Feiertage im US-Kulturkampf:"Merry Christmas" oder "Happy Holidays"?
von Hannah Lanz und Katharina Schuster, Washington D.C.
Weihnachten in den USA war immer ein Fest der Familie und des Konsums. Unter Trump hat es eine neue Dimension erhalten: Der Feiertag wird zum Symbol im Kulturkampf der Nation.
"Merry Christmas" oder "Happy Holidays"? In den USA ist Weihnachten längst politisch. Manche sprechen gar von einem Krieg um Weihnachten.
24.12.2025 | 1:30 min"Merry Christmas" (Frohe Weihnachten) oder "Happy Holidays" (Frohe Feiertage): In den USA hat Weihnachten eine neue Dimension erhalten. Manche nennen es sogar den "War on Christmas" (Krieg um Weihnachten).
Die Geschichte des "War on Christmas" beginnt nicht erst mit US-Präsident Donald Trump, sondern reicht schon mehr als zwei Jahrzehnte zurück. Der Ausdruck "Happy Holidays" wurde in den 2000er Jahren immer häufiger verwendet, um Menschen unterschiedlicher Religionen oder Kulturen anzusprechen.
Doch für konservative Kreise und Evangelikale war und ist dies ein Angriff auf das christliche Erbe des Landes. "Weihnachten wird verboten", war die Beschwerde, und es gab die Befürchtung, dass religiöse Feiertage aus dem öffentlichen Leben verschwinden könnten.
Wer hätte das gedacht: Der Weihnachtsmann, wie wir ihn kennen, stammt aus der Feder eines deutschen Auswanderers: Thomas Nast. Er wurde als politischer Karikaturist in den USA berühmt.
11.12.2025 | 2:53 min"Merry Christmas" gegen die "radikale Linke"
Trump macht dieses Narrativ zum Bestandteil seiner politischen Agenda. "Als ich 2015 anfing, hielt ich meine erste Rede und sagte, dass wir Weihnachten zurückbringen", so Trump bei einer Rede in Pennsylvania vor gut zwei Wochen.
Die "radikale Linke" habe das Wort "Weihnachten" abschaffen wollen. "Wir haben es geschafft. Jetzt sagen alle wieder 'Merry Christmas' (Frohe Weihnachten)", so Trump. Wer "Merry Christmas" sagt, stelle sich gegen die "politische Korrektheit".
Mit über 50 Weihnachtsbäumen und rund 200 Meter Girlanden hat US-First-Lady Melania Trump das Weiße Haus weihnachtlich schmücken lassen. Das Motto: "Zuhause ist, wo das Herz ist".
02.12.2025 | 0:25 minAuch Demokraten nutzen Weihnachten politisch
Doch nicht nur konservative Kreise nutzen Weihnachten politisch. Auch die US-Demokraten greifen das Fest auf. Wenn auch mit anderen Botschaften.
Statt den "War on Christmas" zu betonen, lenken sie die Aufmerksamkeit auf soziale Ungleichheit und Gerechtigkeit. Krippendarstellungen werden genutzt, um Migration und die Situation von Geflüchteten zu thematisieren.
In der Diskussion um religiöse Symbole im öffentlichen Raum stellen sie die Frage, warum vor allem Weihnachtsbäume sichtbar sind, aber nicht die Menora der jüdischen Gemeinde für das Fest Chanukka oder andere religiöse Symbole.
Das Lichterfest Chanukka stellt für das jüdische Volk auf der ganzen Welt eine alljährliche Tradition da. Es geht zurück auf die Rückeroberung des Tempels in Jerusalem, im 2. Jahrhundert.
14.12.2025 | 1:10 minWeihnachten als politisches Instrument
"Weihnachten wurde für Konservative zu einem Symbol für den vermeintlichen Verlust traditioneller Werte", erklärt Tina Kempin Reuter, Professorin für politische Wissenschaften, im Gespräch mit ZDFheute. Auch bei ihr im US-Bundesstaat Alabama sehe man Schilder in den Vorgärten mit der Aufschrift "Keep Christ in Christmas" (Bewahrt Christus in Weihnachten).
