Xi Jinping: Ein moderner Mao Zedong für China?

Chinesisches Déjà-vu :Xi Jinping - Chinas moderner Mao?

von Andreas Singler
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Das viele Jahre getrübte Image von Mao Zedong erfährt in China wieder eine Wandlung zum Positiven. Das liegt an Präsident Xi, der durchregiert wie einst Mao. Nur erfolgreicher.

Eine Schwarz-Weiß-Fotoaufnahme von chinesischen Arbeitern, die Schaufeln tragen und in einer Reihe über ein Feld laufen.
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Das Image von Mao Zedong, Chinas einstigem "Großen Steuermann", war im modernen China schon einmal schlechter als unter dem heutigen Präsidenten auf Lebenszeit, Xi Jinping. Vor dessen Amtsantritt wurde Maos Bild in der Geschichte differenzierter betrachtet. Nicht alles war gut unter ihm, dies getrauten sich viele trotz staatlicher Meinungskontrolle zeitweise durchaus zu sagen. Denn Maos politische Fehler - und seine Verbrechen - hatten zahllose Menschenleben gefordert.
Der "Große Sprung nach vorne", mit dem China ab 1958 völlig dilettantisch über Nacht vom Agrar- zum Industriestaat umgebaut werden sollte, war ein grausamer Fehler mit bis zu 40 Millionen Hungertoten. China unter Xi dagegen ist im Zeitalter von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz tatsächlich ein riesiger Sprung nach vorne gelungen. Wirtschaftlich ist das Land erfolgreicher denn je.
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Kulturrevolution: Auch Xi und sein Vater fielen ihr zum Opfer

Die 1966 von Mao ausgerufene Kulturrevolution, die unterschiedlichen Schätzungen zufolge mehreren Millionen Menschen das Leben kostete, war Maos größtes Verbrechen. In vielen Familien gab es mindestens einen, der zu Unrecht denunziert, von fanatisierten Rotgardisten oder staatlichen Milizen gefoltert oder gar ermordet wurde.
Auch die Familie von Chinas heutigem Präsidenten Xi bildet da keine Ausnahme. Sein eigener Vater Xi Zhongxun fiel als stellvertretender Ministerpräsident Chinas 1961 wegen einer Lappalie bei Mao in Ungnade. Er verbrachte mehrere Jahre im Gefängnis.
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Und Xi selbst, damals Absolvent einer Partei-Eliteschule, wurde wie 17 Millionen andere junge Chinesen zur Umerziehung aufs Land geschickt. Doch heute romantisiert die kommunistische Propaganda diese Zeit wie einst Maos junge Jahre.

Aufs Land geschickt zu werden, war eine sehr prägende Erfahrung. Es war eine Art Läuterung.

Xi Jinping, chinesischer Staatspräsident seit 2013

Mit der "Großen Proletarischen Kulturrevolution" 1966 rief Staatsgründer Mao Zedong die Volksmassen auf, sich gegen angeblich "revisionistische" Tendenzen innerhalb der Kommunistischen Partei aufzulehnen. Zugleich wurde die Jugend gegen "reaktionäre akademische Autoritäten" aufgehetzt. Dies gab Mao Gelegenheit, sich von parteiinternen politischen Kritikern zu befreien. Nach seiner Amtseinführung 2013 untersagte Xi Jinping kritische Forschung zu Mao.

Quelle: bpb

Herrschaftstechniken wie einst Mao - nur moderner

So wie Xi selbst seinen einstigen Opferstatus heute ins Positive umdeutet, dreht sich durch ihn auch Maos Image. Denn in Xi erkennen heute viele den Gründer der Volksrepublik China wieder - einen starken Führer mit ehrgeizigen, im 21. Jahrhundert auch nach außen gerichteten Zukunftsvisionen von einem blühenden Land dank fortwährender Revolution.
Xi Jinping steht vor einer roten Flagge mit gelbem Hammer und Sichel-Aufdruck und hebt leicht die Hand.
Unter Präsident Xi Jinping erlebt Mao Zedongs Image einen Wandel. Die beiden Staatsführer werden immer häufiger verglichen, wobei das Land unter Xi großen Fortschritt erreicht.
Quelle: dpa

Von der immerwährenden Revolution ist Xi beseelt. Zu ihr gehört in China heute wie früher die Gedankenkontrolle. Brachte Mao im Bestreben, den "neuen Menschen" zu kreieren, einst Partei und Gesellschaft mit einer durchgreifenden gegenseitigen Bespitzelung auf Linie, so bekämpft auch Xi abweichende Meinungen mit allem, was dem Diktator von heute dafür an Mitteln zur Verfügung steht.

