.
Ein weiterer Grund für den Ausstieg sind laut Ackermann die Kosten der Gasversorgung: "Gas wird perspektivisch so teuer werden, dass es sich weder Kunden noch Unternehmen ökonomisch werden leisten können, Gas zu beziehen".
Zum Teil liege das an der CO2-Bepreisung, die in den kommenden Jahren steigen werde. Außerdem kündigen aktuell immer mehr Haushalte in Mannheim von sich aus ihren Gasanschluss. Dadurch würden die Netznutzungsentgelte auf immer weniger Menschen umgelegt und so teurer.
Wie reagieren die Mannheimer?
Einige loben die Entscheidung und zeigen sich erfreut, dass die MVV konkrete Schritte in Richtung Klimaneutralität geht. Doch es gibt auch weite Teile der Bevölkerung, die von dem Vorhaben nicht begeistert sind. So berichtet die Rentnerin Gaby Zorz, dass sie aufgrund ihres Wohnorts am Stadtrand nicht an das Mannheimer Fernwärmenetz angeschlossen werden kann. Daher muss sie eine neue Heizung einbauen lassen: "Mein Mann ist auch Rentner. Wie sollen wir das bezahlen, vor allem wenn das andere System noch funktioniert".
Die MVV ist sich dieser Reaktionen bewusst: "Wie nicht anders zu erwarten, ist uns eine Welle des Unverständnisses entgegen geschwappt. Aber wir wollen als Unternehmen fair und ehrlich darauf hinweisen, dass Gas im Keller nicht zukunftsfest ist, sondern eigentlich risikobehaftet ist", erklärt der Sprecher.
Welche Alternativen gibt es zum Gas?
Der Mannheimer Energieversorger rät seinen Gaskunden jetzt, auf Fernwärme oder Wärmepumpe umzusteigen. Bis in knapp zehn Jahren sollen 75 Prozent der Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen sein, zehn Prozent mehr als heute. Um klimaneutral zu werden, investiert das Unternehmen in den Ausbau nachhaltiger Fernwärme, zum Beispiel mit Flusswärmepumpen oder Geothermie.
Und dennoch: Nicht alle Mannheimer werden in Zukunft Fernwärme nutzen können, denn die Rohre werden nicht in alle Stadtteile verlegt. Für ca. 25.000 Haushalte heißt es: eine Alternative finden.
Hierbei hilft Heizungsinstallateur Norbert Ufer aus Mannheim seinen Kunden regelmäßig - baut im Moment vor allem Wärmepumpen oder Biomasseheizungen ein. Er empfiehlt jedem den Besuch einer Klimaschutzagentur. Denn: Nur informiert könne man eine gute Entscheidung treffen. "Das Schlimmste, was zurzeit herrscht, ist eben die Unsicherheit, entscheide ich richtig oder falsch. Und wenn man keine Fakten hat, richtig zu entscheiden, dann entscheidet man üblicherweise falsch", findet Ufer.
Anna-Katharina Hemer arbeitet im ZDF-Studio in Baden-Württemberg.
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