Erste Frau in diesem Amt:Wer ist Japans neue Premierministerin?
von Luisa Houben
Nach mehr als 30 Jahren in der Politik hat sie es geschafft: Sanae Takaichi ist Japans erste Premierministerin, die vor allem für ihre ultrakonservative Haltung bekannt ist.
Japan hat seine erste Premierministerin: Sanae Takaichi. In dem Land, das zwischen extremer Moderne und verwurzelter Tradition schwankt, ein großer Schritt.
21.10.2025 | 2:31 minAls Studentin war sie Schlagzeugerin einer Heavy-Metal-Band. Bekannt wurde sie als TV-Moderatorin. Karriere macht sie in den vergangenen 30 Jahren in der Politik - als Abgeordnete und Ministerin. Heute wählte das Parlament in Tokio Sanae Takaichi zur ersten Premierministerin Japans.
Sie ist Mitglied der liberaldemokratischen Partei LDP, die mit nur wenigen Unterbrechungen seit mehr als 70 Jahren die Regierung stellt.
In Japan steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der Regierung. LDP-Chefin Sanae Takaichi, welche als nationalistische Hardlinerin gilt, wurde zur Ministerpräsidentin gewählt.
21.10.2025 | 1:35 minSanae Takaichi bewarb sich mehrfach für Parteivorsitz
Dreimal hatte sich Takaichi für den Parteivorsitz, der traditionell mit dem Premierministeramt verknüpft ist, beworben. Als sie Anfang Oktober endlich überzeugen konnte, versprach sie unermüdlich zu arbeiten:
Ich werde den Begriff Work-Life-Balance aus meinem Vokabular streichen.
Sanae Takaichi, Premierministerin Japans
Kurz darauf zerbrach die bisherige Regierungskoalition. Takaichis Wahl zur Premierministerin stand auf der Kippe. Ihre Wahl heute verdankt sie einem Bündnis mit der Ishin-Partei rechtsaußen.
Das Kräfteverhältnis in der Welt verändert sich. Auch Japan ist betroffen. Der ursprüngliche Deal: die USA schützen Japan vor China und sichern seinen Einfluss. Wie lange noch?
17.08.2025 | 2:47 minNationale Hardlinerin und ultrakonservativ
Die 64-jährige Takaichi gilt als nationale Hardlinerin und ultrakonservativ - auch in ihrer eigenen Partei. Ihr politisches Vorbild: die Britin und "Eiserne Lady" Margaret Thatcher. Einer ihrer Förderer: der konservativ-nationalistische Premier Shinzo Abe. In der Vergangenheit sprach Takaichi sich zum Beispiel gegen gleichgeschlechtliche Ehen aus oder lehnte Reformen ab, die verheirateten Frauen erlauben, ihren Geburtsnamen zu behalten.
Gemischte Reaktionen in Japans Bevölkerung
Die Stimmung nach ihrem Wahlsieg ist gemischt: "Es gibt im Land sehr viele Aufgaben, die erledigt werden müssen, nicht nur für Frauen," sagt Kotoko Hoshino gegenüber ZDFheute in Tokio. "Wenn sie nun also Premierministerin ist, dann soll sie bitte eine kinderfreundliche Gesellschaft schaffen. Und dass Frauen freier arbeiten und gleichzeitig Kinder großziehen können," findet Kazuko Mitsumori.
In Zeiten wackliger Bündnisse setzt Außenminister Johann Wadephul auf alte Freundschaften. Bei seinem Antrittsbesuch in Japan warb er für eine engere Zusammenarbeit.
18.08.2025 | 0:21 minPolitik in Japan: Frauen unterrepräsentiert
Zwar hat Takaichi versprochen, die Gesundheit von Frauen in den Fokus zu nehmen und darauf zu achten, Frauen in ihre Regierung zu holen. Doch befürchten Experten und Expertinnen, dass sie den gesellschaftlichen Fortschritt für Frauen eher zurückwerfen könnte. Ihre Partei dominieren weiterhin Männer. Auch, um ihre eigene Macht zu sichern.
Frauen sind in Japans Politik deutlich unterrepräsentiert: Sie stellen nur etwa 15 Prozent des Unterhauses, der mächtigeren der beiden Parlamentskammern Japans. Nur zwei der 47 Präfekturen werden von Frauen regiert.
Viel Macht liegt weiter vorrangig bei Männern
Dass jetzt zum ersten Mal eine Frau das Amt der Premierministerin ausübe, sei vor allem symbolisch, sagt Sayo Saruta, Direktorin des Thinktanks "New Diplomacy Initiative".
Takaichi wurde vor allem von alten, traditionellen Männern gewählt, diese haben weiterhin viel Macht.
Sayo Saruta, Direktorin des Thinktanks "New Diplomacy Initiative"
Ihr Wahlsieg zeige: Wer in Japan Premierministerin werden will, müsse männlich auftreten und unter Männern vernetzt sein - auch als Frau.
Nach einer Serie von Wahlniederlagen hat Japans Ministerpräsident Ishida seinen Rücktritt angekündigt. Er will innerhalb seiner Partei die Abstimmung für seine Nachfolge einleiten.
07.09.2025 | 0:26 minPolitische Krise in Japan vorhergegangen
Sanae Takaichis Wahl ist die Hoffnung auf einen politischen Neuanfang. Denn die Regierung steckte in einer beispiellosen Krise.
Mit Vorgänger Shigeru Ishiba hatte die LDP in beiden Parlamentskammern ihre Mehrheit verloren. Anfang September trat er zurück. Damit war der Weg frei für eine neue Parteichefin - und erste Premierministerin.
Neue Allianzen: Takaichi koaliert mit Rechtspopulisten
Ihre Macht sichern will Takaichi nun mit einem neuen Bündnis. Künftig koaliert die LDP mit der rechtsgerichteten Ishin-Partei. Denen musste sie einige Zugeständnisse machen. So sollen unter anderem die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel für zwei Jahre gestrichen oder Sozialausgaben gekürzt werden.
Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam daran zu arbeiten, Japans Wirtschaft zu stärken und das Land für zukünftige Generationen fit zu machen.
Sanae Takaichi, Premierministerin Japans
Einfach werden dürfte dies nicht.
Am 6. August 1945 warfen die USA eine Atombombe auf die Stadt.
06.08.2025 | 1:30 minAuf Oppositionsparteien angewiesen
"Die Ishin-Partei hat die LDP in der Hand", sagt Expertin Sayo Saruta. Zwar seien die Rechtspopulisten der Juniorpartner, könnten aber jederzeit damit drohen, die Koalition aufzukündigen. Dazu kommt, dass diese keine absolute Mehrheit hält und bei all ihren Vorhaben auf die Unterstützung der Oppositionsparteien angewiesen sein wird.
Darunter eine weitere rechtspopulistische Partei: die Sanseito. Sie konnte mit ihrem Motto "Japanese First" (dt.: Japaner zuerst) bei der letzten Wahl viele überzeugen. Die Partei hetzt gegen Ausländer, schürt Angst vor einem Austausch der Bevölkerung durch Ausländer und will mehr Macht für den Kaiser.
Korruptionsvorwürfe innerhalb ihrer eigenen Partei, ein zunehmender Rechtsruck und eine stagnierende Wirtschaft: Auf Japans erste Premierministerin und ihre neue Regierung warten große Herausforderungen.
Luisa Houben berichtet aus dem ZDF-Studio Peking über Ostasien.
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