Vom KGB-Offizier zum Präsident:Putins Aufstieg zur Macht
25 Jahre ist Wladimir Putin in Russland an der Macht. Aber wie kam er dorthin? Der Blick auf die Anfänge seines Aufstiegs kann helfen, Putins heutiges Handeln besser zu verstehen.
Als Assistent des Bürgermeisters macht sich Putin schnell einen Namen. Doch dann verschwinden Rohstoffe im Wert von Millionen, mit seiner Unterschrift. Kommt es zum Gerichtsprozess?
21.09.2025 | 33:01 minLeningrad im Winter 1990. Der Zusammenbruch der Sowjetunion hat begonnen, der Staat kann seine Bürger kaum noch mit dem Nötigsten versorgen. Stadtratsvorsitzender und späterer Bürgermeister ist Anatoli Sobtschak. Ein Juraprofessor, der als profilierter Reformer gilt und als politische Hoffnung des demokratischen Lagers. Sobtschak stemmt sich der Krise entgegen. An seiner Seite hat er einen Assistenten: Wladimir Putin.
Weggefährten jener Jahre beschreiben Putin als einen Bürokraten, der - untypisch für die Sowjetunion - Verantwortung übernimmt und Entscheidungen selbst trifft. Ein Mann, der andere schnell für sich einnehmen kann und trotzdem stets verschlossen bleibt, als fürchte er eine Falle.
Wladimir Putin und Anatoli Sobtschak in St. Petersburg (Archivbild)
Quelle: imagoPutin mit dem Mindset eines KGB-Mannes
Ein Mindset, das für viele KGBler charakteristisch ist. Putin hat die Schule des Geheimdienstes besucht. Für die große Karriere reichte es aber nicht, lediglich zu einem Außenposten in der befreundeten DDR.
In Dresden erlebt er 1989 die friedliche Revolution mutiger DDR-Bürger. "Das war sein Schlüsselerlebnis mit der aufkommenden Demokratie", sagt Sergeij Schirnow, der gemeinsam mit Putin im KGB diente.
Seitdem hat er panische Angst, wenn sich der Wille der Menschen in Demonstrationen auf der Straße ausdrückt.
Sergeij Schirnow, diente mit Wladimir Putin im KGB
Während der Westen auf die Ukraine blickt, festigt Putin Russlands Einfluss in Afrika. Durch Militärhilfe, Rohstoffdeals und Propaganda gewinnt er neue Verbündete.
04.09.2025 | 29:31 minKGB hat seine Leute bei Politikern platziert
Kurz darauf wird der KGB-Offizier Putin in die Sowjetunion zurückbeordert und landet bald an der Seite Anatoli Sobtschaks. Putin-Biograf Philip Short ist sich sicher: "Der KGB hat dafür gesorgt, dass Putin in Sobtschaks Nähe kam."
Doch warum braucht der Politiker einen KGB-Mann an seiner Seite? "Sobtschak hat sich das nicht ausgesucht", sagt Oleg Kalugin, ehemals stellvertretender Leiter des Leningrader KGB. "Der KGB hat seine Leute platziert. Außer beim Generalsekretär der Partei, da haben wir eine Ausnahme gemacht."
Putin hat seine Position gefestigt. Aber Beamte leben gefährlich, denn die Macht auf der Straße gehört kriminellen Banden. Schafft es Putin, sich und seinen Boss zu schützen?
21.09.2025 | 29:47 minBeschaffungsprogramm für St. Petersburg organisiert
Im krisengeplagten Leningrad, seit 1991 wieder in St. Petersburg umbenannt, präsentiert Putin öffentlichkeitswirksam ein Beschaffungsprogramm: Wertvolle Rohstoffe sollen exportiert und dafür Lebensmittel importiert werden. "Für die ganzen Rohstoffe kam nicht ein Gramm Lebensmittel zurück", sagte die inzwischen verstorbene Marina Salié in einem Interview 2012. Sie leitete einen Untersuchungsausschuss des Stadtparlaments.
Lizenzen wurden vergeben, aber die Firmen lieferten nicht, und das Geld war weg.
Marina Salié, leitete Untersuchungsausschuss im Stadtparlament von St. Petersburg
Der Untersuchungsausschuss kommt zum Schluss: Mit Putins Unterschrift verschwinden Rohstoffe im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar im Ausland. Das Geld landet mutmaßlich in schwarzen Kassen im Ausland. Putin betont, er habe zum Wohl der Stadt gehandelt, eine persönliche Bereicherung wird ihm nicht nachgewiesen. Doch der Ausschuss fordert Putins Rücktritt und Ermittlungen des Staatsanwalts.
