Stopp US-Studentenvisa: "USA schneiden sich in eigenes Fleisch"
Terminstopp US-Studierendenvisa:"USA schneiden sich in ihr eigenes Fleisch"
von Matheo Berndt
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Das US-Außenministerium setzt die Terminvergabe für Austausch- und Studierendenvisa vorerst aus. Wie geht es den Studierenden? Wie reagieren die Universitäten?
Eine Zeit lang an einer US-amerikanischen Universität studieren - für viele deutsche Studierenden wird das mit der neuen Visa-Vergabe kompliziert.
Quelle: ZDF
Für Marlenes Termin im Frankfurter US-Konsulat ist sie sicherheitshalber eine halbe Stunde früher da. Ob das Gespräch für ihr Austauschvisum tatsächlich stattfindet, weiß die Hohenheimer Studentin noch nicht.
Die Terminvergabe für Studierenden- und Austauschvisa soll in Konsulaten und Botschaften weltweit bis auf weiteres ausgesetzt werden - so die interne Anweisung des US-Außenministeriums vom Dienstag, über die unter anderem die Nachrichtenagenturen AFP und Reuters berichteten.
Grund dafür sei eine geplante Überarbeitung der Kriterien für Antragsstellende, insbesondere auf Social Media.
Das Baden-Württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst unterhält mehrere Landesaustauschprogramme in die USA. Studierende und Universitäten hängen nun vielerorts in der Schwebe.
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"Die Website war überhaupt nicht mehr verfügbar"
Marlene wurde am Mittwoch per E-Mail von ihrer Universität über die Anordnung informiert. Sie hatte ihren Termin im Konsulat Anfang Mai über ein Online-Portal der US-Regierung gebucht:
Ich wollte nachschauen, ob der Termin noch steht, aber die Website war überhaupt nicht mehr verfügbar.
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Marlene, Studentin
Die Schlange im Konsulat zwei Tage später sei lang, die Abläufe aber reibungslos gewesen. "Ich glaube, die Fragen waren normal und ich habe danach direkt das "Okay" für mein Visum bekommen. Ich hatte mir das, um ehrlich zu sein, schwieriger vorgestellt."
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Ungewissheit trotz Visum
Auslandsbüros vieler Universitäten beschreiben eine große Ungewissheit: "Einige unserer Austausch-Studierenden haben bereits ein Visum, aber die die noch keins haben, stehen in der Luft", so Marc-Philipe Weller, Prorektor für Internationales und Diversität an der Universität Heidelberg.
Er vermutet aber, dass die Gesprächstermine nach einer Verschärfung der Vergabeprozesse bald wieder aufgenommen werden. "Für die Studierenden ist das natürlich gleichwohl eine Unsicherheit."
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Das merken auch andere Einrichtungen. "Es ist das erste Mal, dass wir in Hohenheim konkrete Auswirkungen der Trump-Präsidentschaft spüren - bisher fand das eher auf der Metaebene statt", erklärt Benjamin Gehring, Leitung des Akademischen Austauschamtes der Universität Hohenheim. "Die Nachricht erreicht uns zu genau dem Zeitpunkt, an dem viele Austauschstudierende ihre Visa beantragen." Auch Studierende, die bereits ein Visum haben, fürchten nun, dass man es ihnen wieder entzieht.
Ich persönlich finde die Maßnahme fatal. Das sind lange bestehende Partnerschaften, die innerhalb von ein paar Monaten nachhaltig beschädigt sind.
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Benjamin Gehring, Akademisches Austauschamt Universität Hohenheim
Gehring erwartet einen Rückgang der Bewerbungen, ähnlich wie in der ersten Trump-Amtszeit.
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Hoffnung auf US-Aufenthalt - trotz allem
Auch in Heidelberg kritisiert man den Schritt: Die Maßnahme sei absurd, "die USA schneiden sich in ihr eigenes Fleisch", so Prorektor Weller. Er bewertet den Studienstandort USA dennoch weiterhin als attraktiv, gerade für Studierende der Rechts- Sozial- und Politikwissenschaften. Sofern keine persönlichen Gründe dagegen sprächen, rate er dazu, die Chance auf einen Aufenthalt in den USA wahrzunehmen.
Das Termin-Portal ist wieder online, für die Studierenden bleibt die Situation aber vorerst ungewiss. "Wir müssen natürlich mit der Unsicherheit leben, dass wir immer noch ausgewiesen werden können", sagt Marlene. "Darüber sind wir uns alle im Klaren."