US-Drohneneinsätze via Ramstein: Gericht muss entscheiden

Bundesverfassungsgericht urteilt:Keine US-Drohneneinsätze mehr via Ramstein?

von Jan Henrich
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Die USA nutzen eine Air Base in Ramstein, um Radiosignale für Drohnenangriffe weiterzuleiten. Nun entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob Deutschland dagegen vorgehen muss.

Das Gebäude des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Das Bundesverfassungsgericht urteilt, ob Deutschland eine Mitverantwortung für US-Drohneneinsätze trägt. Es geht um einen Angriff auf Jemen, gesteuert vom US-Stützpunkt Ramstein.15.07.2025 | 0:22 min
Der US-Drohnenangriff Ende August 2012 in der jemenitischen Region Hadramaut galt in erster Linie Mitgliedern der Terrororganisation Al Kaida. Doch durch den Raketenbeschuss starben an dem Tag auch ein unbeteiligter Polizist und ein muslimischer Geistlicher, der sich zuvor sogar gegen Al Kaida ausgesprochen hatte.
Angehörige der Getöteten klagen seitdem vor deutschen Gerichten. Durch die andauernden Drohnenangriffe, bei denen immer wieder Unbeteiligte getötet würden, fürchten sie selbst um ihr Leben. Nun entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob Deutschland die Einsätze unterbinden muss. Denn um die Angriffe durchzuführen, nutzen die US-Streitkräfte auch eine Militärbasis in Deutschland.

Satelliten-Relaisstation in Ramstein leitet Signal weiter

Ferngesteuert werden die Drohneneinsätze von den USA aus. Per Unterwasser-Glasfaserkabel wird dabei ein Signal an eine Relaisstation auf der US Air Base Ramstein in Rheinland-Pfalz gesendet. Diese leitet die Daten dann wiederum über einen Satelliten an die jeweilige Drohne.
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Die Militärbasis in Deutschland dient damit als Daten-Schnittstelle für die Angriffe. Auf dem Gelände befindet sich zudem eines von weltweit fünf "Distributed Ground Systems" (DGS), mit denen der Videofeed einer Drohne analysiert werden kann. Das heißt: Theoretisch können von dort auch Ziele ausgekundschaftet und Angriffe ausgewertet werden.

Wie weit gehen "extraterritoriale Schutzpflichten" der Bundesregierung?

Aus Sicht der Kläger verstoßen die Drohnenangriffe gegen Völkerrecht und Deutschland müsse die Einsätze unter Beteiligung der Einrichtung in Ramstein dementsprechend unterbinden.
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Laut dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), das die Kläger in dem Verfahren unterstützt, ergebe sich aus dem Grundgesetz eine Schutzpflicht der Bundesregierung für Leben und körperliche Unversehrtheit der Kläger. Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung, auf eine Einhaltung des Völkerrechts hinzuwirken, seien nicht ausreichend, so Andreas Schüller vom ECCHR.

Ohne Ramstein könnten die Drohnenüberflüge in der Zahl nicht stattfinden.

Andreas Schüller, European Center for Constitutional and Human Rights

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Die Bundesregierung verwies in dem Verfahren hingegen darauf, dass die Verantwortung für Drohneneinsätze der USA im Jemen allein bei der US-Regierung liege. Die Einsätze würden nicht von deutschem Boden aus kontrolliert.
Außerdem seien Drohnenangriffe innerhalb des im Jemen herrschenden bewaffneten Konflikts nicht pauschal völkerrechtswidrig, auch dann nicht, wenn Zivilisten als Kollateralschäden getötet würden.

Bundesverwaltungsgericht hatte Klage zurückgewiesen

Verwaltungsgerichte in erster und zweiter Instanz hatten in dem Verfahren unterschiedlich entschieden. Zuletzt gab das Bundesverwaltungsgericht der Bundesregierung recht. Diese sei nicht untätig geblieben, sondern hätte sich auf diplomatischem Wege bemüht, auf die USA einzuwirken, sich an Völkerrecht zu halten. Eine weitergehende Verpflichtung bestehe nicht.
Allgemeine Schutzpflichten der Bundesregierung seien aber grundsätzlich nicht ausgeschlossen, so das Urteil von 2020. Auf diese könnten sich im Zweifel auch im Ausland lebende Ausländer berufen, wenn es einen "qualifizierten Bezug" nach Deutschland gebe.
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Welche konkreten Maßnahmen könnte die Bundesregierung ergreifen?

Offen ist, wie die Bundesregierung die Drohneneinsätze unterbinden könnte, sollten die Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht nun Erfolg haben. Die Bandbreite möglicher Maßnahmen sei groß, sagt Schüller gegenüber dem ZDF. Möglich sei beispielsweise eine klare Positionierung gegenüber der US-Regierung.

Es gibt verschiedene Formen der Eskalationsstufe.

Andreas Schüller, European Center for Constitutional and Human Rights

Deutschland könnte allerdings auch die Erlaubnis zur Nutzung bestimmter Funk-Frequenzen entziehen oder gar die US-Regierung auffordern, die Satellitenstation wieder rückzubauen.
Jan Henrich ist Redakteur in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

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