Brüssel nutzt Microsoft: Wie Trump die EU erpressen könnte
Microsoft-Nutzung der Kommission:Wie Trump die EU erpressen könnte
von Maren Fourier, Brüssel
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Es ist das Gebot der Stunde: Unabhängigkeit von den USA. Die EU-Kommission nutzt jedoch im Arbeitsalltag Software von Microsoft. Experten halten das für ein Sicherheitsrisiko.
Die EU ringt um digitale Souveränität, bleibt aber abhängig von US-Konzernen wie Microsoft - eine Einladung zur politischen Erpressung?
Quelle: epa
Outlook, Teams, OneDrive - aus vielen Büros sind diese Programme des US-amerikanischen Unternehmens Microsoft nicht mehr wegzudenken. Mit Outlook und Teams kann man E-Mails, Nachrichten und Dateien verschicken. OneDrive ist eine Cloud, auf der Dateien hochgeladen werden können, damit mehrere Accounts gleichzeitig darauf zugreifen können.
Unter Cloud versteht man "das Rechenzentrum eines anderen", erklärt Harald Wehnes, Sprecher für digitale Souveränität bei der Gesellschaft für Informatik. Das heißt also: Die Daten der Nutzer, Informationen aus E-Mails, Nachrichten und Dateien, die mit den Programmen bearbeitet werden, liegen auf den Servern des US-Unternehmens. "Transparenter kann man nicht werden" sagt Wehnes. Für ihn ist eines der zentralen Probleme das Ungleichgewicht der Information.
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Wir sind transparent, aber von der anderen Seite wissen wir gar nichts. Null, null. Das ist ein mega Problem.
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Harald Wehnes, Sprecher für digitale Souveränität bei der Gesellschaft für Informatik
Microsoft spendete für die Amtseinführung Trumps
Das Ungleichgewicht gibt es schon länger, aber seit Trumps Amtsantritt im Januar könnte es zur Bedrohung geworden sein. Microsoft spendete, wie viele andere US-Unternehmen, für die Feierlichkeiten zur Amtseinführung. "Es gibt ein sehr enges Bündnis zwischen der aktuellen Regierung, die Demokratie in den USA abschafft, und diesen Unternehmen und das sollte uns sehr große Sorgen machen", sagt Alexandra Geese, Europaabgeordnete vom Bündnis90/Die Grünen.
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US-Behörden können auf Daten zugreifen
Zum einen gibt es die gute Beziehung zwischen Trump und den Unternehmen, zum anderen bereits den rechtlichen Rahmen. In Trumps erster Amtszeit wurde 2018 der Cloud-Act beschlossen. Durch ihn haben US-Behörden "letztendlich den Zugriff auf sämtliche Daten, die in den Rechenzentren von US-Unternehmen gespeichert werden", wie Experte Wehnes erklärt. Darüber habe US-Präsident Trump "ein massives Erpressungspotential". Selbst wenn Microsoft seine Server in einem EU-Land betreibt, gibt es für die US-Regierung mit dem Cloud-Act einen rechtlichen Rahmen, um an die Daten zukommen.
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Es kommt nicht drauf an wo die Daten liegen, sondern wer die Daten verwaltet. Das ist eigentlich die Kernbotschaft, die viele noch nicht richtig gehört haben.
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Harald Wehnes, Sprecher für digitale Souveränität bei der Gesellschaft für Informatik
Verschlüsselung in Ausnahmefällen
Die EU-Kommission teilt mit, sie würde Microsoft Office Programme für die Erstellung und Bearbeitung von nicht als Verschlusssache eingestuften Daten oder Dokumenten nutzen. Sensible Daten, die über Office Programme verteilt werden, schütze sie durch eine zusätzliche Verschlüsselungsebene, deren Schlüssel nur sie habe.
Verschlusssachen, also Informationen, deren Weitergabe den Interessen der EU schaden könnte, würden ohne die Nutzung von Office Produkten kommuniziert. Darunter können Informationen über kritische Infrastruktur oder Verteidigungspolitik fallen. Generell beobachte die Kommission die Marktentwicklung von konkurrierenden Angeboten.
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In Ausnahmefällen gibt es also für die Kommission bereits Alternativen. Wieso die Kommission Microsoft nicht vollständig ersetzt hat? Laut Grünen-Politikerin Geese ein simpler Grund.
Das Problem ist ja nicht, dass die Produkte nicht gut sind, sondern dass die Menschen, die damit arbeiten, sich umstellen müssen.
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Alexandra Geese, Europaabgeordnete B90/Grüne
EU-Datenschützer fordern Konsequenzen
Der EU-Datenschutzbeauftragte veröffentlichte 2024 einen Bericht, in dem er die Kommission anwies, Datenströme an Microsoft - und damit in Verbindung stehende Unternehmen in Ländern außerhalb des europäischen Wirtschaftraumes - zu unterbinden.
Derzeit prüfen die EU-Datenschutzbeauftragten, ob die Kommission dieser Aufforderung nachgekommen ist.
Sechs Milliarden Euro zahlt der Bund für IT-Produkte von Microsoft und Oracle. Obszön viel, findet Linken-Politikerin Domscheit-Berg. Der Bund mache sich abhängig von US-Konzernen.
von Dominik Rzepka
Exklusiv
Wegen der aus ihrer Sicht falschen Auslegung der betreffenden Verordnung geht die EU-Kommission gegen den Datenschutzbeauftragten gerichtlich vor. Sie fordert, den Bericht für nichtig zu erklären. Das ist derzeit noch nicht entschieden.
EU will eigene Cloud als Datenspeicher
Digitale Souveränität betrifft nicht nur die EU-Institutionen, sondern auch nationale Regierungen und die gesamte EU-Wirtschaft, meint die Europaabgeordnete Alexandra Geese. Darin sieht Experte Wehnes wiederum eine Chance: "Was wichtig ist, dass nicht nur ein Land, Deutschland oder Frankreich, da aktiv ist, sondern dass man das grenzüberschreitend macht".
Ein nächster Schritt ist der geplante EU "Cloud und AI Development Act". Das Verfahren soll die Anbieter durch einheitliche Regeln stärken, damit es viele verschiedene Cloudanbieter gibt, die es mit Microsoft aufnehmen können.
Quelle: dpa
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