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Interview
Warum Trump auf Zölle setzt:Expertin: "Es wird keinen Gewinner geben"
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Mit seiner Politik der hohen Zölle verunsichert Donald Trump gerade die komplette Weltwirtschaft. Das sollte "uns große Sorgen machen", findet die Wirtschaftsweise Malmendier.
Für ihn sei das Wort "Zölle" das Schönste im Wörterbuch: Das hatte Donald Trump im Wahlkampf gesagt, als er ankündigte, hohe Importzölle erheben zu wollen. Dies ist inzwischen geschehen - betroffen sind Mexiko, Kanada, China und die EU. Das hat weltweit Konsequenzen.
ZDFheute: Sie leben und forschen in den USA. Können Sie erklären, warum US-Präsident Donald Trump so sehr auf Zölle setzt - obwohl ja alle Ökonomen sagen, dass das eine schlechte Idee ist?
Ulrike Malmendier: Aus ökonomischer Perspektive, auch aus Perspektive der US-Wirtschaft, ist das in der Tat erstaunlich. Alle Berechnungen sagen: Es kann der Wirtschaft nur schaden. Aber es gibt Trump Verhandlungsmacht. Wenn er Zölle androht, haben die Verhandlungspartner meistens sehr schnell reagiert, meistens in die Richtung, die ihm gefiel. Und das würde er natürlich gerne so fortführen.
Zölle gefallen ihm auch deswegen besonders gut, weil er als Präsident recht einseitig über diese Maßnahme verfügen kann, ohne dass es langwierig durch den Kongress muss.
Ulrike Malmendier, Wirtschaftsweise
Expertin: "Einfach nur negativ für die Wirtschaft"
ZDFheute: Welche Folgen werden diese Zölle für die Weltwirtschaft haben?
Malmendier: Alle Berechnungen, die wir bislang gesehen haben, sagen: Es kann einfach nur negativ sein für die Wirtschaft.
Es wird keinen Gewinner geben - auch nicht die USA.
Ulrike Malmendier, Wirtschaftsweise
Quelle: dpa
...lehrt als Professorin für Finanzmarktökonomik an der University of California in Berkeley/USA. Seit August 2022 gehört sie zu den fünf "Wirtschaftsweisen", dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, zu der das Gremium jährlich einen Bericht verfasst.
ZDFheute: Wir haben das alles ja schon einmal erlebt, in Trumps erster Amtszeit...
Malmendier: Genau, Trump hat in seiner ersten Amtszeit ja schon diverse Zölle, zum Beispiel auf Aluminium und Stahl oder auch gegen China, erhoben. Trump hatte sich erhofft, dass das die US-Wirtschaft und Arbeitsplätze in den USA schützen würde. Aber: Es gibt keine Berechnungen, die das bestätigen.
Expertin: "Eskalation würde EU mehr schaden"
ZDFheute: Sind direkte Gegenzölle als Reaktion darauf denn aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Malmendier: Aus ökonomischer Perspektive sind sie erstmal nicht sinnvoll. Wenn man allein schaut, was würde der europäischen Wirtschaft nutzen: Da denke ich, dass eine Eskalation in diesem Zollstreit der EU mehr schaden würde. Aber es gibt natürlich einen ganz anderen Aspekt: Dass man kein Gegenmittel vom Tisch nehmen möchte. Dass man Trump gegenüber als EU zeigen möchte, wir sind nicht bereit, einfach zu kuschen und das zu machen, was du möchtest.
Und das kann natürlich in den Verhandlungen sehr wirkungsvoll sein. Insofern finde ich es hervorragend, dass die EU vorbereitet zu sein scheint, dass die Gegenzölle, jeweils der Situation angepasst, auch gezogen werden - und dass man da durchaus kein Mittel scheut, die Stärke und den Zusammenhalt der EU, der EU-Mitgliedsländer zu zeigen.
Expertin: "Steuern sind gegenüber Zöllen zu bevorzugen"
ZDFheute: Diskutiert wird ja auch über eine Digitalsteuer auf die Umsätze der US-Tech-Konzerne in Europa. Wäre das eine möglicherweise effektivere Art, sich zu wehren?
Malmendier: Allgemein würde ich sagen, dass Steuern gegenüber Zöllen aus ökonomischer Sicht in vielerlei Hinsicht zu bevorzugen sind. Man kann durch solche Steuern die andere Seite dort treffen, wo sie vielleicht am empfindlichsten ist. Der andere gute Aspekt ist, dass solche Steuern nicht so breit gestreut sind und sofern die negativen Effekte weniger groß sind.
ZDFheute: Muss uns denn all das, was da gerade wirtschaftspolitisch passiert, sehr große Sorgen bereiten?
Malmendier: Absolut - das sollte uns in vieler Hinsicht Sorgen machen. Es sollte auch den Amerikanern Sorgen machen. Auf der einen Seite, weil diese Art der Wirtschaftspolitik das Bruttoinlandsprodukt in den USA und in anderen Ländern verringern wird. Auf der anderen Seite aber, weil das zu einer wirtschaftspolitischen Unsicherheit führt - etwas, das wir in Deutschland ja auch sehr gut kennen. Und allein schon diese hohe wirtschaftspolitische Unsicherheit kann zu einer drastischen Reduktion der Investitionen und damit der Wirtschaftskraft führen.
Das Interview führte Florian Neuhann, Leiter des ZDF-Teams Wirtschaft und Finanzen.
Quelle: dpa
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