Hammer des Jahres: Bürokratie-Irrsinn und Steuerverschwendung

Hammer des Jahres 2025:Behördenirrsinn und Steuerverschwendung: Drei krasse Fälle

Yve Fehring

von Yve Fehring

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Absurde Vorschriften, Fehlplanungen: Drei Fälle aus 2025, die die Gemüter erhitzten. Welcher Fall ist der Hammer des Jahres?

Länderspiegel - Hammer des Jahres

Steuerforderung ans Sozialkaufhaus, Stufe in der Autobahnbrücke, Parkausweis mit der falschen Farbe: Gesucht wird der "Hammer des Jahres".

23.12.2025 | 30:41 min

Noch immer kann Matthias Richter nicht fassen, was ihm im Juni als Mensch mit schwerer Behinderung widerfahren ist. Zusammen mit seiner Frau besucht er die Hafenstadt Warnemünde. Sein Auto stellt das Ehepaar aus Brandenburg auf einem Behindertenparkplatz ab, denn Matthias Richter ist auf einen Rollstuhl angewiesen.

Als die Beiden zurück zu ihrem Fahrzeug kommen, stehen Mitarbeiter des Ordnungsamts davor, verpassen ihnen ein Knöllchen und lassen einen Abschlepper anrollen. Für Richter ein Schock:

Von meiner sichtbaren Hilfsbedürftigkeit zeigten die sich völlig unbeeindruckt.

Matthias Richter, pensionierte Lehrer

Falsche Farbe auf Parkausweis: 219 Euro Kosten für Rollstuhlfahrer

Stattdessen pochen die Ordnungshüter auf die Vorschriften. Richter habe lediglich einen orangenen Parkausweis, mit dem dürfe er ausschließlich in Brandenburg und Berlin auf Plätzen für Behinderte parken. In Mecklenburg-Vorpommern brauche er dazu den blauen EU-Ausweis. Er habe nicht einmal den gelben Sonderausweis. Der wiederum gilt nur in Mecklenburg-Vorpommern, in Rheinland-Pfalz und in Schleswig-Holstein, aber nicht auf Rollstuhl-Parkplätzen. Wer behält dabei noch den Überblick?

Hammer der Woche Premnitz

Matthias Richter ist Rollstuhlfahrer. Sein orangefarbener Sonderparkausweis für Behindertenparkplätze gilt in Berlin und Brandenburg, offenbar nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Dort wurde er abgeschleppt.

23.08.2025 | 2:41 min

Neben vielen Barrieren werden Menschen mit Behinderung offenbar auch mit zahlreichen bürokratischen Hürden konfrontiert. Am Ende zahlt Richter 55 Euro fürs Knöllchen und 164 Euro fürs bereits eingeleitete Abschleppen.

Damit würde er den Fall gerne abhaken, doch das Gefühl von großer Ungerechtigkeit bleibt:

Ich würde mir wünschen, dass es in Deutschland nicht so kleinkariert zugeht, dass auch die Behörden mehr auf den Menschen schauen und nicht auf die Paragrafen.

Matthias Richter

Bund der Steuerzahler fordert mehr gesunden Menschenverstand

Eine Forderung, die der Bund der Steuerzahler Deutschland e.V. teilt: "Häufig wird tatsächlich stärker auf formale Vorgaben geschaut als auf praktikable Lösungen. Weniger Bürokratie, klarere Zuständigkeiten und mehr gesunder Menschenverstand bei Planung und Entscheidung würden viele Fehlentwicklungen vermeiden."

Vorstellung EinfachMachen-Portal

Die Bundesregierung hat ein Online-Portal für Bürgerinnen und Bürger, die unnötige Bürokratie melden wollen, eröffnet. Das Ziel: Vorschriften verschlanken und Abläufe vereinfachen.

12.12.2025 | 0:25 min

Für einen Großteil der Zuschauerinnen und Zuschauer, die über die ZDF-Plattform Mitreden abgestimmt haben, ist klar: Das, was Richter erleben musste, ist für sie der Hammer des Jahres 2025.

