Corona-Aufarbeitung bei "Lanz":Lauterbach: Die Priorisierung war falsch
von Bernd Bachran
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Er galt als großer Mahner zu Beginn der Corona-Krise, wurde später Bundesgesundheitsminister. Bei "Lanz" spricht Karl Lauterbach über den "wichtigsten Fehler in der Pandemie".
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 10. April 2025 in voller Länge, voraufgezeichnet am vergangenen Montag.10.04.2025 | 74:27 min
Am 22. März 2020 trat in Deutschland der erste Corona-Lockdown in Kraft. Es begann die Zeit von Schulschließungen, Ausgangssperren und der öffentlichen Diskussion um eine Impfpflicht.
Trotz ständiger Forderung fehlt bis heute eine umfassende, bundespolitische Aufarbeitung der Pandemie und den damit verbundenen politischen Maßnahmen in dieser Zeit.
Lauterbach: Viel richtig gemacht - aber
Der noch amtierende Bundesgesundheitsminister, Karl Lauterbach (SPD), sprach bei "Markus Lanz" davon, dass hinsichtlich der Corona-Pandemie einiges aufgearbeitet wurde, "aber die gesellschaftspolitische Aufarbeitung, die fehlt".
Lauterbach sprach davon, dass unter anderem die Übersterblichkeit in Deutschland zur Zeit der Corona-Pandemie "niedriger als bei vielen Nachbarländern" war.
Wir haben gerade in der ersten Welle viel geschafft und ich möchte einfach nicht, dass das kleingeredet wird.
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Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister
Vor fünf Jahren begann der erste Corona-Lockdown in Deutschland. Geschlossene Geschäfte und strenge Regeln prägten den Alltag. Was haben Kliniken aus der Pandemie gelernt?22.03.2025 | 1:32 min
Streeck kritisiert undifferenziertes Vorgehen
Einer der prominentesten Kritiker der politischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie, der Virologe und CDU-Bundestagsabgeordnete Hendrik Streeck, gab sich aber auch dieses Mal nicht mit der Einordnung des Bundesgesundheitsministers zufrieden.
Streeck, der selbst Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung war, sagte: "Ich gebe Herrn Lauterbach recht, dass wir in der ersten Welle schnell und gut gehandelt haben. Aber dann in der zweiten Welle, hin zur dritten Welle, da waren wir zu undifferenziert unterwegs."
Wir sind sehr häufig mit dem Hammer losgezogen, obwohl man sehr viel differenziertere Maßnahmen hätte ergreifen können.
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Hendrik Streeck, Virologe
Hendrik Streeck sah in diesem seiner Meinung nach undifferenzierten Handeln während der zweiten und dritten Welle auch den Zeitpunkt, an welchem sich die Gesellschaft in Deutschland "auseinander bewegt hat". Er sprach konkret von seinen Gesprächen und Erfahrungen der letzten Wochen in Ostdeutschland.
Der Stachel steckt tief, dieses Gefühl, dass politisch verordnete Maßnahmen auf die Menschen gesetzt wurden, ohne dass darüber gesprochen wurde.
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Hendrik Streeck, Virologe
Streeck weiter: "Wir sind da sehr pauschal vorgegangen, ohne eigentlich zu versuchen, die zu schützen, um die es eigentlich am meisten dabei ging."
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Kekulés Vorwurf an Lauterbach
Eines der kontrovers und hitzig diskutierten Themen, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit, war die Impfpflicht. Befürworter argumentierten mit dem Schutz vulnerabler Gruppen, Gegner unter anderem mit dem Recht auf Selbstbestimmung und möglichen Impfschäden.
Der Virologe Alexander Kekulé, seit Oktober 2024 offiziell im Ruhestand, warf Lauterbach bei "Lanz" vor, die Bevölkerung während der Pandemie durch Begriffe wie "Killervariante" verängstigt zu haben, um die Menschen auch dadurch zur Impfung zu drängen.
Fünf Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie fordert Bundespräsident Steinmeier eine Aufarbeitung der Maßnahmen. Dazu traf er heute Betroffene im Schloss Bellevue.14.03.2025 | 1:45 min
Lauterbach: Waren damals nicht konsequent genug
Für Lauterbach hatte die Politik damals zeitweise zu wenig Druck auf die Bevölkerung ausgeübt. "In der zweiten Welle, im Herbst 2020, haben wir aus meiner Sicht weitestgehend unnötigerweise noch einmal 60.000 Menschen verloren."
Da sind wir einfach nicht konsequent genug gewesen. Wir hätten damals für eine begrenzte Zeit härter in die Einschränkungen hineingehen müssen.
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Karl Lauterbach, Bundesgesundheitsminister
Kinder waren von der Corona-Pandemie und den damals beschlossenen Maßnahmen besonders betroffen. Schulschließungen, stark eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten und aufgrund dessen soziale Isolation beeinflussten die psychische Gesundheit vieler Kinder.
Maxi Brautmeier-Ulrich ist Grundschullehrerin aus Paderborn. Sie sagt, die Schulschließungen während Corona hätten das Vertrauen in Schule und das Bildungssystem dauerhaft gestört.14.03.2025 | 1:03 min
Lauterbach: Die Priorisierung war nicht richtig
Der Bundesgesundheitsminister sprach in diesem Zusammenhang vom "wichtigsten Fehler in der Pandemie, weil diese Priorisierung ist nicht richtig gewesen". "Das glaube ich jetzt, nachträglich." Damals sei bekannt gewesen, dass Kinder zwar bei der Weitergabe des Virus eine große Rolle spielten, aber "viel weniger stark erkranken".
Damals, so Lauterbach, hätte die deutsche Politik entschieden, den Schwerpunkt der Maßnahmen darauf zu legen, "dass bestimmte Unternehmen weiter produzieren können", bei den Schulen ist man großzügiger gewesen".
Hätten wir mehr Zwang zum Homeoffice durchgesetzt, hätten wir in der Produktion die Schichten halbiert, dann wären wir tatsächlich wirtschaftlich etwas schlechter durchgekommen, aber die Kinder hätten davon stark profitiert.