US-Demokratie in Vertrauenskrise:Warum Gerüchte um Trumps Gesundheit viral gehen
Die USA spekulieren über die Gesundheit von Präsident Donald Trump. Die Faktenlage ist dünn. Es ist makabre Polit-Unterhaltung und Ausdruck einer wachsenden Vertrauenskrise.
Gerüchten zum Trotz sehr lebendig: Donald Trump bei seiner Pressekonferenz am Dienstag.
Quelle: epaMehrere Tage ohne öffentlichen Auftritt, Flecken an der Hand, geschwollene Knöchel - in den USA ist erneut eine öffentliche Debatte über den Gesundheitszustand des US-Präsidenten ausgebrochen. Donald Trump und weitere Spitzenpolitiker sahen sich zu Erklärungen genötigt.
Habe mich nie besser gefühlt.
Trump auf Truth Social am Sonntag
Auch eine Pressekonferenz am Dienstag konnte die Debatte in den sozialen Medien nicht komplett abstellen. Was wie die neuste Folge einer absurden Polit-Soap wirkt, offenbart auch eine wachsende Vertrauenskrise in den USA. Was steckt dahinter?
Die USA haben ein aus Venezuela stammendes Drogenschiff mit elf Mann Besatzung versenkt. Das passe zum erklärten Stil der Trump-Regierung, sagt ZDF Korrespondent David Sauer.
03.09.2025 | 2:26 minKönnen Gesundheitsprobleme von US-Präsidenten verschwiegen werden?
Zunächst: Es sind kaum überprüfbare Informationen verfügbar, ob sich Trumps Gesundheitszustand zuletzt merklich verändert hat. Die Ergebnisse seiner Jahresuntersuchung von April sind öffentlich einsehbar, dort wurde ihm eine "exzellente Gesundheit" bescheinigt. Jedoch gibt es für Präsidenten keine gesetzliche Pflicht zu solchen Untersuchungen, unangenehme Ergebnisse könnten also durchaus zurückgehalten werden.
Bei Trump gibt es hierfür keine konkreten Anhaltspunkte. Geht man aber einige Jahrzehnte zurück, so haben US-Präsidenten durchaus schon schwere Diagnosen geheim gehalten. Lyndon B. Johnson 1967 etwa eine Behandlung wegen Hautkrebs. Die Spekulation über den Gesundheitszustand von US-Präsidenten habe dabei eine lange Tradition, betont Sascha Lohmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik. "In jüngster Vergangenheit wird diese weiter fortgeführt angesichts des vergleichsweise hohen Alters des aktuellen Amtsinhabers sowie seines Vorgängers."
Einzelne Äußerungen von Trump-Ärzten aus den vergangenen Jahren oder Auffälligkeiten in Pressefotos lassen kaum Rückschlüsse zu, ob aktuell eine signifikante Verschlechterung bei Trump vorliegt. Erratisches Verhalten und Anlass für Zweifel an der mentalen Eignung des 79-Jährigen für sein Amt gab es auch zuvor.
"Trump tot?" fragen die Nutzer bei Google
Dass eine US-Administration die völlige Amtsunfähigkeit oder den Tod eines Präsidenten über Tage geheim hält, ist praktisch ausgeschlossen - auch mit Blick auf die dann von der Verfassung vorgeschriebenen Vorgänge rund um eine Amtsübernahme des Vize-Präsidenten und den vielen daran beteiligten Personen. Auf Trumps Gesundheit angesprochen erklärte Vize-Präsident JD Vance vergangenen Mittwoch, er sei bestens vorbereitet das Amt zu übernehmen, sollte sich eine "schreckliche Tragödie" ereignen.
US-Vizepräsident J.D. Vance wandelte sich vom Trump-Kritiker zum loyalen Anhänger des Präsidenten. Woher kommt der soziale Aufsteiger, was hat ihn geprägt und welche Ziele verfolgt er?
24.06.2025 | 43:49 minZuletzt übergab Joe Biden im November 2021 wegen einer Darmspiegelung für rund eine Stunde die Amtsgewalt an die damalige Vizepräsidentin Kamala Harris. Während seiner schweren Covid-Erkrankung 2020, bei der er mehrere Tage in einem Militärkrankenhaus behandelt werden musste, blieb Trump hingegen durchgehend im Amt. Viele der damals vom Weißen Haus veröffentlichen Informationen zu Trumps Krankheitsverlauf wurden als schwammig oder beschönigend kritisiert.
Auch darum sind soziale Netzwerke von Reddit bis X nun seit Tagen voller Mutmaßungen:
Sie verbergen etwas - die Frage ist: WAS?
