US-Repräsentantenhaus vor Abstimmung:Warum der Gewinner des Shutdowns noch nicht feststeht
von Beatrice Steineke, Washington, D.C.
Heute entscheidet sich im US-Repräsentantenhaus, ob der Shutdown endet. Sichern die Republikaner ihre Mehrheit? Stimmen Demokraten, wie im Senat, gegen die Mehrheit der Partei?
Nach knapp sechs Wochen könnte der längste Shutdown der US-Geschichte bald enden. Der Senat hat einem Übergangshaushalt zugestimmt, am Mittwoch berät das Repräsentantenhaus.
12.11.2025 | 0:22 minEs ist der 43. und vielleicht letzte Tag im längsten Shutdown der US-Geschichte. Doch andere Zahlen erzählen mehr über dessen Wucht:
Mehr als eine Million Beschäftigte von Bundesbehörden haben seit Anfang Oktober kein Gehalt mehr bekommen. Tausende Flüge wurden seit Freitag gestrichen. Der Staat hat seine Zuschüsse für das Lebensmittelhilfeprogramm SNAP gestoppt - das betrifft 42 Millionen Amerikaner.
Wegen des Shutdowns bekommen auch viele Fluglotsen kein Geld mehr. Als Folge werden nun bis zu zehn Prozent der Inlandsflüge gestrichen.
07.11.2025 | 2:46 minNun ist ein Ende in Sicht, weil in einem ersten Schritt eine Gruppe demokratischer Senatoren und ein unabhängiger Senator dem Vorschlag der Republikaner zugestimmt haben.
Seitdem zeigt die demokratische Partei wenig Einigkeit. US-Präsident Donald Trump sieht sich bereits als Gewinner des Shutdowns, doch ist es wirklich schon so weit?
Bis 30. Januar 2026 soll der Übergangshaushalt gelten.
Die Republikaner sagen zu, dass der Senat im Dezember über die Verlängerung von Steuergutschriften im Rahmen der als "Obamacare" bekannten Gesundheitsreform (ACA) abstimmt. Das ist eine zentrale Forderung der Demokraten.
Die Gehälter für alle Bundesbediensteten werden rückwirkend ausgezahlt. Die von der Trump-Regierung während des Shutdowns vorgenommenen Massenentlassungen sollen rückgängig gemacht werden.
Weitere Programme, unter anderem die staatliche Unterstützung für den Lebensmittelkauf über das sogenannte SNAP-Programm ("Supplemental Nutrition Assistance Program"), sollen bis Ende September 2026 finanziert werden.
Quelle: dpa, Reuters
Ist das Ende des Shutdowns schon besiegelt?
Heute kommen die Abgeordneten des Repräsentantenhauses im US-Kongress zusammen und beraten über den vom Senat abgesegneten Übergangshaushalt. Wann genau sie darüber abstimmen werden, ist noch offen.
Zunächst wird der republikanische Mehrheitsführer Mike Johnson eine neue Abgeordnete aus Arizona, Adelita Grijalva, vereidigen. Sie wurde im September gewählt und bringt den Demokraten eine zusätzliche Stimme.
Sind sich die Republikaner einig?
Von 219 republikanischen Abgeordneten dürfen nur zwei mit Nein stimmen, sonst verlieren sie die Mehrheit. Thomas Massie aus Kentucky hat bereits angekündigt, dagegen zu stimmen.
Und Marjorie Taylor Greene ist nicht die einzige Republikanerin, die mehrfach öffentlich den Finger in die Wunde des Shutdowns legte: Werden die Steuergutschriften im Affordable Care Act (auch Obamacare genannt) nicht verlängert, wie es die Demokraten wollen, hätte auch die eigene Partei keine Lösungen gegen steigende Beiträge der öffentlichen Krankenversicherung parat.
In den USA sind Millionen Menschen direkt oder indirekt vom sogenannten Shutdown betroffen. Und während die Parteien streiten, geht auch normalen Familien langsam das Geld aus.
31.10.2025 | 2:31 minWährend die Mehrheit unter den Republikanern also nicht zu hundert Prozent sicher ist, versucht der Sprecher der Demokraten, Hakeem Jeffries, alle hinter sich zu vereinen:
Die Demokraten im Repräsentantenhaus werden sich entschieden gegen jede Gesetzgebung wehren, die die Gesundheitskrise der Republikaner nicht eindeutig angeht.
Hakeem Jeffries, Sprecher der Demokraten im Repräsentantenhaus
Sollte der Übergangshaushalt von einer Mehrheit im US-Repräsentantenhaus beschlossen werden, ist der dritte Schritt - die Unterschrift des US-Präsidenten - so gut wie sicher.
Sind die Demokraten im US-Senat zu schnell eingeknickt?
Acht Senatoren sahen im Stillstand keinen Fortschritt mehr. Der unabhängige Senator Angus King stimmte für den Übergangshaushalt: Denn die Frage sei für ihn gewesen, ob eine Lösung bei Obamacare wahrscheinlicher werde - während der Shutdown fortschreite. Sich gegen Donald Trump zu stellen, habe nicht funktioniert, sagte King im Sender MSNBC, es habe ihm sogar noch mehr Macht gegeben.
