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Umgang mit Belästigungsvorwürfen:Grüne räumen Fehler in Fall Gelbhaar ein
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Eine interne Kommission bemängelt den Umgang der Grünen mit Belästigungsvorwürfen gegen den früheren Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar. Der Parteivorstand räumt Fehler ein.
Ein interner Bericht sieht Fehler der Grünen im Umgang mit Belästigungsvorwürfen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar. (Archivbild)
Quelle: dpa
Die Führung der Grünen blickt selbstkritisch auf ihren Umgang mit Belästigungsvorwürfen gegen den früheren Berliner Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar. Man sei unter anderem angesichts der nahen Bundestagswahl mit dem Fall "strukturell überfordert" gewesen, räumt der Bundesvorstand um die beiden Parteichefs Franziska Brantner und Felix Banaszak in einer Stellungnahme zum Bericht einer internen Kommission ein. Zuvor hatte der "Stern" berichtet.
Vorstand gesteht "strukturelle" Überforderung der Partei ein
Die Grünen hatten am 30. Januar die frühere schleswig-holsteinische Justizministerin Anne Lütkes und den langjährigen Bundestagsabgeordneten und Mitglied des bayerischen Verfassungsgerichtshofs, Jerzy Montag, mit der Aufarbeitung beauftragt.
Der Bericht soll vor einigen Wochen fertig geworden sein und wird nur in einer 25-seitigen Zusammenfassung veröffentlicht, was mit dem Schutz persönlicher Daten begründet wird. Die ungefähr doppelt so lange Originalversion liege nur dem Bundesvorstand vor, hieß es.
Zu den Folgen der Überforderung schreibt der Bundesvorstand:
Leidtragende sind Stefan Gelbhaar, ebenso meldende Personen, denen nach Aufdeckung der falschen Identität einer anderen Meldung zunächst nicht mehr ausreichend Vertrauen in ihre Schilderungen geschenkt wurde.
Bundesvorstand Bündnis 90/ Die Grünen
Die Organisation sei damit ihrer Verantwortung gegenüber allen Beteiligten nicht gerecht geworden - mit "Organisation" ist nach ergänzenden Angaben die Partei gemeint.
Gelbhaar verzichtete auf Listenkandidatur und verlor Direktkandidatur
Nachdem die Vorwürfe gegen Gelbhaar bekannt und Thema in den Medien wurden, verlor er seine Direktkandidatur für den Wahlkreis Pankow. Zuvor hatte er schon seinen Verzicht auf die Kandidatur auf der Landesliste der Berliner Grünen erklärt.
Der RBB musste nach Veröffentlichung jedoch Teile seiner Berichterstattung zurückziehen. Im Kern waren Zweifel an der Identität einer der Frauen aufgekommen, die dem Sender von Vorwürfen berichtet hatten.
Gelbhaar: Ombudsverfahren war "alptraumhaft"
Gelbhaar selbst begrüßte am Donnerstag den Bericht der internen Kommission.
Erfundene Vorwürfe wurden platziert, rechtsstaatliche Prinzipien nicht eingehalten, es gab massive Vertraulichkeitsverletzungen, die Meldungen bekam ich nicht zur Kenntnis, es ist keine Gelegenheit zur Stellungnahme geschaffen worden.
Stefan Gelbhaar, früherer Bundestagsabgeordneter
Das Fehlen klarer Satzungen und Strukturen habe "das Ombudsverfahren zu einem alptraumhaften, nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen genügendem Prozedere gemacht", bemängelte Gelbhaar weiter.
Grüne wollen neue Ombudsstrukturen
Die Grünen wollen ihre Ombudsstrukturen nun überarbeiten, Details soll eine Arbeitsgruppe erarbeiten. Einen Beschluss soll der Parteitag im November fassen. Das Ombudsverfahren im Fall Gelbhaar soll nicht fortgesetzt werden.
Die Vorsitzenden des direkt betroffenen Berliner Landesverbands der Grünen, Nina Stahr und Philmon Ghirmai, erklärten, der Landesverband habe bereits begonnen, Beschwerdestrukturen und Anlaufstellen weiterzuentwickeln.
Quelle: dpa
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