Post auf der Reddit-Startseite
Oder: "Das Vertuschen von Trumps Gesundheitszustand ist genau das, was sie den Demokraten unter Biden vorgeworfen haben." Ob "Trump tot" ist, gehörte zu den Top-Suchanfragen bei Google über das Wochenende.
Demokraten versuchen, die Lage für sich zu nutzen
"Dass das Thema aufkommt, hängt durchaus mit den Erfahrungen um Joe Bidens Gesundheitszustand zusammen", betont Julian Müller-Kaler von der Denkfabrik Stimson Center. Der Eindruck vieler Wählerinnen und Wähler, dass dort geschönt wurde, habe sich im Nachhinein bestätigt. Bei Trump seien es bislang nun vor allem die politischen Echokammern und Netzaktivisten, die das Thema aufgreifen, so Müller-Kaler.
Die Demokraten befinden sich in einer absoluten Sinnkrise. Und Teile der Partei versuchen, Trump mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
Julian Müller-Kaler, Stimson Center
Ein Beispiel ist der demokratische Gouverneur von Illinois, JB Pritzker, der sich seit Wochen in einer Auseinandersetzung mit Trump wegen Kriminalitätsraten in der Großstadt Chicago befindet. "Warum belegen Sie nicht zuerst, dass Sie noch leben?" antwortete er Trump am Sonntag auf eine erneute Drohung aus dem Weißen Haus.
Tweet des demokratischen Gouverneurs JB Pritzker
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Ähnlich wie im Fall des Missbrauchstäters Jeffrey Epstein haben Gegner der Trump-Administration erkannt, dass sie mit Troll-Posts, persönlichen Angriffen und Provokationen, die zu früheren Zeiten auch aus den eigenen Reihen als stillos kritisiert worden wären, Gesprächsthemen setzen können - Wahrheitsgehalt sekundär.
Präsident Trump kritisiert Städte unter demokratischer Führung und lässt die Nationalgarde in Washington patrouillieren. Chicago könnte als Nächstes betroffen sein.
26.08.2025 | 1:34 minMisstrauen gegenüber Institutionen und Medien nimmt zu
Für Sascha Lohmann ist die Debatte vor allem ein "Ausdruck eines zersplitterten medialen Ökosystems". "Insbesondere in den sozialen Online-Medien verdrängen Spekulation sowie Verschwörungserzählungen zunehmend einen rationalen Diskurs auf Grundlage von Fakten."
Was für viele der Beteiligten schlicht unterhaltsam ist, birgt Gefahren. Auch für die Glaubwürdigkeit der Qualitätsmedien:
Das Misstrauen gegenüber politischen Institutionen sowie etablierten Medien in der Bevölkerung ist erheblich. Ihnen wird mitunter Vertuschung unterstellt.
Sascha Lohmann, Stiftung Wissenschaft und Politik
"Das Ausmaß und der Umfang dieses Verschwörungsdenkens untergräbt das ohnehin fragile Vertrauen in demokratische Institutionen - und bestärkt die Tendenz, Politik als Reality-Show voller Gerüchte statt als ernsthafte Auseinandersetzung zu betrachten", sagt auch Müller-Kaler. Diese Eskalationsprozesse stellten die amerikanische Demokratie ganz grundsätzlich in Frage. "Trump ist Sinnbild eines tief gespaltenen Landes."
"Trump liebt die großen Bilder": USA-Experte Julian Müller-Kaler beschreibt, wie sich der US-Präsident beim Gipfeltreffen mit Russlands Präsident Putin inszeniert.
15.08.2025 | 13:18 minEin kleiner Teil der Internetnutzer mag ernsthaft glauben, dass Trump verstorben und von einem Doppelgänger ersetzt wurde. Auch Liberale und Linke sind nicht immun vor Verschwörungsdenken. Ein Drittel aller Amerikaner glaubte einer YouGov-Umfrage zufolge, dass das Attentat auf Donald Trump im Juli 2024 Teil einer größeren Verschwörung war. Und bis heute sind einige überzeugt, Trump habe den Vorfall nur inszeniert, um sich einen Vorteil im Wahlkampf zu verschaffen.
Selbst unter Volkswirten und an der Wall Street wird Misstrauen gegenüber den Behörden inzwischen zum Thema. Hintergrund sind die politisch motivierten Entlassungen von Beamten, der Druck auf die US-Notenbank, Zinsen zu senken, oder auf Statistikbehörden, Trump Belege für den Erfolg seiner Zollpolitik zu liefern. Kann man den Arbeitslosenzahlen und anderen Wirtschaftsdaten künftig noch trauen? Solche und andere Zweifel dürften in den USA künftig noch weiter um sich greifen.
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