Sprungturm: Rheda-Wiedenbrück reagiert pragmatisch auf Vorschrift

Erfreulicher ist der Blick ins ostwestfälische Rheda-Wiedenbrück. Dort hat man sich im Sommer den Sprungspaß im Freibad trotz zentimetergenauer Vorschriften nicht nehmen lassen.

Bei einer Routineüberprüfung hatten Gutachter festgestellt, dass das Becken nur 3,62 Meter tief ist, anstatt der vorgeschriebenen 3,70 Meter. Obwohl sich seit 1959 nie jemand beim Sprung vom Dreimeterbrett verletzt hat, wurde der Sprungturm umgehend gesperrt.

Doch die Stadt startete eine ungewöhnliche Aktion: 1.000 Test-Sprünge wurden vom Dreier absolviert und von der DLRG dokumentiert. Mit dem klaren Ergebnis: Es gab keine einzige Verletzung. Köpper, Salti und Co. wurden wieder offiziell erlaubt. Denn laut Bürgermeister Theo Mettenberg wurde der Beweis erbracht, "dass ein gesunder Menschenverstand und die Ist-Situation über 60 Jahre vielleicht mehr zählen als eine theoretische Norm."

A7 bei Northeim: Fehlplanung um kleine Brücke kostet Millionen Steuern

Bei der Planung von Infrastrukturprojekten würden sich viele Steuerzahler allerdings wünschen, wenn tatsächlich auf jeden Zentimeter geachtet würde. Denn das ist beim Ausbau der A7 bei Northeim gründlich schiefgegangen.

Hammer aus Imbshausen

Eine Brücke über die A7 bei Northeim ist seit 2024 gesperrt, weil die Durchfahrtshöhe zu niedrig ist. Das fiel erst auf, als ein Fahrzeug hängen blieb. Die Brücke wurde bei Sanierungsarbeiten einfach vergessen.

28.06.2025 | 2:36 min

Hier schleppte sich ein früher Fehler durch die jahrzehntelange Planung: Dreispuriger Ausbau, komplett neue Fahrbahn, Straßendecke um 30 Zentimeter erhöht - von Beginn an beachtete niemand die kleine Brücke über die Autobahn in der Nähe von Northeim. Bis ein Schwertransport darunter steckenblieb.

Provisorische Lösung: Die Brücke wurde um 30 Zentimeter angehoben. Dadurch entstand nicht nur eine unsinnige Stufe, sondern das ganze Bauwerk wurde instabil. Nun muss die Brücke komplett abgerissen und neugebaut werden. Eine Fehlplanung, die den Steuerzahler Millionen Euro kosten wird.

Steuerzahler-Bund: Fehlplanungen durch überbordende Bürokratie wahrscheinlicher

Steuergeldverschwendung entsteht selten durch "den einen Fehler". Meist ist es ein Zusammenspiel ungünstiger Rahmenbedingungen, so der Bund der Steuerzahler. Fehlplanungen werden durch überbordende Bürokratie wahrscheinlicher, weil sich Planung und Umsetzung in langen Abstimmungs- und Genehmigungsketten verlieren und Entscheidungen teils noch auf veralteten Annahmen beruhen, die durch veränderte Rahmenbedingungen längst überholt sind.

Riesenschaukel mit Blick auf B3

Als Teil eines neuen Parks in Kassel sollen Besucher auf einer 16.000 Euro teuren Schaukel den Blick auf die Bundesstraße 3 "genießen". Der Bund der Steuerzahler kritisiert das Projekt.

06.10.2025 | 2:26 min

Ärger und Steuerverschwendung wird es wohl auch im nächsten Jahr geben. Wir werden weiter über diese Hammergeschichten berichten.

Sollten Sie sich über Fälle von Bürokratie-Irrsinn und Steuerverschwendung vor Ihrer Haustür ärgern, dann schreiben Sie uns, an: hammer@zdf.de oder an ZDF, Redaktion Länderspiegel, 55100 Mainz.

Über dieses Thema berichtete der "Länderspiegel", online verfügbar seit 23.12.2025 ab 9:05 Uhr, im ZDF am 27.12.25 ab 17:05 Uhr.

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