Grüne-Jugend-Chefin: Nietzard tritt nach ACAB-Vorfall nicht zurück

Anti-Polizei-Pullover getragen:Grüne-Jugend-Chefin: Kein Sorry, kein Rücktritt

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Grüne-Jugend-Chefin Nietzard trug einen Anti-Polizei-Pullover und sorgte damit für Entrüstung - auch parteiintern gab es scharfe Kritik. Zurücktreten will sie dennoch nicht.

Hessen, Wiesbaden: Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, spricht bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen. Archivbild
Trug einen Pulli mit der Aufschrift "ACAB" (für "all cops are bastards"): Grünen-Jugend-Chefin Jette Nietzard. (Archivbild)
Quelle: dpa

Die Chefin der Grünen Jugend, Jette Nietzard, will nach ihrem Post mit einem Anti-Polizei-Pullover weder zurücktreten noch sich entschuldigen. Dem Magazin "Stern" sagte sie auf die Frage, ob dies das letzte Interview an der Spitze der Grünen-Nachwuchsorganisation für sie sei: "Da muss ich Sie enttäuschen". Und weiter:

Ich bin bis Oktober gewählt und habe bis dahin einen Jugendverband zu führen. Das werde ich auch tun.

Jette Nietzard, Chefin der Grünen Jugend

Die 26-Jährige fügte hinzu: "Mich zu entschuldigen, fände ich übertrieben." Nietzard hatte sich auf ihrem privaten Instagram-Kanal mit einem Pullover gezeigt, auf dem das Kürzel "ACAB" zu lesen war. Es steht für "All Cops Are Bastards". Zudem trug sie eine Kappe mit der kapitalismuskritischen Aufschrift "Eat the rich". Viele Grünen-Politiker reagierten empört, einige legten ihr auch den Rücktritt nahe.
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Nietzard-Eklat: Kretschmann legte Grüne-Jugend-Chefin Rücktritt nah

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte Nietzard zum Parteiaustritt aufgefordert. Der Grünen-Politiker sagte in Stuttgart:

Ich verstehe überhaupt nicht, was die bei uns will.

Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg

Die Grüne-Jugend-Vorsitzende zeigte sich "überrascht" vom Sturm der Entrüstung. "Ich wollte nur eine lustige Instagram-Story machen. Jetzt, wo die Aufregung da ist, will ich gerne über meine systemische Kritik an der Polizei sprechen", sagte Nietzard. Zugleich betonte sie:

Nicht jeder einzelne Polizist ist ein Schwein.

Jette Nietzard, Chefin der Grünen Jugend

"Ich habe noch ein paar andere Pullis im Schrank"

Sie sagte aber auch: "Viele Menschen, die nicht weiß sind, haben Angst, wenn ein Polizeiwagen vorbeifährt; und nicht mal jede zehnte Frau, die sexuelle Gewalt erfährt, erstattet Anzeige, weil sie Angst hat, dass ihr nicht geglaubt wird. Diese Menschen haben Angst vor einem Staat, der sie schützen soll."
 Franziska Brantner (l-r), Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), geschäftsführender Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen), geschäftsführende Außenministerin, und Felix Banaszak, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, stehen während des kleinen Parteitags von Bündnis 90/Die Grünen nach einer Blumenstraußübergabe auf der Bühne.
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Auf die Frage, ob sie eine solche Aktion wieder so machen würde, sagte Nietzard: "Ich habe noch ein paar andere Pullis im Schrank, Sie dürfen also gespannt sein, über welche Botschaften wir noch diskutieren."

Grüne Jugend: Chefin übt Kritik an der Partei

Deutliche Kritik übte Nietzard an ihrer Partei: Die Partei müsse mal überlegen, was für Konsequenzen sie aus der Wahlniederlage ziehe. "Der Kurs der Mitte ist gescheitert, aber die Reflexion lässt weiter auf sich warten", beklagte sie.
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Dass sie ihrer Partei Schaden zugefügt habe, sieht Nietzard nicht.

Der Schaden entsteht eher durch den Umgang der Bundespartei mit mir.

Jette Nietzard, Chefin der Grünen Jugend

Und weiter: "Das bleibt unseren Mitgliedern ja nicht verborgen. Am Ende kann das zur Entfremdung von Partei und Jugendorganisation beitragen." Cem Özdemir, Spitzenkandidat der Partei für die kommende Landtagswahl, kritisierte, bei den Grünen sei falsch, wer nicht kapiere, dass die Polizei auch Grünen-Werte verteidige.
Quelle: dpa, AFP

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