Aber Sobtschak nimmt seinen Mann in Schutz. Denn Putin hat sich unersetzlich gemacht. "Putin war der Fixer von Sobtschak", sagt der deutsche Unternehmer und Putin-Bekannte Franz Sedelmayer. Es kommt nicht zu seinem Strafverfahren. Putin wird sogar zum stellvertretenden Bürgermeister ernannt.
Wladimir Putin führt Russland mit harter Hand. An seiner Seite steht eine kleine Clique eingeschworener Gefolgsleute: Putins Helfer.
22.10.2023 | 44:59 minWladimir Putin bestreitet Vorwürfe
Schwarze Kassen im Ausland und ein Netzwerk, das sich gegenseitig schützt. Die Episode mutet an wie ein Miniaturmodell des "Systems Putin", das ihm Kritiker seit Jahren vorwerfen. "Man kann tatsächlich sagen, dass dieses Petersburger Modell quasi eine Blaupause war für Putin, wie das im Großen aufzuziehen ist", so die Russlandkennerin Sabine Adler. "Und aber auch der Sündenfall war, weil er gemerkt hat: Man kommt damit durch." Putin selbst hat solche Vorwürfe stets bestritten.
Streamen Sie den Doku-Dreiteiler "Der Pate von St. Petersburg" von Terra X History jederzeit im ZDF-Streaming-Portal. Oder sehen Sie die 90-minütige Dokumentation über Putins Aufstieg zur Macht am 23. September um 20:15 Uhr im ZDF.
Nach seiner Beförderung zum Vize-Bürgermeister sitzt Putin jedenfalls fest im Sattel. "Diese ganze Geschichte würde ich 'Operation Trojanisches Pferd' nennen", sagt Leonid Dobrowolski, der damals im Petersburger Stadtrat arbeitet, "weil Putin sich nach außen als Demokrat, als Liberaler darstellt. Nach und nach hat er im Rathaus alle Vertreter der Demokratiebewegung ausgetauscht gegen die alte Garde aus dem Sowjetsystem."
Es sind alles Männer, meist in Putins Alter und ebenfalls mit KGB-Hintergrund. Männer wie Igor Setschin, Viktor Iwanow oder Sergei Naryschkin. Diese "Petersburger" sind Putin auf dem Weg nach oben gefolgt.
Putins Aufstieg in St. Petersburg findet ein jähes Ende, als sein Mentor die Bürgermeisterwahl verliert. Seine Karriere scheint vor dem Aus zu stehen.
21.09.2025 | 32:14 minVom KGB-Offizier zum Präsidenten
Die Betrachtung jener Jahre hilft dabei, Putin besser zu verstehen. Ein Mann, dem es offenbar gelungen ist, viele über seine wahren Absichten zu täuschen. Der auf einen kleinen Kreis loyaler Männer - viele mit KGB-Hintergrund - setzt, die ihm verpflichtet sind. US-Diplomat Andrew Goodman sagt, Putin habe ihm schon in den 1990ern seine Vision von einem Russland offenbart, das zwar zunächst auf den Westen angewiesen sei, sich aber unabhängig machen und zu alter Größe zurückkehren müsse.
"Er ist von zwei Mentalitäten geprägt", sagt der Investigativjournalist Roman Anin, "der Mentalität eines Kriminellen und der Mentalität eines Geheimdienst-Mannes." So liegt im Blick auf seinen schier unglaublichen Aufstieg - vom KGB-Offizier zum Präsidenten einer Atommacht binnen eines Jahrzehnts - ein Schlüssel zum besseren Verständnis Wladimir Putins.
Mehr zu Wladimir Putin
- Interview
Internet-Experte im ZDF:Beckedahl: Putin will Bevölkerung kontrollieren
- mit Video
Mikrofon-Panne von Putin und Xi:Ewig leben? Organ-Gerede mit bedenklichen Folgen
von Nils Metzger - mit Video
Reaktionen im Kreml:Wie reagiert Putin auf den Washington-Gipfel?
von Armin Coerper - Analyse
Trumps Ultimatum an Russland:Was von Witkoffs Besuch bei Putin bleibt
von Armin Coerper