Niederlande-Wahlen: Wird Geert Wilders neuer Premier?

Analyse

Wahlen in den Niederlanden:Wird Rechtspopulist Wilders neuer Premier?

von Britta Behrendt und Lara Wiedeking

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Beim letzten Mal durfte er nicht, dieses Mal will Geert Wilders auf jeden Fall Ministerpräsident werden. In den Umfragen führt er. Das Problem: Keiner will mit ihm regieren.

PVV-Vorsitzender Geert Wilders (Mitte) schüttelt Anhängern während einer Versammlung im Rahmen des Wahlkampfs seiner Partei für die niederländischen Parlamentswahlen in Volendam die Hand.

Der Traum von Geert Wilders, Regierungschef zu werden, ging bislang nicht in Erfüllung.

Quelle: AFP

Volendam im Norden der Niederlande: Nichts geht mehr in der Innenstadt. Geert Wilders ist im "Fliegenden Holländer", einem Fischimbiss am Hafen auf Wahlkampfbesuch. Umringt von Polizei, Presse und glühenden Anhängern: "Lassen wir wirklich jeden rein? Und machen die Niederlande noch mehr als schon jetzt zu einem großen Asylzentrum?", so Wilders vor der jubelnden Menge. Sein Kernthema, auch dieses Mal: Migration.

Wahlen in den Niederlanden: Was bisher geschah

Bei der letzten Wahl vor gut zwei Jahren hatte Wilders mit seiner PVV, der "Partei für die Freiheit", überraschend und mit großem Abstand die meisten Sitze im Parlament geholt. Ein Sieg, mit dem Wilders wohl selbst kaum gerechnet hatte.

Niederlande: Wahlwerbung verschiedener politischer Parteien für die Parlamentswahlen am 29. Oktober 2025

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Nach Monaten der zähen Verhandlungen schafft Wilders es, drei weitere Parteien für ein Regierungsbündnis mit seiner PVV zu gewinnen. Die Bedingung: ein 'extraparlamentarisches Kabinett'. Der parteilose Dick Schoof wird Ministerpräsident, Wilders und die anderen Parteiführer gehen in die Fraktionen.

Aus dem Parlament treibt Wilders die Regierung vor sich her, agiert auch gegen die eigenen Minister. Kaum ein Jahr hält diese Koalition, dann lässt Wilders sie diesen Sommer platzen. Die Migrationspolitik der Regierung, der seine Partei selbst angehörte, war ihm nicht hart genug.

Ein Bauarbeiter stellt ein Walkplakat mit Geert Wilders auf die Straße

Wohnungsnot und Asylrecht sind die dominanten Themen im Wahlkampf der Niederlande. Rechtsaußen Geert Wilders weiß das für sich zu nutzen. Doch niemand will mit ihm koalieren.

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Keine Koalitionspartner für Wilders?

Wer in Den Haag in diesen Tagen spazieren geht, sieht auf den typischen niederländischen Sammelplakaten ein Problem der politischen Landschaft. Ganze 27 Parteien treten an, verschiedenster Couleur, und alle buhlen um die Stimmen der Wahlberechtigten. Eine Fünf-Prozent-Hürde, wie in Deutschland, gibt es in den Niederlanden nicht.

Im Regierungsviertel rund um den mittelalterlichen "Binnenhof", der gerade renoviert wird, reihen sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten mit ihrem Konterfei aneinander. Die fragmentierte Parteienlandschaft, die sich ab Mittwoch neu sortiert, wenn die vorgezogenen Neuwahlen stattfinden. Die größte Herausforderung dürfte dann sein, eine Mehrheit für eine Koalition zu finden.

Ein Demonstrant des rechtsextremen Protests in den Niederlanden hält eine Rauchfackel, aus der orangeroter Rauch aufsteigt.

Migration, Wohnungsnot und ein gespaltenes Land kurz vor der Abstimmung. Rechtspopulist Geert Wilders liegt in den Umfragen vorn, doch die politische Zukunft ist offen.

