US-Unesco-Austritt: Was der Schritt für die Welt bedeutet
FAQ
"Nicht im nationalen Interesse":Was der US-Unesco-Austritt bedeutet
von Katharina Schuster, Washington D.C.
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Die US-Regierung Trump will Ende 2026 erneut aus der Unesco austreten und begründet das mit fehlendem nationalen Interesse. Was der Schritt für die Unesco und die USA bedeutet.
Die USA wollen mit Ende 2026 aus der UN-Kulturorganisation Unesco austreten.
Quelle: AP
Die USA wollen erneut aus der Unesco austreten. Die Mitgliedschaft in der UN-Bildungs- und Kulturorganisation sei "nicht im nationalen Interesse" des Landes, erklärte das Außenministerium in Washington. Bereits während der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump waren die USA vorübergehend aus der Unesco ausgetreten.
Unesco-Chefin Audrey Azoulay zeigte sich enttäuscht über den erneuten Rückzug.
Diese Entscheidung widerspricht den Prinzipien des Multilateralismus.
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Audrey Azoulay, Unesco-Chefin
Was bedeutet der Schritt für die Unesco?
Die UN-Kulturorganisation habe den Schritt jedoch nach einer von der US-Regierung Anfang des Jahres angeordneten Überprüfung erwartet, erklärte die Unesco-Chefin Azoulay weiter. Die Unesco sei vorbereitet, habe Strukturreformen vorgenommen und ihre Finanzierung auf eine breitere Basis gestellt. Inzwischen sei die Organisation finanziell besser abgesichert, da sie von einer großen Zahl von Mitgliedstaaten und privaten Spendern kontinuierlich unterstützt wird.
Auch Daniel Wagner, Professor für Erziehungswissenschaften an der Universität Pennsylvania, der außerdem einen Unesco-Lehrstuhl für Lernen und Alphabetisierung innehat, macht klar:
Die USA sind in den letzten Jahrzehnten mehrmals ausgetreten. Die Folgen waren immer schlimmer für die USA als für die Unesco.
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Daniel Wagner, Unesco-Lehrstuhl für Lernen und Alphabetisierung
Dennoch: Der US-Austritt habe ganz konkret zum Beispiel Folgen für globale Bildungsinitiativen, erklärt Wagner im Gespräch mit ZDFheute. Die Organisation sei zentral für das UN-Ziel, weltweite Lese- und Lernkompetenzen zu fördern. Ein Bereich, in dem die USA, insbesondere über die US-Entwicklungshilfebehörde USAID, lange "maßgeblich unterstützt" haben, so der Erziehungswissenschaftler.
Auch bei aktuellen Themen wie dem Einsatz von KI im Bildungswesen sei die Unesco führend, etwa mit der "Woche des digitalen Lernens". Mit dem Austritt verlieren die USA die Möglichkeit, diese Debatten aktiv mitzugestalten oder Bildungsinitiativen offiziell zu fördern, bilanziert Wagner. "Der Austritt wird Folgen für alle Beteiligten haben."
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Was bedeutet der Austritt für die USA?
Die US-Regierung begründet ihren Austritt mit dem Vorwurf, die Unesco fördere "spaltende soziale und kulturelle Agenden" und habe mit der Aufnahme Palästinas eine israelfeindliche Haltung unterstützt. Die Unesco wies dies zurück: Man setze sich weltweit gegen Hass und Leugnung des Holocaust ein, etwa durch Lehrerfortbildungen in 85 Ländern, so Generaldirektorin Azoulay. Israels Außenminister Gideon Saar begrüßte den US-Ausstieg und sprach von einem "notwendigen Schritt", um Israels Recht auf faire Behandlung in der UNO zu sichern.
Es sei ein "trauriger Schritt für die Welt, aber er schwächt auch die Stärke der USA auf globaler Ebene", macht US-Historiker Donald Nieman im Gespräch mit ZDFheute klar. Aus seiner Sicht untergräbt der Austritt die sogenannte "Soft Power" Amerikas - also die Fähigkeit, durch kulturelle und moralische Autorität weltweit Einfluss zu nehmen.
Die Welt lernt schnell, dass die USA nicht länger die Menschenrechte unterstützen und Dinge fördern, die die Welt zu einem besseren Ort für alle machen.
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Donald Nieman, US-Historiker
Stattdessen wachse international der Eindruck, dass Amerika nur von Eigennutz und Engstirnigkeit getrieben sei. Das sei ein Rückfall in das alte Klischee des "hässlichen Amerikaners", das der US-Historiker als "engstirnig, ignorant und unsensibel gegenüber anderen Kulturen" beschreibt. "Trump tut alles, was er kann, um dieses Image wiederherzustellen, sehr zum Nachteil der USA."
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Kommt der Schritt überraschend?
Es ist bereits das dritte Mal, dass die Vereinigten Staaten die Unesco verlassen, und das zweite Mal unter einer Regierung Trump. Der hatte sein Land bereits während seiner ersten Amtszeit aus der Organisation geführt. Nach fünf Jahren Abwesenheit traten die USA der Unesco unter seinem demokratischen Nachfolger Joe Biden wieder bei.
Es sei daher "kaum ein historisches Ereignis", macht US-Historiker Donald Nieman klar. Trump kehre de facto zu seiner früheren Linie zurück. Überraschend sei, dass es so lange gedauert habe. Vollzogen wird der neuerliche Austritt im Dezember 2026.
Quelle: AP
Die Unesco ist vor allem für die Listen des Weltkulturerbes bekannt. Doch die Organisation mit rund 2.000 Mitarbeitern und einem dreistelligen Millionen-Etat ist in vielen weiteren Feldern aktiv - von Bildung über Biosphärenreservate bis hin zu Gleichberechtigung.
Ihr Auftrag ist es, durch Förderung der internationalen Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation zur Erhaltung des Friedens und der Sicherheit beizutragen. Derzeit sind 194 Staaten Mitglied der Unesco, die ihren Sitz in Paris hat. Deutschland trat der Unesco 1951 bei.
Quelle: dpa
Welches Signal will Trump senden?
Der Schritt sei auch ein Zeichen an Trumps MAGA-Basis, erklärt Nieman weiter. "Es soll ein Signal an seine Basis sein, dass er immer noch ein 'America First'-Typ ist, der sich nicht dafür interessiert, was andere Nationen von den USA halten."
Das sei wichtig in einer Zeit, in der viele in der MAGA-Welt ihre Besorgnis über Anzeichen des Interventionismus, also das aktive Eingreifen in die Angelegenheiten anderer Länder, zum Ausdruck gebracht haben. Genau das hatte er versprochen zu beenden.
Katharina Schuster ist Reporterin im ZDF-Studio in Washington D.C.
Grand Canyon Nationalpark
Zu den Weltkulturerbestätten in den USA gehören zahlreiche Nationalparks. Darunter der Grand Canyon National Park, Yellowstone National Park und der Yosemite National Park.