Bundeswehr: Deutlich mehr rechtsextreme Vorfälle

37 Prozent mehr als im Vorjahr:Mehr rechtsextreme Vorfälle in der Bundeswehr

von Jordan Grawenhoff
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Antisemitismus oder Hitlergruß: Die Zahl rechtsextremer Vorfälle in der Bundeswehr ist 2024 deutlich gestiegen. Gemeldet wurden 280 Verdachtsfälle, es gab 97 Entlassungen.

Indienststellung der Bundeswehr-Brigade in Litauen

Die Bundeswehr hat im vergangenen Jahr 97 Bundeswehrangehörige wegen rechtsextremistischer Bezüge entlassen.

Quelle: dpa

Die 280 gemeldeten Vorfälle - ein Anstieg von rund 37 Prozent gegenüber 2023 - reichen von antisemitischen und rassistischen Äußerungen über das Zeigen des Hitlergrußes und das Verbreiten von NS-Symbolik bis hin zu der Teilnahme an rechtsextremen Veranstaltungen. Betroffen sind überwiegend Soldaten auf Zeit (208 Fälle), daneben auch Berufssoldaten (29), Freiwillige im Wehrdienst (55) sowie Zivilbeschäftigte.

Das geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Zada Salihović hervor, die ZDFheute vorliegt. Laut Bundesregierung wurden gegen die Beschuldigten Disziplinarmaßnahmen, Entlassungen oder gerichtliche Verfahren eingeleitet. 2024 kam es zu 97 Entlassungen, rund 45 Prozent mehr als im Vorjahr (67). In etlichen Fällen seien die Verfahren aber noch nicht abgeschlossen.

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Soldaten hatten teils weiter Zugang zu Waffen

Besonders brisant: In 65 Fällen hatten Soldaten trotz laufender Ermittlungen weiterhin Zugang zu Waffen. 27 Beschuldigte blieben zudem in Ausbilderfunktionen oder traten als Vorgesetzte auf.

Zudem bestätigte das Verteidigungsministerium, dass einzelne Soldaten Verbindungen zu zivilen rechtsextremen Organisationen unterhalten. Über rechtsextreme Netzwerke innerhalb der Bundeswehr habe die Regierung dagegen keine Kenntnisse.

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Bundesregierung verweist auf Null-Toleranz-Strategie

Das Ministerium von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagt, Extremismus-Abwehr habe "höchste Priorität". Der Kampf gegen Rechtsextremismus sei eine "ganzheitliche Aufgabe", die der Militärische Abschirmdienst, die Personalführung und Disziplinarvorgesetzte gemeinsam verfolgten.

Zugleich verweist das Ministerium darauf, dass es sich bei den 280 Vorfällen gemessen an rund 180.000 Berufs- und Zeitsoldaten, Wehrdienstleistenden und 80.000 zivilen Angestellten "nur um ganz wenige Fälle" handele. Gleichwohl sei "jeder Fall von Extremismus einer zu viel und darf nicht toleriert werden".

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Kritik aus der Opposition

Die Linken-Abgeordnete Zada Salihović spricht angesichts der Zahlen von einem "strukturellen Problem" in der Truppe.

Die steigenden Zahlen rechtsextremer Vorfälle in der Bundeswehr sind alarmierend.

Zada Salihović, Linke

In manchen Fällen seien die Beschuldigten sogar als Ausbilder und Vorgesetzte aufgetreten. "Eine Null-Toleranz-Politik sieht anders aus", so Salihović. Nötig seien unabhängige Aufklärung, politische Bildung und klare Konsequenzen.

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