Die demokratische Senatorin Jeanne Shaheen hob das gewonnene Versprechen der Republikaner hervor: Der Senat soll noch im Dezember über die Verlängerung der Subventionen für Obamacare abstimmen.
Entgegen allen Erwartungen ist ein Ende des US-Haushaltsstreits in Sicht. Die Republikaner hätten "die Front der Demokraten" gebrochen, so ZDF-Korrespondentin Heike Slansky aus Washington.
10.11.2025 | 2:57 minDoch nicht alle Demokraten überzeugten diese Argumente. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom sagte, Amerika verdiene Besseres. Von einem "leeren Versprechen" sprach J.B. Pritzker, der Gouverneur von Illinois. Die demokratische Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez sagte: "Arbeitnehmer wollen Führungskräfte, deren Worte etwas bedeuten."
War der Zeitpunkt wirklich gut gewählt?
Sollten die Steuergutschriften für die öffentliche Obamacare-Krankenversicherung nicht verlängert werden, erhöhen sich die Jahresbeiträge im Schnitt von 888 Dollar auf 1.904 Dollar im nächsten Jahr. Das zeigen Zahlen der US-Forschungsgruppe KFF.
Die Demokraten hatten einen wichtigen Hebel in der Hand, der sich auch in Umfragen der KFF widerspiegelte. Unter den Anhängern der Demokraten wollten 81 Prozent keinen Haushaltsentwurf ohne eine Verlängerung der Obamacare-Subventionen.
In weiteren Umfragen von "The Washington Post", ABC und YouGov sah die Mehrheit der Befragten die Verantwortung für den Shutdown bei den Republikanern.
Ist der US-Präsident der Gewinner des Shutdowns?
Donald Trump feierte bereits den Sieg: "Wir werden unser Land schnell wieder öffnen." Auch darf die US-Regierung weiterhin die Auszahlung für das Lebensmittelhilfe-Programm SNAP aussetzen, wie der Oberste Gerichtshof am Dienstag entschied.
Ein Jahr nach Trumps Wiederwahl: Proteste, Shutdown, Abschiebungen: Wie hat sich Amerika in den vergangenen Monaten verändert?
11.11.2025 | 43:31 minEs scheint so, als würden Trump und die Republikaner ein Ende des Shutdowns bekommen, ohne "tatsächliche Zugeständnisse" gemacht zu haben, sagt der Politikwissenschaftler Adam Bonica von der Stanford University. Beurlaubte Beschäftigte können zurückkehren, Gehälter würden rückwirkend ausgezahlt, doch es gebe keine "verbindlichen Verpflichtungen im Gesundheitswesen".
Wenn ihre Verhandlung nur darin besteht zuzustimmen, keinen Schaden mehr anzurichten, dann ist das Erpressung, kein Kompromiss.
Adam Bonica, Politikwissenschaftler Stanford University
Donald Trump war während des Shutdowns etwa in Israel, um die - inzwischen brüchige - Waffenruhe im Gaza-Krieg zu verkünden. Sieben Millionen Menschen gingen bei den "No Kings"-Protesten in den USA auf die Straßen. Die Demokraten gewannen wichtige Wahlen in New Jersey, Virginia und New York. Und in nur zwei Tagen ließ Trump den historischen Ost-Flügel des Weißen Hauses abreißen. Ende Oktober sanken seine Zustimmungswerte im US-Sender CNN auf 40 Prozent.
In den USA könnte der Shutdown bald enden: In der Nacht hat der Senat grünes Licht für einen Übergangshaushalt gegeben. Allerdings muss das Repräsentantenhaus noch zustimmen.
11.11.2025 | 1:24 minWer könnte letztlich am meisten profitieren?
Zweifellos wäre ein Ende des Shutdowns für die Betroffenen - etwa Beschäftigte der Bundesbehörden und ihre Familien oder 42 Millionen Menschen, die auf Lebensmittelhilfen angewiesen sind, und viele mehr - eine sehr gute Nachricht.
Auch für Donald Trump - sollten die Republikaner geschlossen für den Übergangshaushalt stimmen.
Für die Demokraten hat dieser Shutdown bereits jetzt eine Chance gezeigt. Sie haben ein Thema markiert, bei dem viele die Kompetenz bei der demokratischen Partei sehen: die Gesundheitspolitik.
In einer Umfrage des Pew Research Centers Ende September favorisierten 42 Prozent der Befragten den gesundheitspolitischen Ansatz der Demokraten, 29 Prozent den der Republikaner. Auch bei einer Umfrage des Senders NBC waren 49 Prozent der Meinung, dass die Demokraten beim Thema Gesundheitsversorgung einen besseren Job machen.
Bei wichtigen US-Wahlen feiern die Demokraten teils Überraschungserfolge, die Republikaner verlieren. Ergebnisse von New York bis Virginia spiegeln die politische Lage wider.
05.11.2025 | 2:51 minIn einem Jahr können sich die Mehrheiten im Kongress bei den US-Zwischenwahlen ändern. Wer bis dahin tragfähige und bezahlbare Lösungen für steigende Gesundheitskosten liefert, kann sich bei den Wählern einen wichtigen Punkt sichern.
Beatrice Steineke ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.
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