Heinze zu AfD-Jugend: Nicht viele Radikalisierungsmöglichkeiten

Interview

Politikwissenschaftlerin zu AfD-Jugend:"So viele Möglichkeiten zur Radikalisierung bestehen nicht"

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"Inhaltlich gibt es ziemlich viele Kontinuitäten" in der neuen AfD-Jugend, so Politikwissenschaftlerin Heinze im ZDF. Im Ton bemühe sie sich um "strategische Mäßigung".

Politikwissenschaftlerin Dr. Heinze und Moderatorin Marietta Slomka

Sehen Sie hier das Interview mit Anna-Sophie Heinze in voller Länge.

30.11.2025 | 4:57 min

Am Wochenende gründete sich in Gießen die neue Jugendorganisation der AfD. Sie nennt sich: "Generation Deutschland". Nicht jedem gefiel das. Polizeiangaben zufolge demonstrierten am Samstag mehr als 25.000 Menschen in der hessischen Stadt. Das Aktionsbündnis "Widersetzen" sprach sogar von mehr als 50.000.

Mit Blick auf die AfD stellt sich die Frage: Wozu diese Neugründung und wie neu ist das, was da gegründet wurde? Darauf hat die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze Antworten. Sie forscht an der Universität Trier über Rechtsextremismus und politische Jugendorganisationen.

Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.

Im ZDF heute journal betont Politikwissenschaftlerin Heinze, dass ...

... "Generation Deutschland" radikal bis extrem agiere

Bei "Generation Deutschland" handele es sich organisatorisch schon um eine neue Jugendorganisation, die stärker an die Mutterpartei AfD gebunden sei. Doch inhaltlich und personell gebe es "schon ziemlich viele Kontinuitäten", so dass man durchaus von "teilweise altem Wein" sprechen könne.

Bezüglich der inhaltlichen Ausrichtung der Organisation deute alles auf eine Kontinuität hin, erklärt Heinze. Die Jugendorganisation agiere "mindestens radikal bis extrem" und auch "ins rechtsextreme Vorfeld".

Die "Junge Alternative" sei von Anfang an "radikaler bis hin zu offen extremer" als die AfD aufgetreten, sagt die Politikwissenschaftlerin.

Ich würde jetzt sagen, so viel mehr Möglichkeiten zur weiteren Radikalisierung bestehen eigentlich nicht. Man ist wirklich am Extremrand.

Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin

Was die Tonalität angehe, bemühe sich die Organisation "etwas um eine strategische Mäßigung", indem sie sich im Ton und Auftreten "etwas gemäßigter und softer" zeige. Und so stelle sich für die AfD und die "Generation Deutschland" nun die Frage, wie man es schaffe, radikale Positionen gemäßigter wirken zu lassen, ohne sie tatsächlich auch abzufedern.

Der gewählte Vorsitzende Jean-Pascal Hohm (Mitte) steht zusammen mit anderen Vorstandsmitgliedern der AfD-Jugendpartei „Generation Deutschland“ auf dem Podium nach der Neugründung der AfD-Jugendorganisation in Gießen, Deutschland, am Samstag, 29. November 2025.

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... die AfD die Jugendorganisation professionalisieren wolle

Die AfD als Mutterpartei möchte offiziell "mehr Durchgriffsrechte, mehr Kontrolle auch über die Jugendorganisation" haben, betont Heinze. Die "Junge Alternative" habe in der Vergangenheit etwa 2.300 Mitglieder gehabt, von denen jedoch nur die Hälfte auch in der AfD Mitglied waren.

Das habe zur Folge gehabt, dass die Partei "Fehltritte dieser Jugendorganisationsmitglieder nicht sanktionieren" konnte.

Tatsächlich war aber die Jugendorganisation früher als Verein organisiert und damit leichter zu verbieten.

Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin

Ein Verbot der Jungen Alternative sei "in ziemlicher Nähe" gewesen, nicht nur weil die Organisation als gesichert rechtsextrem eingestuft war, sondern "zunehmend in den Bereich der vermutlich rechtsterroristischen Bewegungen kam". Übergeordnet gehe es darum, die gesamte Organisation zu "professionalisieren" und "gemeinsam an einem Strang zu ziehen".

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... die Positionen und Akteure der AfD normalisiert werden

Die AfD ist beliebt bei jungen Wählerinnen und Wählern. Junge Menschen seien "sehr volatil", kurzfristige Faktoren wie Aktionen von Kandidierenden würden sie beeinflussen. Heinze stellt weiter fest, dass junge Menschen "langfristig weniger Parteibindungen" hätten als es bei früheren Generationen der Fall war.

Außerdem habe die AfD in den letzten Jahren "sehr gut" online und offline mobilisiert. Ein wichtiger Faktor sei zudem, dass "ihre Positionen und Akteure auch zunehmend normalisiert" würden.

Junge Menschen wachsen heute sozusagen in diesem Kontext auf, dass die AfD von einigen als völlig normale Partei wahrgenommen wird.

Anna-Sophie Heinze, Politikwissenschaftlerin

Das Interview führte Marietta Slomka, zusammengefasst hat es Katharina Schuster.

Über das Thema berichtete das ZDF heute journal am 30.11.2025 um 21:44 Uhr.

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