Bei dem Konflikt gehe es weniger um Religion als um Identitätspolitik und um die Frage, welche Traditionen im öffentlichen Raum Platz finden sollen, erklärt Kempin Reuter.
Es geht um Zugehörigkeit und Sichtbarkeit. Wer darf definieren, was amerikanische Werte sind? Weihnachten ist dafür ideal, weil es emotional, sichtbar und öffentlich ist.
Tina Kempin Reuter, Politikwissenschaftlerin
"Merry Christmas" sei in vielen Kontexten kein neutraler Gruß mehr, sondern ein politisches Statement. "Wer ihn benutzt, signalisiert oft bewusst oder unbewusst eine kulturelle oder politische Zugehörigkeit", erklärt die US-Politikwissenschaftlerin im ZDFheute-Interview. "Nach dem Motto: Wer 'Merry Christmas' sagt, stellt sich gegen angebliche politische Korrektheit." Vor allem durch Trump sei dieser Streit politisch aufgeladen worden.
"Für viele Menschen bedeutet das, dass selbst alltägliche Höflichkeiten politisch gelesen werden können", bilanziert Kempin Reuter. "Dass man sich überlegt, in welchem Umfeld sage ich 'Frohe Weihnachten' und wo 'Frohe Festtage'".
US-First Lady Melania Trump hat das Children's National Hospital in Washington D.C. besucht. Dabei hat sie aus dem Kinderbuch "Wie kommt der Weihnachtsmann durch den Kamin?" vorgelesen.
06.12.2025 | 0:53 minWeihnachten als Luxus
Indem US-Präsident Trump Weihnachten politisch inszeniert, könne er seine Anhänger mobilisieren und von anderen, komplexeren Themen ablenken, erklärt die Politikwissenschaftlerin.
Weihnachten in den USA wird teurer. Durch Trumps Zölle steigen die Preise, was das Fest für viele US-Amerikaner zu einer finanziellen Belastung macht. Der Weihnachtsdiskurs biete die Möglichkeit für einfache Schuldzuweisungen, "klare Feindbilder".
Viele einkommensschwächere Familien sparen, andere kaufen kleinere Bäume oder verzichten ganz auf teure Geschenke.
Tina Kempin Reuter, Politikwissenschaftlerin
ZDF-Reporterin Anja Heyde berichtet aus dem OSZ Gastgewerbe - zusammen mit den Köchen in Ausbildung Duc Vu und Julian Weigelt stellt sie unkomplizierte, preiswerte Ideen für ein Weihnachts-Menü vor.
12.12.2025 | 17:20 minEin Christbaum sei für einkommensschwächere Familien zum Teil unerschwinglich. Wohlhabendere Familien hingegen leisten sich den Luxus. "Einkommensschwächere Familien sparen, wohlhabendere Familien kaufen weiter problemlos Luxusgüter", sagt Kempin Reuter. Auch da zeige sich die gespaltene Gesellschaft. "Für manche ist Weihnachten ein Konsumfest, für andere eine finanzielle Belastung. Und eine andere Art von Spaltung, nicht politisch, aber wirtschaftlich".
Die Verkaufszahlen im Einzelhandel sind in den letzten Monaten deutlich zurückgegangen. Vor dem Weihnachtsgeschäft hofft die Branche nun auf einen Aufschwung.
04.11.2025 | 1:52 minUnd so ist die Frage, wie Weihnachten gefeiert wird, wer "Merry Christmas" sagt und wer "Happy Holidays" bevorzugt, nicht nur eine Frage der persönlichen Vorliebe, sondern auch ein Indikator für die politischen und sozialen Linien, die das Land spalten.
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