Sehen Sie die Doku "Xi Jinping - Aufstieg eines Führers" am 12. Mai um 20:15 Uhr bei ZDFinfo oder streamen Sie sie jederzeit bei Web und App.

Globale Machtspiele - Kampf um das Chinesische Meer
Xi Jinping weitet seinen Machtanspruch im Südchinesischen Meer und Richtung Taiwan aus. Fast täglich kommt es zu Zusammenstößen zwischen philippinischen Fischern und Chinas Küstenwache. 29.08.2024 | 43:33 min

Weltmarktführer in Bespitzelung und Überwachung

Sein Milliardenvolk hält Xi durch ein auf die Spitze getriebenes Überwachungssystem an der kurzen Leine. Mit ihm ist China technologisch Weltmarktführer, wenn es um die Bespitzelung und Überwachung der eigenen Bevölkerung geht.

Die können alles sehen. Das ist, als wäre man ein Goldfisch im Glas mit Deckel.

Cai Xia, ehemalige Professorin an der Zentralen Parteischule, Dissidentin seit 2020

600 Millionen Überwachungskameras mit Gesichtserkennung speisen im Verbund mit all den anderen Daten des hochdigitalisierten chinesischen Alltags ein so genanntes Sozialkreditsystem. Es lässt praktisch keine Schlupflöcher mehr, belohnt erwünschtes Verhalten und bestraft unerwünschtes. Und die Kontrolle des Internets gelingt so umfassend, dass in Anspielung an die Große Mauer von "The Great Firewall" gesprochen wird.

So entsteht ein techno-autokratisches System, das es so noch nie gegeben hat. George Orwell ist dagegen Steinzeit.

Orville Schell, Sinologe aus New York

08.05.2025, Russland, Moskau: Der russische Präsident Wladimir Putin (r) und der chinesische Präsident Xi Jinpin nehmen nach ihrem Treffen im Kreml an einer Unterzeichnungszeremonie im Vorfeld der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg teil.
Bei seinem Besuch in Moskau hat Chinas Präsident Xi Jinping mit Wladimir Putin die strategische Partnerschaft bekräftigt. Weitere Vereinbarungen sollen folgen.08.05.2025 | 0:20 min

Über die "Neue Seidenstraße" zur Weltmacht

Nach außen hin spinnt Xi in atemberaubendem Tempo am Projekt "Neue Seidenstraße", um politischen und wirtschaftlichen Einfluss ganz besonders in der sich entwickelnden Welt zu gewinnen. Mit rund 100 Staaten in Südostasien, Afrika und Lateinamerika will China in Form gigantischer Infrastrukturprojekte ins Geschäft kommen. Und auf diesem Wege eine neue Weltordnung begründen, in deren Zentrum dem "Reich der Mitte" die Führungsrolle zufällt.
Derart mit neuem Selbstbewusstsein ausgestattet wird Xi Jinping auch in der Taiwanfrage immer deutlicher. Niemand könne die "Wiedervereinigung" Chinas mit der von mehr als 23 Millionen Menschen bewohnten Insel stoppen, sagte Xi in seiner Neujahrsansprache. Und droht in Form groß angelegter Militärmanöver immer unverblümter mit Krieg.

Chinas Präsident zu Taiwan
:Xi: "Wiedervereinigung nicht aufzuhalten"

In seiner Neujahrsansprache hat der chinesische Präsident Xi Jinping abermals den Druck auf Taiwan erhöht. "Niemand" könne eine Wiedervereinigung "stoppen".
Chinas Präsident Xi Jinping, Neujahrsansprache
mit Video

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