25.10.2025 | 1:30 min

Und obwohl Wilders bei den Wählerinnen und Wählern nach wie vor in den Umfragen führt, ist ihm Frans Timmermans von den Sozialdemokraten und den Grünen dicht auf den Fersen. Er und der Großteil der politischen Mitte hat eine Koalition mit Wilders kategorisch ausgeschlossen. Auch solche, die zuletzt mit dem Rechtspopulisten in der Regierung waren, wie die konservativ-liberale VVD.

Die Top-Parteien der Niederlande:







Wilders führt in den Umfragen

Viel Zeit für Profilierung und Aufstellung ist den Parteien zwischen dem Fall der letzten Regierung am 3. Juni und dem Wahltermin im Oktober nicht geblieben. Im Wahlkampf musste sich Wilders vorwerfen lassen, dass sein rechtes Kabinett keine Ergebnisse vorzuweisen hat und er außerdem die Regierung zu Fall brachte. Die 'allerstrengste Asylpolitik aller Zeiten' wurde zwar ausgiebig beschworen, Asylministerin Faber, die zur PVV gehört, konnte jedoch kein einziges Gesetz verabschieden.

Trotzdem hat dies Geert Wilders wenig geschadet, nach wie vor führt er in den Umfragen und liegt derzeit zwischen 17 und 19 Prozent - etwas weniger als bei den Wahlen 2023, als die PVV bei 23,5 Prozent landete.

Der Vorsitzende der niederländischen rechtsradikalen Partei PVV, Geert Wilders (L), spricht zu den Medien, nachdem er an den wöchentlichen Koalitionsgesprächen im Unterhaus in Den Haag teilgenommen hat, am 3. Juni 2025.

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Das Rennen um Platz zwei

Und so kämpfen die anderen Parteien um den zweiten Platz, der höchstwahrscheinlich den Ministerpräsidentenposten mit sich bringt - weil eben kaum jemand mit Wilders koalieren will. Lange wurden die Christdemokraten CDA, die Schwesterpartei der deutschen CDU/CSU, mit dem Spitzenkandidaten Henri Bontenbal als Favoriten gehandelt.

"Als Friedrich Merz gewonnen hat, sagte er: 'Deutschland ist zurück in Europa'", so Bontenbal zu ZDFheute, "und ich denke, es ist wichtig, dass auch die Niederlande wieder eine größere Rolle auf europäischer Ebene spielen."

Es gibt mehrere große Probleme, die auf europäischer Ebene gelöst werden müssen. Ich denke dabei an Migration, den Klimawandel in den Niederlanden und Investitionen in die Wirtschaft der Zukunft.

Henri Bontenbal, Spitzenkandidat CDA

Der Rotterdamer holte mit seiner Partei, die bei den letzten Wahlen nur drei Prozent der Stimmen bekam, in Umfragen zeitweise 15 Prozent, heute liegt er bei 13 Prozent. Bontenbal verspricht seinen Wählern vor allem Stabilität und Anstand, womit er nach der letzten turbulenten Regierungsperiode gut ankommt.

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In Tilburg kämpfen Bürger gegen Armut. Im "Resto van Harte" kochen Freiwillige täglich warmes Essen - für Menschen ohne soziales Netz. Ein Ort für Gespräche, Gemeinschaft und Hoffnung.

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Mehr Europa möchte auch das Bündnis von Frans Timmermans aus Sozialdemokraten PvdA und den niederländischen Grünen, GroenLinks. Es liegt stabil mit 14 bis 16 Prozent auf dem zweiten Platz. "Ich möchte gemeinsam mit Deutschland dafür sorgen, dass wir unsere Verteidigungsfähigkeit stärken", so Timmermans im ZDFheute-Interview.

Außerdem müssen wir unsere europäische Industriepolitik auf ein Niveau bringen, auf dem wir mit China und den USA konkurrieren können. Derzeit ist das nicht der Fall.

Frans Timmermans, Spitzenkandidat PvdA-GroenLinks

Eine Überraschung der letzten Tage sind die Demokraten66, D66, die unter der Leitung von Rob Jetten mit den Christdemokraten in etwa gleichauf liegen. Die liberal-konservative VVD unter der Leitung von Dilan Yeşilgöz ist abgeschlagen, auf 10 bis 12 Prozent. Selten waren Parlamentswahlen in den Niederlanden so spannend: drei mögliche Ministerpräsidenten und viele Koalitionsmöglichkeiten.

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