Anklage gegen Ex-Minister:Was Andreas Scheuer vorgeworfen wird
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen Ex-Minister Scheuer erhoben. Es geht um den Vorwurf der Falschaussage im Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut.
Hat der ehemalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer im U-Ausschuss zur PKW-Maut gelogen? Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Anklage erhoben. Scheuer bestreitet die Vorwürfe.
20.08.2025 | 2:52 minEine Aussage vor dem Untersuchungsausschuss zur gescheiterten Pkw-Maut könnte für den ehemaligen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nun strafrechtliche Konsequenzen haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Ex-Minister erhoben, der sich inzwischen aus der Politik zurückgezogen hat. Ob die Anklage zugelassen wird, muss jetzt das Landgericht entscheiden.
Bei der in Rede stehenden Aussage vor dem Ausschuss ging es um die Frage, ob Verträge mit einer Maut-Firma unterzeichnet worden waren, obwohl die Gefahr bestand, dass das Projekt vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gestoppt wird.
Was genau wird Scheuer vorgeworfen?
Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft Andreas Scheuer eine uneidliche Falschaussage vor. Scheuer habe bewusst falsch auf Fragen von Bundestagsabgeordneten im Maut-Untersuchungsausschuss geantwortet.
Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Ex-Minister Scheuer wegen uneidlicher Falschaussage angeklagt. Ob ein Prozess eröffnet wird, sei aber offen, so ZDF-Rechtsexpertin Sarah Tacke.
20.08.2025 | 3:38 minDer damalige Verkehrsminister hatte im Oktober 2020 vor dem Ausschuss gesagt, nach seiner Erinnerung habe es kein Angebot der Maut-Firma gegeben, den Vertragsabschluss zur Pkw-Maut auf einen Zeitpunkt nach dem zu erwartenden Urteil des EuGH zu verschieben.
Manager der Maut-Betreiberfirmen berichteten allerdings, Scheuer habe ihr Angebot abgelehnt, die Verträge für die Pkw-Maut erst nach der abzusehenden Gerichtsentscheidung zu unterzeichnen.
Scheuer bezeichnete die Anklage als "nicht nachvollziehbar". Sollte es zu einer Verurteilung kommen, droht ihm eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren.
Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den ehemaligen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer erhoben. Ihm wird vorgeworfen vor dem Mautuntersuchungsausschuss falsch ausgesagt zu haben.
20.08.2025 | 1:15 minWarum musste Scheuer vor dem Untersuchungsausschuss aussagen?
Der Bundestag setzte im November 2019 einen Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut ein, um mögliche Fehler Scheuers zu prüfen. Nachdem der EuGH die Pkw-Maut kippte, musste der Bund nämlich 243 Millionen Euro Schadensersatz an die Maut-Betreiber zahlen. Der Grund: Die Verträge mit den Maut-Betreibern waren schon unterschrieben worden, bevor das Gericht darüber entschieden hatte, ob die Maut rechtmäßig ist.
Ein Untersuchungsausschuss ist kein Gericht, sondern ein parlamentarisches Gremium, das Missstände im staatlichen Bereich aufklären soll. Hierzu kann er Zeugen laden.
So auch Scheuer, der im Januar 2021 erklärte, die EuGH-Entscheidung habe ihn "vollkommen überrascht". Er habe die Pkw-Maut so schnell wie möglich umsetzen wollen, um Einnahmen zu generieren.
Trotz aller Warnungen hat Andreas Scheuer als Verkehrsminister die Maut-Verträge unterschrieben. Das Projekt scheiterte. Wer haftet jetzt für die 243 Millonen Euro Schulden?
25.07.2023 | 8:12 minWährend der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses Scheuer keine Lüge nachweisen konnte, erhob die Opposition in einem Sondervotum schwere Vorwürfe.
Warum hatte der EuGH die Pkw-Maut gekippt?
Im Juni 2019 hatte der EuGH die Pkw-Maut für europarechtswidrig erklärt und das Prestigeprojekt der CSU damit gekippt. Die Richter monierten damals, dass die im Wahlkampf als "Ausländer-Maut" beworbene Abgabe gegen das europarechtliche Diskriminierungsverbot verstoße.
Denn nach den Plänen der damaligen Bundesregierung sollten zwar alle Autofahrer für die Nutzung von Bundesfernstraßen eine Maut zahlen müssen - unabhängig von ihrem Wohnort. In Deutschland lebende Fahrzeughalter sollten aber bei der Kfz-Steuer entlastet werden. Dadurch werde allein ausländischen Autofahrern in diskriminierender Weise eine wirtschaftliche Last aufgebürdet, so der EuGH in seinem Urteil.
Muss Scheuer jetzt doch für die Schäden persönlich haften?
Immer wieder heiß diskutiert wurde die Frage, ob Scheuer persönlich dafür haften muss, dass dem Bund wegen der gescheiterten Pkw-Maut ein Millionenschaden entstanden ist. Inwieweit Politiker für Schäden in Regress genommen werden können, die durch ihre Amtsführung entstanden sind, ist unter Juristen umstritten.
Der damalige Verkehrsminister Wissing (FDP) hatte prüfen lassen, ob sein Vorgänger Scheuer für das Maut-Debakel belangt werden kann. ZDFheute live mit einer Analyse.
31.07.2023 | 28:47 minNach Scheuers Ausscheiden als Verkehrsminister hatte sein Nachfolger, Volker Wissing, eine Berliner Anwaltskanzlei mit einem Gutachten zu der Frage beauftragt. Ende 2023 kamen die Anwälte zu dem Schluss: Ein Schadensersatzanspruch des Bundes gegen Scheuer sei zwar denkbar, das Risiko vor Gericht zu unterliegen, sei aber gleichzeitig sehr hoch. Das Ministerium verzichtete damals auf eine Klage gegen Scheuer.
In einem Strafverfahren wird die Frage danach, ob Scheuer für entstandene Schäden haften muss, außen vor bleiben. Sollte es im Prozess aber neue Erkenntnisse dazu geben, wie genau der Ex-Minister sich bei den Vertragsabschlüssen mit den Maut-Betreibern verhalten hat, könnte das Verkehrsministerium seinen Klageverzicht doch noch einmal überdenken. Dann wäre allerdings Eile geboten: Laut Anwaltsgutachten verjähren mögliche Schadensersatzansprüche gegen Scheuer Ende dieses Jahres.
Louisa Hadadi und Leon Fried arbeiten in der Redaktion Recht und Justiz.
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