Analyse
Instagram-Post zu Gaza:Das Jette-Nietzard-Problem der Grünen
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Kaum ein Tag, an dem Jette Nietzard keine Schlagzeilen macht. Die Co-Chefin der Grünen Jugend fällt mit merkwürdigen Tweets, Outfits und Sprüchen auf. Was macht die Parteispitze?
Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, entschuldigt sich für ein Instagram-Video, in dem sie den Anschlag der Hamas vom 7. Oktober verharmlost hat.
Quelle: dpa
Die neueste Entgleisung: In einem Video auf dem Instagram-Kanal der Grünen Jugend spricht die Grüne-Jugend-Chefin Jette Nietzard davon, "dass seit dem 7. Oktober 2023 über 50.000 Palästinenser und 1.200 Israelis bei militärischen Operationen umgekommen" seien. Es ist eine Verharmlosung des Terrorangriffs der Hamas.
Das war keine Militäraktion, denn palästinensische Terroristen verübten vor allem Massaker an Zivilpersonen, keine Angriffe auf militärische Ziele. Das Video ist inzwischen gelöscht.
Nach heftigen Protesten hat Nietzard sich jetzt entschuldigt: "Ich habe gestern ein Video hochgeladen zu einem Thema, das den ganzen Verband emotional sehr mitnimmt", sagt sie.
Ich habe dabei einen Fehler gemacht, für den ich mich offen und ehrlich entschuldigen will. Vor allem bei Jüdinnen und Juden weltweit und in Deutschland.
Jette Nietzard, Grüne Jugend
Grünen-Spitze reagiert schmallippig
Wenn man Fehler mache, müsse man sie als solche auch benennen, meint die Grüne Jugend. Sie will es damit bewenden lassen. Vom Co-Vorsitzenden Jakob Blasel keine Reaktion. Überhaupt ist er kaum präsent in der Öffentlichkeit, verblasst völlig neben seiner Co-Vorsitzenden.
Es ist nicht das erste Mal, dass Nietzard aneckt. Erst kürzlich hatte sie bei einem weiteren, privaten Instagram-Post einen Pullover mit dem Kürzel ACAB getragen, was für "All Cops are Bastards" steht. Zudem trug sie eine Kappe mit der kapitalismuskritischen Aufschrift "Eat the Rich".
Die Grünen-Spitze um Franziska Brantner und Felix Banaszak ist empört, reagiert allerdings schmallippig. Nur Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann legte ihr den Rücktritt nahe und sprach damit das aus, was sicherlich viele in der Partei denken. Was will sie noch in dieser Partei?
Was will Nietzard bei den Grünen?
Und was ist mit der Meinungsfreiheit? Ein hohes Gut, besonders betont immer wieder von den grünen Spitzen. Wie weit darf man gehen mit der eigenen Meinung, ab wann schadet man der eigenen Partei? Fragen, die schwer zu beantworten sind, mit der sich auch die Grünen schwer tun.
Nietzard könnte im Oktober wiedergewählt werden
Gefragt nach Jette Nietzard erntet man in der Regel Schweigen. Es sei alles gesagt dazu, die Parteispitze distanziert sich immer wieder von Nietzards Äußerungen, verurteilt sie, gerade zur Polizei. Mehr aber auch nicht. Mehr können sie vielleicht auch nicht tun.
Bleibt aus ihrer Sicht nur die Hoffnung, dass Nietzard im Oktober nicht wiedergewählt wird. Weitere Hebel gibt es kaum, Nietzard erhält eine Aufwandsentschädigung von 1.000 Euro im Monat, mehr nicht. Für ihren Lebensunterhalt arbeitet sie in einer Flüchtlingsunterkunft.
Zweimal kann eine Vorsitzende gewählt werden, ein Jahr Verlängerung wäre also noch möglich. Denn an Rücktritt denkt Nietzard nicht, sie habe noch andere Pullover im Schrank, warnt sie in einem Interview.
Grüne suchen noch Oppositionsrolle
Nietzard dürfte weiter unbequem bleiben. Dass sie anschließend in der Partei Karriere machen wird, wie ihre Vorgänger Ricarda Lang oder Felix Banaszak, ist unwahrscheinlich, aber das dürfte ihr egal sein. Sie will sich nicht entschuldigen, wird so weiter machen wie bisher.
Für die Grünen bleibt es ein großes Problem, da sie doch gerade erst dabei sind, sich in ihrer neuen Rolle in der Opposition zu organisieren und aus dem Umfragetief herauszuarbeiten. Erleichtert wird das durch die Aktionen von Jette Nietzard nicht. Ganz im Gegenteil.
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